Warum waren die Präsidialkabinetten der Grund für die Scheiterung der Weimarer Republik?
3 Antworten
Präsidialkabinette waren nicht die eine einzige Ursache für das Scheitern/den Untergang der Weimarer Republik
Präsidialkabinette waren ein Faktor beim Scheitern/Untergang der Weimarer Republik.
Die Regierungsweise, die Besetzung und politische Ausrichtung der Präsidialkabinette 1930 -1933 und ihre Maßnahmen haben die parlamentarische Demokratie zunehmend ausgehöhlt/geschwächt. Insofern haben Präsidialkabinette zum Scheitern/Untergang der Weimarer Republik beigetragen. Anderereits ist die Bildung von Präsidialkabinetten auch eine Folge von Ursachen, die zum Scheitern/Untergang der Weimarer Republik führten, weil infolge mangelnder Unterstützung für Demokratie Wahlergebnisse kamen, in denen Parteien mit einiger Bereitschaft, die parlamentarische Demokratie zu tragen und zusammenzuarbeiten, zusammen keine Mehrheit im Reichstag hatten.
Der Zustand ermutigte Gegner der parlamentarischen Demokratie.
Der Reichstag wurde in seiner ihm nach der Verfassung zukommenden Macht und Bedeutung erheblich ausgeschaltet, seine Sitzungen seltener, bei der Gesetzgebung wurde er mehrfach durch Notverordnungen überspielt.
Die Verfassung gab dem Reichspräsidenten große Macht und dies führte in den Verhältnissen 1930 – 1933 dazu, mit einer Regierung durch Präsidialkabinette Prinzipien einer parlamentarischen Demokratie auszuhöhlen.
Der Reichspräsident ernannte den Reichskanzler und auf dessen Vorschlag die Reichsminister (Artikel 53) und konnte den Reichskanzler entlassen. Der Reichspräsident konnte den Reichstag auflösen, wenn auch nur einmal aus dem gleichen Grund (Artikel 25). Er war Oberbefehlshaber der Streitkräfte (Artikel 47). Sehr wichtig war die Möglichkeit von Notverordnungen bei einem Notstand/Ausnahmezustand (Artikel 48). Damit konnten Grundrechte vorübergehend ganz oder teilweise außer Kraft gesetzt werden. Wenn es im Reichstag keine zu einheitlichem politischen Vorgehen handlungsfähige Mehrheit gab, konnte der demokratisch gewählte Reichstag in der Praxis in erheblichem Ausmaß übergangen werden und etwas gegen dessen Willen beschlossen und durchgesetzt werden.
Mit dem Reichspräsidenten Paul von Hindenburg in einer zentralen Position hatten Leute, Organisationen und Interessengruppen Einfluß und eine starke Stellung, die konservativ-autoritär waren und der Demokratie eher abgeneigt waren. Demokratische Prinzipen und Spielregeln verloren in der Realität an Bedeutung.
In der Verfassungswirklichkeit hatte die Stützung auf den Reichspräsidenten vor allem 1930 (nach dem Auseinanderbrechen einer vom Reichskanzler Hermann Müller [SPD] geführten Regierung einer großen Koalition) - 1933 Bedeutung, als es aufgrund der politischen Gegensätze und der Mehrheitsverhältnisse keine Regierung mit einer Mehrheit im Reichstag gab. Die Reichsregierung war dadurch stark vom Reichspräsidenten abhängig, der entscheiden konnte, wen er regieren ließ und mit dem Verfügen von Notverordnungen stützte (Präsidialkabinette),. Der Reichstag war sehr uneinig, eine handlungsfähige Mehrheit fehlte (Nationalsozialisten und Kommunisten erhielten 1932 mehr als die Hälfte der Abgeordnetensitze).
Als Präsididialkabinette werden die Regierungen der Reichskanzler Heinrich Brüning (Zentrum), Franz von Papen (Zentrum/parteilos; tatsächlich eher den Deutschnationalen nahestehend) und Kurt von Schleicher (parteilos) bezeichnet (auch die folgende Regierung aus Nationalsozialisten und Deutschnationalen war zunächst ein Präsidialkabinett).
