Warum ist es für junge Menschen so unattraktiv Beamter zu werden?
Man hat doch eine sehr gute Bezahlung, man ist unkündbar und bekommt im Ruhestand eine vernünftige Pension. Aber warum ist es trotzdem so unattraktiv?
Wo nimmst du diese Info denn her, dass junge Menschen das so unattraktiv fänden?
Das hört man doch ständig und überall. Die allermeisten gehen lieber in die Wirtschaft.
4 Antworten
In deiner Frage fehlt etwas. Vollständig müsste sie lauten: Warum ist es für die Mehrheit qualifizierter junger Menschen so unattraktiv Beamter zu werden?
Vor allem, weil die Bezahlung im Vergleich zu den Gehältern vergleichbarer Angestellten in der freien Wirtschaft doch nicht so gut sind. Besonders je höher die Position wird, um so mehr hat der öffentliche Dienst das Nachsehen.
Volljuristen und Informatiker (mit Master-Abschluss) wollen meist nicht im höheren Dienst in Besoldungsgruppe A13 mit ca. 4.500 Euro brutto im Monat (in NRW) einsteigen, wenn es in der freien Wirtschaft deutlich mehr zu verdienen gibt.
Darüber hinaus leiden Deutsche Behörden unter einem, von Vorurteilen geprägten, schlechten Image.
Es gibt übrigens auch Nachteile, die das Beamtenverhältnis mit sich bringt, die nicht für jeden etwas sind:
- Streikverbot
- Einschränkung der Religionsfreiheit
- Einschränkung der Meinungsfreiheit in Bezug auf öffentliche politische Meinungsäußerungen
- uneingeschränkte Versetzungsbereitschaft in der Zuständigkeit des Dienstherrn
- Fehlverhalten (auch privat) kann negative disziplinarische Folgen haben
- Einhaltung des Dienstweges kann manchmal störend sein.
Diese "sehr gute" Altersabsicherung mit 71,75% gibt es allerdings erst nach mindestens 40 Dienstjahren in Vollzeit. Diese 71,75% bekommen die wenigsten Beamten, vor allem bei Frauen.
Auch die späteren Pensionen werden schon beachtet, aber was nützt dir bspw. eine Pension mit 71,75% von möglicherweise A9, wenn man als gerade eingestiegener Finanzbeamter mit A6 im mittleren Dienst in Hamburg, Berlin, Köln, Frankfurt oder München kaum über die Runden kommen würde? Nicht viel.
Wer jetzt schon gut verdient, kann nicht nur jetzt gut leben, sondern nebenbei auch für seine Altersvorsorge privat sorgen und ist im Ruhestand auch gut abgesichert.
Eine "sehr gute Bezahlung" hat man da eben nicht unbedingt!
GLEICHARTIGE Jobs in der freien Wirtschaft sind meistens besser bezahlt. Du darfst da jetzt natürlich nicht "Friseur" oder "Verkäufer im Einzelhandel" mit "Beamter im mittleren Verwaltungsdienst" (für solche Tätigkeiten werden heute kaum noch Leute neu in den Beamtendienst aufgenommen. Das sind bei neu eingestellten Leuten praktisch nur noch Angestelltentätigkeiten) vergleichen.
Aber ist es nicht wichtiger im Alter gut abgesichert zu sein als jetzt mehr zu verdienen?
Das ist eine Frage der persönlichen Prioritäten. Das kannst Du nicht für alle Menschen einheitlich beantworten.
Vielleicht sind es zum einen die negativen Vorurteile zu Beamten, wie zB dass sie faul wären, langweilige Arbeit verrichten und in irgendeiner Behörde zustauben.
Zum anderen wird ja längst nicht jeder Beamter besser bezahlt als in einer vergleichbaren Stelle in der Privatwirtschaft. In der IT zB sind die entsprechenden Budgets in Behörden meist so begrenzt, da verdient man in einem IT-Unternehmen deutlich besser.
Im Gegenteil, ich würde es sofort machen wenn ich die Möglichkeit und Qualifikation dazu hätte.
Danke für die ausführliche Antwort. Was die meisten jungen Leuten wahrscheinlich nicht beachten ist, dass man ja eine sehr gute Absicherung im Alter hat.