Karikatur zur Scheitern der Weimarer Replubik?
Was genau bedeuteten die einzelnen dargestellten Elemente der Karikatur? Wer sind die Figuren und was wird damit ausgesagt?
Hinweis zu den dargestellten Personen: Im Januar 1931 veröffentlichte der deutsche Zeichner Alfred Beier-Red im Satire-Magazin “Eulenspiegel” eine Karikatur mit dem Titel “Dr. Brüning: Nach dieser Medizin, Madame Republik, werden Sie die Verfassung endgültig abführen.” Dargestellt ist Reichskanzler Heinrich Brüning (als Arzt) mit einer Medizin (und der Aufschrift “Artikel 48”), die jener an die geschwächte Weimarer Republik (verkörpert durch die Person auf dem Krankenbett) verabreicht. Links hinter dem Krankenbett steht ein NSDAP-Anhänger, hinter dem Fenster Reichspräsident Paul von Hindenburg, recht neben Brüning ist ein SPD-Politiker zu sehen. Thematisch geht es um die Endphase der Weimarer Republik, in der die demokratische Ordnung durch die Präsidialkabinette de facto außer Kraft gesetzt war:
3 Antworten
Die Person im Bett ist die kranke Germania - das von der Weltwirtschaftskrise und den Folgen des Versailler Vertrages geschwächte Deutschland (Reichadler auf der Bettdecke). Hinter dem Bett steht ein SA-Mann, da die NSDAP durch die schwächelnde Wirtschaft und die steigenden Arbeitslosenzahlen enorme Wählerzuwächse hatte. Nachdem 1930 die letzte demokratische-gewählte SPD-geführte Regierung zurückgetreten war (deshalb eine Person, die die SPD verkörpert im Hintergrund), wurde von Reichspräsident Hindenburg ein sogenanntes Präsidialkabinett unter Heinrich Brüning (Zentrum) als Reichskanzler ernannt. Diese Präsidialkabinette hatten keine Mehrheit im deutschen Reichstag, sondern stützten sich auf die Macht des Reichspräsidenten (hier Paul von Hindenburg, siehe Bild an der Wand), der das Recht hatte, die Reichskanzler zu ernennen und zu entlassen. Außerdem konnte er mit Hilfe von Artikel 48 der Weimarer Reichsverfassung (siehe Etikett an der Medizinflasche) Notverordnungen mit Gesetzeskraft erlassen und nach Art. 25 auch den Reichstag auflösen, so dass das vom Volk gewählte Parlament wiederholt keine volle Legislaturperiode durcharbeiten konnte oder bei einem Einspruch gegen Notverordnungen jederzeit mit Auflösung bedroht werden konnte.
Brüning tritt hier als Arzt auf, der dem leidenden Deutschland Linderung bzw. Heilung verschaffen will, indem er mit Hilfe von Notverordnungen Maßnahmen durchführt, für die man im Reichstag keine Mehrheit mehr finden konnte, da durch das Anwachsen der radikalen Parteien NSDAP und KPD die Parteien der Mitte keine Mehrheit mehr erzielen konnten und aufgrund der Bestimmungen der Weimarer Verfassung die Parteien nicht gezwungen waren, miteinander eine regierungsfähige Koalition zu bilden (vielmehr sahen sich die meisten Parteien nur als Vertreter einer bestimmten Interessengruppe und nicht als "Volksparteien"). Eine Regierung mithilfe der Vollmachten des Reichspräsidenten schien also der einzige Ausweg aus der Krise zu sein.
Da v.a. durch die SA seit 1930 Straßenkämpfe zwischen Parteianhängern mehr und mehr zur Tagesordnung wurden, versuchte Brüning durch ein Verbot der SA die Lage in den deutschen Städte zu beruhigen, damit die Straßenkämpfe aufhören konnten. Die SA zeigte sich davon jedoch unbeeindruckt und unternahm dennoch Aufmärsche - nur eben in Zivilkleidung statt in Parteiuniform. Das erklärt auch das hämische Grinsen des SA-Mann es am Kopfende des Bettes: Eine Entwurzelung demokratischer Prinzipien durch die Anwendung autoritärer Maßnahmen wie Notverordnungen spielt der Absicht der NSDAP, einen Führerstaat zu errichten, in die Hände und steigert nur die Wählerzahlen der NSDAP. Außerdem lässt sich die SA von Verboten und Notverordnungen nicht davon abhalten, die Straßen unsicher zu machen und auch andere Parteien dazu zu zwingen, ebenfalls Straßenkampfverbände zu bilden statt im Reichstag konstruktiv nach Lösungswege aus der Wirtschaftskrise zu suchen.
Ermaechtigungsgesetz - Verfassung als Krankheit...
Die Person im Bett kann ich zwar nicht identifizieren, aber der Adler auf der Decke ist das Wappen der WR. Links hinter dem Bett steht ein SA-Mann der sich offensichtlich ins Fäustchen lacht. Der Mann rechts im Hintergrund hat mich zuerst an Ernst Röhm erinnert, aber durch die SPD-Armbinde scheint es nicht dieser zu sein. Das Bild an der Wand zeigt allerdings Paul von Hindenburg, Reichspräsident der Weimarer Republik seit 1925.
Die Medizin (oder Gift?) die der "Arzt" dem Patienten geben will, trägt die Aufschrift "Artikel 48". Artikel 48 (sogenannte Notverordnungen) haben maßgeblich an dem Scheitern der WR beigetragen.
Ich versteh die Karikatur leider selbst nicht ganz, hoffe aber, dass ich dir wenigstens etwas weiterhelfen konnte.
Übrigens trägt der SA-Mann einen markanten Oberlippenbart, ich denke du weißt an was das erinnern soll.
Ermächtigungsgesetz war erst 1933, die Karikatur ist aber von 1931. Nicht die Verfassung ist die Krankheit, sondern Deutschland liegt als kranker Patient im Bett.