Die Regierung konnte mit Hilfe des Reichspräsidenten Vorhaben auf folgendem Weg durchsetzen:
1) Eine vom Reichspräsidenten eingesetzte Regierung ohne Mehrheit im Parlament bringt einen Gesetzesvorschlag ein.
2) Der Reichstag lehnt den Gesetzesvorschlag ab.
3) Der Reichspräsident setzt den Gesetzentwurf der Regierung als Notverordnung in Kraft (Berufung auf Artikel 48 der Verfassung).
4) Der Reichstag wird aufgelöst (Artikel 25), wenn er die Aufhebung der Notverordnung verlangt oder dem Reichskanzler das Misstrauen ausspricht.
5) Eine Neuwahl innerhalb von 60 Tagen wird veranlasst (nach spätestens 60 Tagen müssen Neuwahlen stattfinden und der Reichstag spätestens nach weiteren 30 Tagen zusammentreten).
6) Die Reichsregierung (das Präsidialkabinett) kann solange kaum kontrolliert mit Hilfe von Notverordnungen regieren
Während der Zeit der Auflösung gab es zwar einen ständigen Ausschuß des Reichstags zur Wahrung seiner Rechte (Artikel 35), aber die Befugnisse des ständigen Ausschusses gaben ihm nicht genug Macht, die Reichsregierung und den Reichspräsidenten davon abzuhalten, gestützt auf Notverordnungen nach Artikel 48 in dieser Zeit vom Reichstag ungehindert ganz nach eigenen Wünschen zu regieren.
In der Praxis sind nicht immer alle Stufen zum Durchsetzen eines Regierens mit Notverordnungen bis zur letzten Stufe durchschritten worden.
Die Regierung Papen hat am 14. Juni 1932 ein Verbot der SA (Sturmabteilung; oft gewalttätige paramilitärische Truppe der Nationalsozialisten) vom 13. April 1932 aufgehoben, in der Hoffnung, so von der NSDAP toleriert zu werden.
Reichspräsident Paul von Hindenburg hat 1932 den Reichskanzler Franz von Papen als Reichskommissar für Preußen eingesetzt und ihm eine Vollmacht erteilt, dies bekanntzugeben und die geschäftsführende Landesregierung von Preußen (von demokratischen Parteien getragen, aber im Landtag von damals nicht mehr von einer eigenen parlamentarischen Mehrheit gestützt) abzusetzen (geschah dann am 20. Juli 1932; «Preußenschlag»). Der Staatsgerichtshof beim Reichsgericht in Leipzig hat bei einem Prozeß die Verfassungsmäßigkeit der Maßnahmen für gegeben erklärt und nur die völlige Beseitigung der staatsrechtlichen Stellung der geschäftsführenden Landesregierung für ungültig erklärt. Das Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen für eine Notverordnung wurde dabei aber inhaltlich nicht wirklich geprüft und es gibt gute Gründe, das Einsetzen eines Reichskommissars in diesem Fall für verfassungswidrig zu halten.
Dass die Präsidialkabinette DER Grund für das Scheitern der Weimarer Republik waren, würde ich jetzt nicht sagen. Da spielten mehr Ursachen eine Rolle. Problem dieser Kabinette war aber, dass sie parlamentarisch nicht legitimiert waren und es im Rahmem der Krisenbewältigung der Weltwirtschaftskrise 1929 keine Kooperation zwischen Reichstag und Regierung gab. Auch demokratiefeindliche Stimmungen wurden durch diese Handlungsunfähigkeit bestärkt, was vor allem der NSDAP und der KPD Wähler zutrieb.
Sie waren nicht DER Grund für das Scheitern; sie waren EIN Grund.
Gruß, earnest
Achso ja stimmt. Aber warum waren sie ein Grund?