Warum wird Pontius Pilatus als "böse" dargestellt?
Wenn ich die Stelle lese, bei der er Jesus zum Tode verurteilt, verstehe ich das so, dass er ihn nicht hinrichten wollte, weil er an seine Unschuld geglaubt hat. Er hat doch das Volk mehrmals gefragt, warum sie ihn hinrichten wollten und auch gesagt, dass er keine Schuld feststellen könnte.
Die Pharisäer und das Volk haben ihn aber doch immer weiter bedrängt und praktisch verlangt, dass Jesus Christus gekreuzigt wird (und es dann offensichtlich auch gemacht).
Als Kind habe ich es in der Kirche immer so verstanden, dass Pilatus ein "böser Mensch war, der andere Menschen kreuzigen lässt" aber wenn man es liest, hört es sich für mich eher so an als ob er es gar nicht wollte und man ihn so nicht alles in die Schuhe schieben kann. Außerdem hat er – gegen den Willen der Pharisäer – auf das Schild "INIRI" schreiben lassen, was so viel bedeutet wie "Das ist Jesus von Nazareth, der König der Juden". Dass er da doch noch widersetzt hat, zeugt doch auch von einem guten Character.
6 Antworten
Der Eindruck wird vermittelt ja, aber schlussendlich hat er doch einen in seinen Augen Ungerechten kreuzigen lassen und dafür einen Mörder freigesprochen, aus Angst vor einem Aufstand. Er ist nicht für die richtige Sache eingetreten. Aber es stimmt natürlich, dass die Juden die Hauptschuld trifft.
Ja die damaligen Juden wer sonst? Die heutigen Juden können schwer daran Schuld sein.
Wie kommst du darauf, dass Pharisäer ihn nicht hinrichten lassen wollten? Hat sich da nochmal was geändert?
Mt 12,14 Da gingen die Pharisäer hinaus und hielten Rat gegen ihn, wie sie ihn umbringen könnten.
- Alle Ratsmitglieder, von denen gesagt wird, dass sie gegen die Kreuzigung warne, waren Pharisäer.
- Ansonsten kommen Pharisäer in den Passionsberichten nicht vor. Nur das Synhedrium (Mehrheit Sadduzäer), die Hohepriester, Oberen etc.
Matthäus hat die Tendenz, nicht zwischen Pharisäern, Schriftgelehrten und Sadduzäern zu unterscheiden. Ich halt mich da lieber an Lukas.
Gut war sein Charakter sicher nicht und auch die Ermordung von Pilgern geht wohl auf seine Kappe. Dass er nun bei der Verurteilung Jesu so widerwillig agierte, jedoch dann ein Urteil sprach, passt in sein Muster: Anscheinend hat er öfters mal Urteile ohne ordentliche Vehandlung gesprochen, was eigentlich in der Verwaltung innerhalb des römischen Reiches gar nicht so toll war und später wurde ihm dieses Verhalten auch zu seiner eigenen Verurteilung zum Verhängnis. INRI war vermutlich eher eine Verarschung für die Pharisäer, die ihn so unter Druck setzen wollten.
naja für mich klingt es so als ob sein Urteil "nicht schuldig" war, er ihn aber dem Volk übergeben hat, weil er nicht selbst umgebracht werden wollte
Nein, sein Urteil musste her, denn allein die römischen Verwalter durften im Reich jemandem zum Tode verurteilen. Sein gesprochenes Urteil, unabhängig von seiner Meinung, war "schuldig". Er war dort recht lange an der Macht, was vermutlich auf seine Steuerbarkeit hindeuten könnte, er gab jedem nach, der etwas Druck machen konnte.
denn allein die römischen Verwalter durften im Reich jemandem zum Tode verurteilen
Nö, auch lokale Behörden durften das, laut Lukas und Josephus offenbar auch das Synhedrium.
Dass sie es nicht durften, ist aus Joh 19,31 herausgelesen.
Aber klar ist, dass er juristisch gesehen das Urteil gesprochen hat. Sein Versuch, dies Herodes Antipas zu überlassen,m scheiterte (Lk 23,6-12). Also im Prinzip hast du Recht.
Warum wird Pontius Pilatus als "böse" dargestellt?
Aufgrund der anderen Stellen und Quellen über ihn, einerseits in Lk 13,1f (Ermordung von Pilgern), aber insbesondere im Werk des Flavius Josephus, der noch mehr von seinen Verbrechen geschrieben hat.
Pilatus hätte die Möglichkeit gehabt, Jesus zu begnandigen. Doch er hat es nicht getan.
Er hat die Verantwortung abgeschoben, damit er sich als unschuldig darstellen kann. Was er jedoch nicht war.
Böse in dem Sinne, dass er zu wenig Mumm hatte und der Volksmenge, die Jesu Hinrichtung forderte, nachgab. Da sich aber die Bibel erfüllen muss, und vorher gesagt wurde, dass man den Sohn Gottes hinrichten würde, ist bewiesen, dass kein Mensch den Vorsatz Gottes ändern kann. Auch das Kommende nicht!
Nicht „die Juden”, sondern die damaligen Juden, v.a. die Sadduzäer. Die Pharisäer waren wohl gegen Seine Hinrichtung …