Warum ist man gerade in Bayern oft so konservativ bzw. reaktionär?
Wenn ich zum Beispiel Artikel vom Bayerischen Rundfunk lese, möchte ich manchmal einfach nur den Kopf schütteln. Wenn es um Themen des Feuilletons geht, so herrscht beim Bayerischen Rundfunk genau dieses Weltbild vor: "Die Frau mit Bauernkopftuch jätet den Bauerngarten, in dem Bauernpflanzen wachsen und der von einem Bauernzaun umzäunt ist, der Mann bringt das Geld nach Hause und Sonntags geht man in die Kirche." Dieses Weltbild wird in Artikeln des Bayerischen Rundfunks immer wieder herauf beschworen und als das Ideal dargestellt.
Es gibt den Journalisten Dieter Wieland, einen erzkonservativen Journalisten, der vorallem in den 70er und 80er Jahren Reportagen gedreht hat, in dem er gegen jedwede moderne Architektur gewettert hat und jedwede Modernisierung des dörflichen Lebens als verwerflich dargestellt hat. Dass viele Frauen lieber arbeiten, als den Bauerngarten am Bauernhaus mit dem Bauernzaun zu pflegen, sah er als die Wurzel allen Übels. In seiner Dokumentation "Unser Dorf soll hässlich werden" und "Grün kaputt" geht er u.a. sehr hart mit Frauen ins Gericht, die einen pflegeleichten Garten wollen, um mehr Freizeit zu haben.
Aber auch unser Professor für Kirchenrecht treibt mich regelmäßig innerlich zur Weißglut. Wenn er in seiner "guten Stube" wie er es nennt, sitzt, immer einen Anzug trägt, vor der holzvertäfelten Wand mit dem riesigen Kreuz, und er dann im fränkischen Akzent die erzkonservativsten Thesen vom Stapel lässt, dann ist er für mich die Personifizierung Bayerns. Und dann kommt immer noch seine Haushälterin ins Bild, die ihn einen Gugelhupf bringt.
Und dann fängt er immer an, von seiner Kindheit 50er Jahren zu schwärmen, als "Buben" noch "Buben" und "Madeln" noch "Madeln" waren und die "Buben" auf die Berge "gekraxelt" sind, um den "Madeln", die zu Hause in der "Stube" saßen, ein Edelweiß zu pflücken. Oder der "gute Herr Lehrer,", der die "Lausbuben" verdroschen hat, weil sies ja so sehr "verdient" haben und ihnen somit "geholfen" hat, wieder auf den "rechten Weg" zu kommen. Und Samstags beim Beichten, wenn er als "reuender Sünder" dem "guten Herrn Pfarrer" seine "Lausbubenstreiche" gebeichtet hat, hat er sich immer so gefreut, wenn ihm der "liebe Heiland" vergeben hat.
Ich bin ja selbst eher bürgerlich und wähle eher die CDU. Aber mit dieser erzkonservativen weiß-blau Romantik kann ich nichts anfangen. Dieses starre Festhalten an einer Welt, die es nur in Heimatfilmen gab. Ich kann das einfach nicht verstehen.
Wie seht ihr das?
5 Antworten
Wenn sie damit glücklich sind, sollen sie es machen. Frauen haben ja das Recht darüber zu entscheiden, ob sie das so wollen oder nicht. Damit hat sich die Ungerechtigkeitsfrage für mich erledigt. Es soll auch welche geben, die das freiwillig und gerne tun.
Es sind halt Christen; wir wollen eben anders leben. Und ob eine Umgestaltung von alten Dörfern, damit auch ja überall ein moderner Supermarkt ist usw. usw., nicht auch mal kritisiert werden darf, weiß ich nicht.
Man kann sich ja mal in die andere Person hinein versetzen. Mein Vater ist Atheist und seine Frau macht auch alles (wir leben in Berlin). Und beide sind damit zufrieden. Wenn sie so ihre Liebe zeigt, ist das doch gut. Die haben sich jetzt beide ein Boot gekauft und verbringen rund um die Uhr ihre Zeit mit einander, also scheint es doch zu funktionieren.
In dem Saustall bin ich groß geworden. Jetzt bin ich Mitglied bei den Grünen. Das war reine Notwehr!
Das war vorallem durch deren rechten Industrialisierungsprogramme überhaupt möglich.
gar nicht.
Ich habe das noch nie so wahrgenommen, wie Du es beschreibst. Ich sehe zuweilen Bayern Alpha und dort meist Planet Wissen oder andere Themensendungen.
Was sonst noch in Bayern läuft und dieses Sendungen: keine einzige davon habe ich gesehen. Könnte nicht mal sagen, ob und was da wäre.
