Warum sagt man nichtmehr ,,Reichskristallnacht"?

4 Antworten

Warum sagt man nichtmehr ,,Reichskristallnacht"?

Dieser Begriff bezog sich vornehmlich auf die Angriffe gegen Sachgüter und Gebäude, bei denen zahlreiche Scheiben - "Kristall" - zu Bruch gingen.

Der Angriff der Naziverbrecher zielte aber nicht vornehmlich auf Sachgüter, sondern sollte vorallem die Menschen, die jüdischen Deutschen und Mitbürger, treffen. Viele wurden beraubt, verletzt und getötet. Daher war diese Aktion eine staatlich unterstützte "Reichspogromnacht", die sich gegen eine bestimmte religiöse Minderheit, eben von Menschen jüdischen Glaubens richtete!

Ist das wieder so ein Fall von übertriebener politischen Korrektheit?

Nein, sondern historischer Korrektheit!

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Die in die Konzentrationslager verschleppten Opfer sprachen von der „Rath-Aktion“ oder der „Mordwoche“. Victor Klemperer schrieb in sein Tagebuch von der „Grünspan-Affäre“. Walter Tausk fühlte sich an die „Bartholomäusnacht“ erinnert. Viele Augenzeugen der Pogrome erinnerten sich an damals umlaufende Ausdrücke wie „Glasnacht“, „Gläserner Donnerstag“ und „Kristallnacht“, die auf die an diesem Tag zersplitterten Fensterscheiben jüdischer Häuser anspielten. Diese Bezeichnungen scheinen aber nur mündlich tradiert worden zu sein, denn schriftliche Belege für Kristallnacht aus der Zeit des Nationalsozialismus gibt es keine, für Reichskristallnacht nur einen: Der Ministerialdirektor im Reichsarbeitsministerium Wilhelm Börger spottete am 24. Juni 1939 in einer Rede auf dem Gautag des NSDAP-Gaus Hannover-Ost in Lüneburg unter dem Gelächter seiner Zuhörer: „Also die Sache geht als Reichskristallnacht in die Geschichte ein […], Sie sehn, das ist humoristisch erhoben, nicht wahr“.[134] „Reichskristallnacht“ war jedoch kein staatliches Propagandawort. Wahrscheinlich prägte der Berliner Volksmund die Wortschöpfung Kristallnacht angesichts der vielen zerbrochenen Fenster und Kristallleuchter der Synagogen und Geschäfte. Der Ausdruck Reichskristallnacht wandte sich dann gegen die damaligen Machthaber, indem er ihren inflationären Gebrauch der Vorsilbe Reichs- verspottete. Diese regimekritische Bedeutung ist nicht schriftlich belegt, wurde später aber von Zeitzeugen bestätigt. Adolf Arndt (SPD), der im November 1938 in Berlin als Rechtsanwalt tätig war, sagte in der Verjährungsdebatte des Deutschen Bundestages vom 10. März 1965 zu seinem Vorredner Ewald Bucher: „[D]en 8./9. November 1938, den man doch nicht, Herr Bundesjustizminister, als ‚sogenannte Reichskristallnacht‘ bezeichnen sollte. Das ist ein blutiger Berliner Witz gewesen, weil man sich damals nicht anders zu helfen wusste.“

Seit 1988 intensivierte sich die Bezeichnungsdebatte. Entstehung und regimekritischer Sinn des Ausdrucks Reichskristallnacht geriet weithin in Vergessenheit. Er wirkte nur noch zynisch gegenüber den Opfern und Überlebenden, als wären damals nur Fensterscheiben zu Bruch gegangen. So verlangte etwa Avraham Barkai 1988, die Bezeichnung müsse aus der Geschichtsschreibung verschwinden, weil sie böswillig-verharmlosend sei und Assoziationen an ein Fest erwecke.[

kurz, mangelndes Wissen und Dummheit in Kombination mit Aktionismus.

Ich benutze den Begriff weiterhin, da mir der Ursprung bekannt ist. Ausserdem ist er international gang und gäbe.

Man wollte nicht einen Begriff übernehmen, der von den Tätern selbst geprägt wurde und das Geschehen ein wenig beschönigt. Diese Entscheidung wurde aber noch in den 80ern selbst diskutiert und hat nichts mit der derzeitigen bekloppten Wokeness zu tun.

Nein, ist ja nicht verboten. Kann auch weiterhin verwendet werden.