Warum nimmt die Leitfähigkeit von Graphit bei Hitze zu?

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Das ist nicht bei allen Halbleitern so, aber bei vielen. Es gibt sowohl negative als auch positive Temperaturkoeffizienten. Metalle, aber auch Halbleiter wie Bariumtitanat haben einen positiven Temperaturkoeefizienten und sind Kaltleiter.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Kaltleiter

Viele Halbleiter aber leiten bei hohen Temperaturen besser. Die Elektronen sind bei niedrigen Temperaturen im Valenzband und weisen kaum eine kinetische Energie auf. Erhöht man die Temperatur, wird ihnen Wärmeenergie und dadurch kinetische Energie zugeführt, sodass sie angeregt werden, ins Leitband zu springen. Dadurch erhöhen sich sowohl die Elektronendichte im Leitband als auch die Löcherdichte im Valenzband, und das Material erhöht seine Leitfähigkeit.

Bei Zimmertemperatur sind bereits viele Ladungsträger frei. Die Eigenleitungsdichte "ni", die sich ohne Anlehnung einer äußeren Spannung aus Wurzel der Elektronendichte mal Löcherdichte sqrt(n0*p0) zusammensetzt, ist daher exponentiell von der Temperatur abhängig.

Deshalb ist der thermische Durchbruch eine häufige Ursache der Zerstörung von Halbleiterbauelememten wie Dioden und Transistoren.


Martinmuc  22.12.2017, 16:01

Schön erklärt, aber Graphit ist kein Halbleiter

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Dovahkiin11  22.12.2017, 17:13
@Martinmuc

Das mag sein, ich habe mich bei der Antwort darauf gestützt, dass man einen HL vorliegen hat. Es soll sich aber bei hohen Frequenzen bzw kurzen Zeiten wie einer verhalten.

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Wechselfreund  22.12.2017, 16:15

Da sich die Grenzbereiche der drei Gruppen überschneiden, ist der negative Temperaturkoeffizient des spezifischen Widerstandes ein weiteres wichtiges Merkmal von Halbleitern, das heißt, ihre Leitfähigkeit nimmt mit steigender Temperatur zu, sie sind sogenannte Heißleiter. (Wikipedia: Halbleiter)

Das ist dann so pauschal falsch?

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Martinmuc  22.12.2017, 17:01
@Wechselfreund

Das Zitat ist auch nicht falsch (es ist halb richtig, denn es gilt für Halbleiter mit dem Mechanismus der Eigenleitung, damit sind schwach dotierte HL gemeint). Aber Graphit ist kein Halbleiter, das ist mein Einwand.

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Martinmuc  22.12.2017, 17:03
@Martinmuc

Und Bariumtitanat kenne ich als Ferroelektrikum aber nicht als Halbleiter

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Dovahkiin11  22.12.2017, 17:10
@Martinmuc

Mit Graphit kenne ich mich leider bislang nicht aus, ich habe das für den Fall eines Halbleiters erklärt, da ich das aus der Frage herausgelesen hatte.

Bariumtitanat ist schon einer, sagt auch Wikipedia. Ich kannte es auch bislang nur in deinem Kontext, Martin.

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Martinmuc  22.12.2017, 17:14
@Dovahkiin11

Hallo in der Wikipedia wird es als Kaltleiter benannt. Das liegt aber nicht an halbleitenden EIgenschaften (wird durch eine Bandlücke gegeben) sondern daran dass in den Korngrenzen Ladungsträger festgehalten und wieder freigesetzt werden.

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Positiver Temperaturkoeffizient bei der Leitfähigkit ist für Halbleiter typisch. Da­ge­gen nimmt die Leitfähigkeit von Metallen mit der Temperatur ab.

Letzteres ist einfach zu verstehen: Um zu leiten, müssen die Elektronen ja inner­halb des Materials einen langen Weg zurück­legen. Das ist offen­bar ein­fach, wenn die Atome still­stehen, aber je mehr sie sich bewegen (durch die thermische En­er­gie), umso mehr werden die Elek­tro­nen gestreut, was Energie­übertrag (also so was wie Rei­bung) bewirkt. Durch einen Wald kann man ja auch leichter laufen, wenn die Bäume nicht un­vorher­sag­bar hin- und herhüpfen.

