Warum nicht Professor?

9 Antworten

Mir wurde von einem Österreicher älteren Semesters vor vielen Jahren erzählt, dass es in AT mal einegrößere Debatte gab (in welcher Form weiß ich nicht), weil manche studierte Berufe schlecht verdienten & schlecht angesehen waren (u.a. Lehrer). Und zur Befriedung hat es sich durchgesetzt, dass man in Österreich Leute mit "Herr Magister/Frau Magistra", "Herr Professor", usw anspricht, und dass akademische Standard-Titel wie Mag. auch auf Visitenkarten stehen, selbst wenn jemand als Sekretär/Hausmeister/whatever arbeitet. Und im Falle der Lehrer, hat es sich wohl in dem Zuge durchgesetzt, sie Professor zu nennen, obwohl sie nicht mal Professoren sind. Meine Vermutung ist, dass sich daraus auch entwickelt hat, dass mein österr. Prof. (ein echter) mich als Student mit "Herr Kollege" ansprach.

Es ist also keine deutsche Eigenart, sondern eine österreichische.


dandy100  07.03.2019, 14:03

Das ist halt typisch Östereich, da gießt man eben ein bißchen Zuckerguss über die Realität und was Titel betrifft, hat man es dort noch nie so genau genommen.

Wer nur ein bißchen nach was aussieht, wird direkt mit Herr Doktor oder sogar mit Herr Graf angesprochen - habe ich alles schon erlebt - man will halt ein bißchen schöntun und schmeicheln; das ist der berühmte Wiener Schmäh, der auch einen Lehrer direkt zum Professor befördert.

Da sind wir hier nüchterner und immer noch preussisch geprägt, hier herrscht Ordnung und keine Schaumschlägerei, dazu sind wir viel zu ernsthaft ,-)

Vielleicht manchmal zuviel....

Professur bezeichnet im deutschen Sprachraum primär eine Funktion im Lehrkörper einer Hochschule

Zum Professor wird man entweder berufen, was nur eine Hochschule darf, oder man bekommt den Titel ehrenhalber verliehen (Professor h.c.).

Um zum Professor berufen zu werden, muss man die Fähigkeit zum Wissenschaftlichen Arbeiten unter beweis gestellt haben. In der Regel durch Promotion (Doktor-Titel). In der Regel bedeutet man muss nicht Dr. um Prof. zu werden, aber ohne Dr. ist es eher unwahrscheinlich.

Das alles trifft auf "normale" Lehrer nicht zu.

Insofern ist es formal inkorrekt einen Lehrer an einem Gymnasium Professor zu nennen, sofern dieser nicht auch an einer Hochschule zum Professor berufen wurde.


dandy100  07.03.2019, 13:59

Das ist halt typisch Östereich, da gießt man eben ein bißchen Zuckerguss über die Realität und was Titel betrifft, hat man es dort noch nie so genau genommen.

Wer nur ein bißchen nach was aussieht, wird direkt mit Herr Doktor oder sogar mit Herr Graf angesprochen - man will halt ein bißchen schöntun und schmeicheln - das ist der berühmte Wiener Schmäh, der auch einen Lehrer direkt zum Professor befördert.

Da sind wir hier etwas nüchterner und immer noch preussisch geprägt, hier herrscht Ordnung und keine Schaumschlägerei, dazu sind wir viel zu ernsthaft ,-)

Vielleicht manchmal zuviel....

Die Lösung bietet Wikipedia:

Professor oder  Professorin ist in der Regel die  Amts- und  Berufsbezeichnung oder der  akademische Titel des Inhabers einer Professur. Anders als etwa beim  Doktorgradhandelt es sich nicht um einen  akademischen Grad. Professur (von  lateinisch  profiteri in der Bedeutung „sich öffentlich als Lehrer zu erkennen geben“) bezeichnet im deutschen Sprachraum primär eine Funktion im Lehrkörper einer  Hochschule.
In  Deutschland und der  Schweiz kann die Bezeichnung  Professor unter bestimmten Umständen auch als  Ehrentitel an Personen verliehen werden, die keine Professur bekleiden – beispielsweise an Künstler. Im Bundesland  Baden-Württemberg kann die Bezeichnung Professor oder Professorin ohne Zusätze als nichtakademischer Ehrentitel an verdiente Bürger verliehen werden (siehe  Professor (Ehrentitel in Baden-Württemberg)). In  Österreich ist  Professor auch ein Berufs- bzw. Ehrentitel und ein Amtstitel für ernannte Lehrer an höheren Schulen.
Die Hauptaufgabe von Professoren an Hochschulen ist idealtypisch die eigenverantwortliche Durchführung von wissenschaftlicher  Forschung und  Lehre (im Sinne des  humboldtschen Bildungsideals). Professur und  Lehrstuhl sind nicht unbedingt miteinander verbunden – jeder Lehrstuhlinhaber ist Professor, aber nicht umgekehrt. [...]

