Warum ist die Satzstellung bei Caesar so durcheinander?
Beispiel dieser Satz:
Apud Helvetios longe nobilissimus fuit et ditissimus Orgetorix.
Wäre es nicht so ordentlicher?
Apud Helvetios longe nobilissimus et ditissimus Orgetorix fuit.
Ich bin außerdem der Ansicht, dass es schlichtweg falsch ist, wenn man vor den Konnektor "et", der zwischen nobilissimus und ditissimus fungieren soll, noch ein Prädikat setzt.
Schließlich soll der Konnektor doch nobilissimus mit ditissimus verbinden und nicht das Prädikat fuit mit einem weiteren Prädikat, was aber so wirkt und weshalb man zunächst nach einem weiteren Prädikat zu suchen angeregt wird, da es auf den ersten Blick scheint, als würde sich der Konnektor auf das Prädikat fuit beziehen.
Ich finde das sehr verwirrend und umständlich. Zwar gibt es, wie ich wohl weiß, im Lateinischen keine feste Satzordnung, wie dies im Englischen der Fall ist. Dennoch, so habe ich gelernt, baut man einen ordentlichen lateinischen Satz in der Form: S, O, P. Diese Form lässt sich bei Caesar kaum erkennen. Wie soll man das verstehen? Gibt es dafür einen Grund? Handelt es sich hiebei um mir unbekannte Stilmittel? Und was soll das eigentlich? ^^
5 Antworten
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Das ist nicht ungewöhnlich bei lyrischen Texten aus dem lateinischen.
Die Römer haben oft den Inhalt der beschriebenen Situation durch die satzstellung ausgedrückt.
War eine Situation besonders kompliziert, dann drückten sie es durch eine komplizierte und verdrehte satzstellung aus.
Allem in allem war der Römer ind Büchern und Geschichten sehr frei und konnte die Sätze formulieren wie er wollte und es sich seiner Meinung nach am schönsten anhörte
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Cäsar ist in der Regel die erste Originallektüre, die im Lateinuntericht gelesen wird. Bis jetzt hattest du einfache Lehrbuchsätze, um das Einüben von Vokabeln und Grammatik zu lernen. Auch Cäsar ist im Vergleich zu anderen Autoren einfach zu lesen. Die Stellung der Wörter ist im Lateinischen viel freier als im Deutschen. So mußt du jetzt beweisen, daß du deine Grammatik wirklich beherrscht. Du mußt jeden Satz analysieren und Schritt für Schritt übersetzen- auf keinen Fall Wort für Wort. Dein Lateinlehrer zeigt dir wie's geht. Nicht verzagen! Latein kann ungeheuren Spaß machen.
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Man muß die Sätze systematisch bearbeiten. Zuerst das Prädikat des Hauptsatzes bestimmen, dann das Subjekt, das dazu paßt. Es folgen Objekt etc. Es geht immer auf die gleiche systematische Weise. Bisher konntest du die Sätze Wort für Wort entschlüsseln. Damit ist es nach Beginn mit der Originallektüre schluß.
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Hallo,
willst Du etwa Caesar beibringen, wie Latein geht?
Lies mal eine Horaz-Ode oder Vergil - da wirst Du Dich nach dem klaren Satzaufbau und Stil eines Caesar zurücksehnen. Die Römer liebten in der schriftlichen Sprache Sperrungen, Chiasmen, Partizipialkonstruktionen und dergleichen mehr, was des Schülers Herz erfreut. Oft paßt die Form auch zum Inhalt. Hier zum Beispiel hast Du Orgetorix ganz am Schluß, während Helvetios so weit vorn im Satz wie möglich steht. Was ist über Orgetorix ausgesagt? Daß er bei weitem der edelste und reichste bei den Helvetiern war. Durch die Entfernung zwischen seinem Namen und dem Helvetios wird doch anschaulich ausgedrückt, daß er sich in dieser Hinsicht (Adel und Reichtum) weit vom übrigen Volk abhob. Gerade die Wörter nobilissimus und ditissimus (recht lange Wörter) sorgen doch für diesen Abstand.
Das fuit in der Mitte verbindet diese Eigenschaften. Reichtum und Adel gehen ja nicht immer zusammen.
So etwas findest Du oft in lateinischen Texten, wenn Du ein wenig darauf achtest. Diese Freiheit der Satzstellung, dieses Spiel mit Konstruktionen und Wörtern macht diese Sprache doch gerade so interessant.
Herzliche Grüße,
Willy
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Cäsar?
Schwer?
Also wirklich!
Autoren wie Thomas Mann in Deutschland oder James Joyce in England hätten sich für ihre Sprachen die Konstruktionsmöglichkeiten des Lateinischen gewünscht, um Romane zu schreiben, die auch so schon die Kompliziertheit, die Cäsar jemals zustandegebracht hat, weit übertreffen.
Cäsar konnte sich kaum literarisch ausdrücken. Wer glaubt denn auch, dass er das alles selber geschrieben hat. Hatte er außer dem Koch nicht wenigstens auch einen Schreiber bei sich, um mit Brecht zu fragen ("Fragen eines lesenden Arbeiters")?
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Ich fand immer schwer Cäsar zu übersetzen..Aber soweit ich weiß war das einfach sein Schreibstil, der unterscheidet sich ja bei einigen bekannten alten Römern, die irgendwelche lateinischen Texte geschrieben haben.
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Ich hab von viel zu vielen Autoren Texte gelesen , mit 7 Jahren lateinunterricht ✌🏻️
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Cäsars Sätze sind nicht durcheinander, sie gehorchen nur anderen Vorgaben, als die, die du bis jetzt gekannt hast. Sie sind absolut logisch.