In einem Halbleiter ist das auch so, aber ein anderer Effekt ist im Regel­fall viel stär­ker: In Halb­leitern gibt es ja zunächst einmal ein voll­stän­dig ge­füll­tes Valenz­­band und ein leeres Lei­tungs­­band. Nur die ther­mi­sche Energie der Elek­tronen macht es mög­lich, daß ein paar davon ins Lei­tungs­­band hüpfen, und mit stei­gen­der Tem­pera­tur werden es sehr viel mehr (exp(−ΔE/(RT)). Bei höherer Tem­pera­tur haben die Elek­tro­nen es zwar schwerer, sich durch das Material zu be­we­gen, aber dafür sind es auch viel mehr, und ins­gesamt fließt der Strom besser.


Martinmuc  22.12.2017, 16:13

Interessant, aber Graphit ist kein Halbleiter

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indiachinacook  22.12.2017, 16:37
@Martinmuc

Stimmt, da habe ich dem Fragesteller wohl zu leicht geglaubt — eine kurze Google-Suche zeigt an, daß sich Valenz- und Leitungsband ganz schwach überlappen. Vermutlich ist die Zustandsdichte im Überlappungsbereich so gering, daß das für Leiter atypische Temperaturverhalten ergibt.

Danke für den Hinweis!

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Martinmuc  22.12.2017, 17:10
@indiachinacook

Cool, hier lernt man ja noch was. Das ist aber schon schwere Kost... Bei ein paar Kurven sieht man tatsächlich dass R(T) abnimmt. Aber hier geht es auch jeweils um dünne Schichten und nicht um Bleistiftminen.

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Martinmuc  22.12.2017, 20:42
@Martinmuc

Was Du schön beschrieben hast (hätte ich auch nicht besser gekonnt ;-) ) ist das was passiert, wenn Halbleiter eigenleitend sind (das ist bei niedrigen Dotierungen der Fall).

Durch Dotieren ensteht der Mechanismus der Störstellenleitung. Die Niveaus sitzen nahe den Bandkanten und sind bei Raumtemperatur vollständig ionisiert. Wird die Temperatur noch weiter erhöht, dann steigt die Streuung der Ladungsträger an den Gitterschwingungen und anderen Ladungsträger, wodurch wieder eine PTC-Charakteristik (steigender Widerstand bei stieigender Temperatur) entsteht, analog zur Leitung in Metallen.

So sollte es auch bei einem Halbleiter mit niedriger Bandlücke sein. Dass das bei Graphit anders ist, finde ich erstaunlich. ABer man lernt ja nie aus.

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indiachinacook  22.12.2017, 21:47
@Martinmuc

Bei einem Halbleiter mit geringem Gap sollte die thermische Anregung der Elek­tro­nen den größeren Effekt auf die Leit­fähig­keit haben. Auch bei hoch­reinem Silicium ist das ja so: Mehr Temperatur bedeutet mehr Ladungs­träger (nur daß die Leit­fähig­keit sehr klein ist, wegen des doch ganz be­acht­lichen Gaps).

Wenn ich die verlinkte Quelle richtig verstanden habe, dann berühren bzw. über­schnei­­den sich die Bänder beim Graphit ja nur an einzelnen Stellen der Brillouin-Zone, also für be­stimm­te k-Vek­to­ren. Die meisten Elektronen sehen also sehr wohl ein Gap, das sie ther­m­isch über­­winden müssen wenn sie leiten wollen. Dazu paßt es, daß die spe­zifi­sche Leit­fähig­keit von Graphit ein bis zwei Größen­ordnun­gen unter der von Metallen liegt, aber weit über undotierten Halb­leiter­materialien mit ΔE≫0 wie Silicium.

https://www.thoughtco.com/table-of-electrical-resistivity-conductivity-608499

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prohaska2  25.12.2017, 21:31

Positiver Temperaturkoeffizient bei der Leitfähigkit ist für Halbleiter typisch

Ist für Nichtmetalle typisch. das mit Grafit als Halbleiter sehe ich eher kritisch ...

... aber natürlich verhalten sich Halbleiter widerstandsmäßig wie Nichtmetalle.

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Interessante Frage.

Wo hast Du die Information her, dass Graphit ein Halbleiter ist? Die Leitfähigkeit liget eher bei denen von Metallen. Ich habe auch noch nie ein Bänderschema gesehen und auch die temperaturabhängige Leitfähigkeit finde ich nicht.

Viele Grüße!


Martinmuc  22.12.2017, 21:14

Edit: Ältere Arbeiten zeigen, dass das tatsächlich so ist:

http://aip.scitation.org/doi/pdf/10.1063/1.1707454

Allerdings passt das übliche Erklärungsmodell NTC-Widerstand <-> Eigenleitung von niedrig dotierten Halbleitern bei Graphit beim besten Willen nicht. Ist also komplizierter und noch nicht wirklich erforscht.

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