Professor ist keine Berufsbezeichnung, sondern ein akademischer Titel.

Man macht zunächst einen Promotion und darf sich dann Doktor nennen. Will man weiter machen, kommt die Habilitation die zum Titel Dr. habil. führt.

Erst wenn man dann noch einen Lehrstuhl an einer Universität bekommt, darf man sich Professor nennen.

Genausowenig ist Doktor eine Berufsbezeichnung für einen Arzt. Es gibt genügend Ärzte die keinen Doktortitel haben (obwohl der einem in der Medizin quasi nachgeworfen wird)


mertkert  16.02.2020, 20:36

Professor ist, wer derzeit eine Professorenstelle innehat. Ein "akademischer Titel" ist es nicht.

dandy100  07.03.2019, 14:01

Das ist halt typisch Östereich, da gießt man eben ein bißchen Zuckerguss über die Realität und was Titel betrifft, hat man es dort noch nie so genau genommen.

Wer nur ein bißchen nach was aussieht, wird direkt mit Herr Doktor oder sogar mit Herr Graf angesprochen - habe ich alles schon erlebt - man will halt ein bißchen schöntun und schmeicheln; das ist der berühmte Wiener Schmäh, der auch einen Lehrer direkt zum Professor befördert.

Da sind wir hier etwas nüchterner und immer noch preussisch geprägt, hier herrscht Ordnung und keine Schaumschlägerei, dazu sind wir viel zu ernsthaft ,-)

Vielleicht manchmal zuviel....

LuckyJack1986  07.03.2019, 13:40
Erst wenn man dann noch einen Lehrstuhl an einer Universität bekommt, darf man sich Professor nennen.

Korrekt. Je nach Hochschulsatzung ist dafür weder Habilitation noch Promotion nötig. Nichtsdestotrotz ist es der Standard

LuckyJack1986  07.03.2019, 13:43
@augsburgchris

War an meiner alten Hochschule war das der Fall.

Die genaue Wortwahl war ungefähr

"Er / Sie muss seine / ihre Fähigkeit zum wissenschaftlichen Arbeiten unter Beweis gestellt haben. In der Regel durch Promotion"

Da war also ein Schlupfloch, soweit ich weiss wurde es aber nicht genutzt. Alle unsere Profs war auch Promoviert.

Eine Habilitation ist meines Wissens nach auch eher selten gefordert. Viele Doktoren machen das eher um ihre Chancen auf einen Lehrstuhl zu erhöhen und sich von der Konkurrenz abzusetzen

LuckyJack1986  07.03.2019, 13:51
@augsburgchris

Naja, wie gesagt ich habe nie mitbekommen, dass dieses Schlupfloch auch genutzt wurde. Davon abgsehen gehe ich davon aus, dass dieses "Fähigkeit zum wissenschaftlichen Arbeiten unter Beweis stellen" im Zweifel dem Niveau einer Promotion gleichkommt, ohne eben die Formalitäten.

Das scheint eine österreichische Spezialität zu sein, auch überall sonst auf der Welt werden nur Lehrende an Hochschulen (Universitäten und Fachhochschulen) Professoren genannt. Eine Professur kann nur jemand erhalten, der einen Doktortitel hat und habilitiert ist, das ist bei einem Schullehrer sicher nicht der Fall.


LuckyJack1986  07.03.2019, 13:38

Habilitiert und Promoviert (also den Dr. Titel) müssen sie nicht notwendigerweise sein.

Das kommt ganz auf die Satzung der berufenden Hochschule an.

Ich kenne eine Satzung, die schreibt vor, dass man seine Fähigkeit zum Wissenschaftlichen Arbeiten unter Beweis gestellt haben muss. In der Regel durch Promotion.

Das bedeutet aber auch, dass es theoretisch ohne diese möglich ist.

Habilitation wird hingegen nur von wenigen Hochschulen vorausgesetzt.

PhotonX  07.03.2019, 13:42
@LuckyJack1986

Das ist interessant, halten solche nicht-habilitierte Professoren dann auch Vorlesungen? Denn die Habilitation ist doch quasi die "Lehrbefähigungsprüfung". Wobei ich ehrlich gesagt auch schon einige Vorlesungen von Postdocs gehört habe, die sicher nicht habilitiert waren, allerdings nur Spezialvorlesungen im Master, keine einzige Bachelor-Vorlesung.

LuckyJack1986  07.03.2019, 13:49
@PhotonX

Eine Habilitation ist meines Wissens nach eher selten gefordert. Viele Doktoren machen das eher um ihre Chancen auf einen Lehrstuhl zu erhöhen und sich von der Konkurrenz abzusetzen.

Die Habilitation ist ein nicht zwingend erforderliches "Zusatzzertifikat". Von meiner alten Hochschule kenne ich nur einen der Habilitiert war. Ob die Profs gute Lehrer waren, hatte damit rein garnichts zu tun.

Es kommt natürlich auch auf die Hochschule selber an. Ich vermute viele Universitäten bestehen darauf.