Warum sind die alten Polizeiruf 110-Folgen aus DDR-Zeiten und alte Aktenzeichen xy ungelöst-Folgen viel spannender?
Macht das die Einfachheit der Handlungen, weil sie wirklich real so sein könnten?
5 Antworten
Macht das die Einfachheit der Handlungen, weil sie wirklich real so sein könnten?
Aktenzeichen XY waren reale Ereignisse. Die wurden da in der Sendung nachgestellt, damit sich ggf. Zeugen melden können, die davon etwas mitbekommen haben...
Siehe zugehörigen Wikipedia-Artikel:
Aktenzeichen XY … ungelöst (auch nur Aktenzeichen XY, Aktenzeichen oder XY) ist der Titel einer 1967 gestarteten Fernsehreihe im ZDF. (...) Ziel der Sendung ist die Aufklärung realer Verbrechen.
Ich finde die alten XY- und Polizeiruffolgen auch viel interessanter. Ob die dort behandelten Fälle tatsächlich spannender sind, weiß ich noch nicht einmal. Aber die gesellschaftlichen Hintergründe, Mode, Lebensstil und Lebensgefühl, Ausdrucksweise und das ganze DrumHerum ist spannender, weil man diese Verhältnisse selbst nicht erlebt hat. Das ist jedenfalls meine Theorie dazu.
xy war real.
Polizeirufe waren mitunter realen Fällen nachempfunden.
Was erwartest du denn von einem Krimi? Es sind GESCHICHTEN, sonst nichts. ^^ Noch heute stehen entsprechende Vorsätze zt.B. bei amerikanischen Kriminalserien. Und natürlich nehmen sich Autoren solcher Stücke auch die Realität zum Vorbild und verarbeiten diese frei. Kriminalfilme haben und hatten nie einen Anspruch auf die reale Darstellung der Wirklichkeit. Genau wie andere Geschichten auch. Sie dienen reiner Unterhaltung. Wobei der Polizeiruf noch eine gewisse "erzieherische Wirkung" entfalten wollte und zumindest in Teilen auch mit Stereotypen arbeitete. Doch er hatte keinen Wahrhaftigkeitsanspruch.
Ich seh mir auch lieber einen alten Krimi an, da ist alles noch irgendwie nachvollziebar was da passiert.
Die neuen zeichnen sich oft dadurch aus dass man die Handlung sehr schwer verfolgen kann, die Akteure nuscheln sich oft was in den Bart, und bei manchen hat man das Gefühl dass in erster Linie die privaten Probleme der Polizisten gezeigt werden.
Viele Szenen spielen im dunkeln, da macht die Herstellungskosten billig weil nicht so auf Details geachtet werden muss.
Aktenzeichen XY war früher tatsächlich noch bedrohlicher als heute, weil die Fälle real nachgespielt wurden, viele Phantombilder durch die damals noch sehr primitiven Zeichenmethoden wie groteske "Psychopathen-Fratzen" aussahen und Eduard Zimmermann und Konrad Toenz (Peter Nidetzky vom ORF weniger, der war eigentlich cool und meist sehr schwungvoll bei der Sache - ist auch der einzige von denen, der noch lebt) das Ganze sehr steif und mahnend moderiert bzw. einfach nur durch die Sendung geführt haben: Nix Entertainment ... da kam kein Fun-Faktor oder Unterhaltungswert auf, deswegen war es viel heftiger.
Dazu die nüchternen erdigen Brauntöne der Studio-Kulisse - das wirkte schon sehr beklemmend und eindringlich, man machte sich Gedanken, dachte oft das könnte auch hier vor der eigenen Haustür kommen ... und immer so weiter. Wir waren jeden vierten oder fünften (?) Freitag extra für diese Sendung versammelt vor dem Fernseher gesessen.. Nicht ganz zu Unrecht war diese Sendung oftmals als "Panikmache" kritisiert worden, es gedenkt mir gut. Die Spannungsmusiken waren natürlich auch spektakulär.
https://www.youtube.com/watch?v=yR9tyIitC9E
Eduard Zimmermann hat die Rolle übrigens so stark und ehrlich ausgeführt, dass er sogar Werbung für Sicherheitsthemen machte, etwa 1993 für Reiseschecks von American Express. Der war noch weit nach seiner TV-Präsenz im ZDF so etwas wie das Gewissen der Nation.
https://www.youtube.com/watch?v=v3uI4emEX9w
Die Krimis sind deswegen spannender, weil die Drehbücher viel besser sind und die Fälle eindeutiger aufgezogen/präsentiert werden: Hier stand früher nicht das kaputte Privatleben mit zerrütteten Familienverhältnissen mutmaßlich psychisch kranker und zudem furchtbar neurotischer Ermittler im Vordergrund, sondern der Fall und die Unterhaltung/die Spannung/das Rätseln, wer was gemacht hat. Oft mischte auch eine Spur Humor mit - Stichwort Manfred Krug/Charles Brauer im Tatort als Jazzmusiker oder aber betont trottelige Nebenrollen mit starken Charakterdarstellern wie Gerd Baltus oder Tilo Prückner.
Auf einem anderen Blatt steht, dass man oft Vergangenes glorifiziert. Vielleicht sieht man alte Fernsehprogramme auch als Teil der eigenen Vergangenheit an, den man gerne wieder erleben würde (könnte ggf. auch auf die DDR zutreffen, die sich manche zurück wünschen). Ich weiß wie das ist - auf anderem Kanal: Ich fahre einen alten Mercedes, der für mich auch ein emotional wichtiger Schlüssel zu meiner Vergangenheit ist und auf seine eigene Art hilft.
Was den Polizeiruf alias DDR-Zeit angeht, hast Du in Sache Vergangenheit nicht ganz unrecht. Es kommen immer wieder auch schöne Erinnerungen aus der Zeit hoch.
Doch tatsächlich war der Polizeiruf (Übrigens auch im Westen) sehr beliebt, weil die Fälle einfach realistischer waren. Es waren auch nicht immer Mordfälle, sondern auch Betrug oder Diebstahl das Thema. Davon abgesehen waren manche Mordfälle letztendlich kein brutaler Mord, sondern auch mal ein "Versehen". Hinzu hatte die Regierung hier auch mitzureden, was in dem Fall sogar ein Vorteil war. Die DDR sollte eben halt nicht ganz zu kriminell rüber kommen. Daher gab es, besonders bei den älteren Folgen aus den 1970-ern, nur selten Morde, stattdessen mehr anderer Fälle. Und das war halt der Vorteil für den Polizeiruf. Nach der Wende hingegen ging es nur noch um Mord, was dann auch dafür sorgte, dass auch mein Interesse verschwand.
Schade, dass die Serie "Der Staatsanwalt hat das Wort" nicht überleben durfte. Andererseits, wer weiß was man daraus für ein Müll gemacht hätte. :-(
Ebenso auch die Aufklärung.