Warum sagen Muslime, sie wären Abrahamiten (wegen Ismail), wo doch die Kanaaniter (Kanaan = heutiges "Palästina") keine Abrahamiten waren, sondern Noahiten?

2 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Du vermischst Nationalität mit Religion.

Daraus kann man dir gar keinen Vorwurf machen, denn es ist auch sehr verworren. Die Juden nennen sich ein "Volk", sind aber gleichzeitig eine Religionsgemeinschaft. Die Araber werden zuerst mit dem Islam assoziiert und gelten gleichzeitig als Semiten.

Hier ein paar Aufklärungen dazu:

  1. Kanaaniter sind kein einzelnes Volk, sondern eine Sammelbezeichnung verschiedener semitischer Stämme, die in der Region Kanaans (Levante) lebten (so wie später die Israeliten). Kanaaniter konnten also Mitglieder der semitischen Stämme von Akkadier, Amoriter, Assyrer, Aramäer, Hebräer, Moabiter, Sabäer, etc. sein. Vergleichbar mit dem Begriff "Germanen". Das war auch keine einheitliche, homogene Gruppe, sondern ein Sammelbegriff für ganz unterschiedliche Völker.
  2. Abraham gilt als der Ursprung für die Beziehung zwischen Menschen und Gott. Daraus soll sich das Judentum entwickelt haben. Das Christentum ist nichts weiter, als eine "korrigierte" Version des Judentums und später ist auch der Islam nichts weiter, als eine "korrigierte" Version des Judentums und Christentums. Deswegen nennt man sie "abrahamitische Religionen".
  3. Der Grund, warum Araber als "Semiten" bezeichnet werden, ist weniger die Volkszugehörigkeit, als die gemeinsame Sprachfamilie. Um etwa 1000 v. Chr. soll das Volk der Nabatäer aus der arabischen Halbinsel heraus, in den Raum des Roten Meers eingewandert und dort sesshaft geworden sein. Zu der Zeit gab es bereits das Königreich Israel in der Region. Die Nabatäer handelten mit den Israeliten und es gab kulturellen Austausch. Die Nabatäer haben auch einen Vorläufer der arabischen Sprache und Schrift entwickelt, welche durch den kulturellen Austausch auch stark vom hebräischen beeinflusst war. Deswegen gilt arabisch heute als eine semitische Sprache.
  4. Der Islam ist zwangsläufig eng verbunden mit der arabischen Kultur. Das sieht man einfach in allem, was den Islam ausmacht: Architektur der Moscheen, typisch religiöse Kleidung, Qur'an und Gebete nur in arabischer Sprache, uvm. Der Islam ist die Religion der Araber und Araber sind Semiten.

IchinderStadt 
Beitragsersteller
 03.07.2024, 16:24
Kanaaniter sind kein einzelnes Volk, sondern eine Sammelbezeichnung verschiedener semitischer Stämme

Nein, sie sind nicht von Sem, also Semiten, sie sind Noahiten/Hamiten, denn sie stammen von Noahs Sohn Ham ab. Auch Hamiten werden sie korrekt genannt.

II99II  03.07.2024, 21:37
@IchinderStadt

Du beziehst dich dabei auf die biblische Völkertafel, bei deiner Einordnung der Völker, so wie sie im 1. Buch Moses und in Genesis beschrieben wird, mit den Stammvätern.

Das war im Mittelalter bis spät in der Zeit der Rennaissance eine gängige Erklärung zur Ethnogenese.

Daraus leitet sich klar ab:

Dass sich die von Sem abstammenden Völker von Israel aus nach Osten, die von Ham abstammenden in südwestlicher und die von Jafet abstammenden in nordwestlicher Richtung ausgebreitet hätten, war in der Zeit des europäischen Mittelalters bis in die Neuzeit und in allen von der biblischen Überlieferung beeinflussten Regionen eine gängige Vorstellung

Als "Hamiten" wurden lange Zeit die dunkelhäutigen Völker Afrikas bezeichnet, zu denen die "Semiten" nicht zählen.

Nach modernen Deutung des Begriff "Semiten", wird damit eine Sprachfamilie bezeichnet, genau wie bei den "Germanen" und dazu zählen, wie oben erklärt, aus diesem Grund auch die Araber.

Du setzt die Bewohner Kanaans mit Arabern gleich.

Das entspricht nicht der mythologischen Stammessage. Nach dieser hatte Abraham zwei Söhne:

  • Isaak, aus dem die Israeliten hervorgingen und
  • Ismael, aus dem die Ismaeliten bzw. Hagariter hervoringen. Auf diesen Stamm führen sich die Araber zurück. Ihr ursprüngliches Siedlungsgebiet war nicht das Land Kanaan, sondern südlich davon etwa ab Beerscheba.

Natürlich kann man die Siedlungsgebiete von biblischen Stammessagen aus der Mitte des zweiten Jahrttausends vor Christus nicht auf heutige Verhältnisse übertragen.