Das empfehle ich auch Dir: zappe weg. Wenn sie keine Zuseher mehr haben für den Schrott, werden sie es bald nicht mehr senden.
Das ist in Baden-Württemberg ganz ähnlich und vielleicht sogar noch schlimmer, wobei gerade der katholische Teil des Frankenlands eine der konservativsten und vielleicht rückständigsten bzw. bigottesten Gegenden überhaupt ist. Das schlimmste prominente Beispiel ist sicherlich die tragische Vita der Anneliese Michel aus Klingenberg bei Miltenberg.
Ich kann dir hier dennoch ganz ähnliche, zum Teil selbst erlebte Geschichten erzählen, die frei erfunden oder zumindest sehr skurril klingen, aber leider die Wahrheit wieder geben. Allgemein kann man sagen: Je ländlicher und süddeutscher und eventuell katholischer es wird, umso schlimmer artet es aus.
Das darf man alles nicht so ernst nehmen bzw. man muss die Leute auch verstehen: Die wuchsen schon so auf und können nur umsetzen, was sie tradiert bekommen haben. Ich kenne die Franken gut und muss sagen - ohne es böse zu meinen - es gibt sicherlich deutlich gebildetere, offenere Menschenschläge und man muss mit den katholisch geprägten Franken zurecht kommen. Auch Comedy-Acts wie Dieter Draller, der vor 15 Jahren im Radio auf Bayern 1 rumstänkerte oder Waltraud und Mariechen sowie "Häisd'n'Däisd vom Mee" - in irgendeiner Kolumne dazu habe ich mal den treffenden Ausdruck "Deppenfränkisch" gelesen- sind nur etwas, aber nicht stark überzeichnet und geben die fränkische Mentalität so wieder wie Heinz Becker den typischen Saarländer darstellt.
https://www.youtube.com/watch?v=-sBgGNB5yDc
Ich denke, dass das hier so ziemlich alle Fragen klärt - das ist typisch (main-)fränkisch und holt da die Leute auch in der Regel ab, obwohl man sich die Frage stellt, ob da nicht doch das Fränkische parodiert werden soll und die eigentlich Karikierten das gar nicht merken.
Dazu kommt auch eine gewisse Rückständigkeit - ich meine das gar nicht negativ, aber die Leute sind so erzogen und können aus ihrer Haut nicht raus. Da überwiegen konservative Werte, beschränkte Weltbilder, "die Kirch" mit all ihren Facetten, nachbarschaftliche Tratschgemeinschaften, die bestenfalls Gewohnheiten statt Freundschaften sind und auch politisch genutzt werden sowie die Mentalität, mit der man wirklich klar kommen muss.
Und dann fängt er immer an, von seiner Kindheit 50er Jahren zu schwärmen, als "Buben" noch "Buben" und "Madeln" noch "Madeln" waren und die "Buben" auf die Berge "gekraxelt" sind, um den "Madeln", die zu Hause in der "Stube" saßen, ein Edelweiß zu pflücken. Oder der "gute Herr Lehrer,", der die "Lausbuben" verdroschen hat, weil sies ja so sehr "verdient" haben und ihnen somit "geholfen" hat, wieder auf den "rechten Weg" zu kommen. Und Samstags beim Beichten, wenn er als "reuender Sünder" dem "guten Herrn Pfarrer" seine "Lausbubenstreiche" gebeichtet hat, hat er sich immer so gefreut, wenn ihm der "liebe Heiland" vergeben hat.
Solche Leute sind dann aber allein schon altershalber trotz allem selbst im Fränkischen eine völlig unbedeutende Randgruppe. Was nicht heißt, dass es sie nicht gibt - aber so etwas ist schon sehr speziell. Man behilft sich selber dabei, indem man diese Leute nicht ernst nimmt und reden lässt, sich neutralisiert und denkt, das geht vorbei. Diese Leute sind da, und so wie sie da sind, müssen wir mit ihnen zurecht kommen - ändern können wir sie wahrscheinlich nicht. Ich habe mich da früher auch aufgeregt, inzwischen reicht's. Vielleicht brauchst du noch ein paar Jahre, um diesen Abstand wahren zu können - ich sage immer, Empathie mit Abstand. Vielleicht kann dir mein "Plädoyer" zum Frankenland ja helfen oder einiges erklären. Ich könnte dazu noch weiter ausführen, was das Fränkische und die Mentalität angeht, aber das sprengt die Grenzen.
Leider kann man Bayern nicht wegzappen. Das mit dem Innovationsstandort stimmt schon. Hier ist die Finanzkraft und eine günstige Verkehrslage. Die Marschroute heißt aber "Laptop und Lederhose" und Kreuze in öffentlichen Gebäuden, Leitkultur und Heimatministerium.