Warum ist Deutschland bei alltäglichen Dingen so unglaublich rückständig?
Ich habe Wohnsitze sowohl in Spanien wie auch in Deutschland.
Heute habe ich in Spanien den Stromanbieter gewechselt. Das dauerte ganze zwei Minuten und ging komplett online, schon morgen erfolgt die Umstellung auf den neuen Anbieter. Kein Brief, keine Formulare, keine Wartezeiten und alles direkt digital.
Abgerechnet wird natürlich per Smart Meter, ist schon seit fast 20 Jahren Standard hier. Stündlich genau zum aktuellen Strompreis am Markt, jeden Monat zahlt man nur den tatsächlichen Verbrauch.
Und in Deutschland? Anbieterwechsel ist ein riesen Papierkrieg, dauert mehrere Wochen bis Monate und die Abrechnung erfolgt durch jährliche manuelle(!) Ablesung des antiken Zählers.
Woran liegt das, dass gerade ein Land wie Deutschland, das sich selbst als modern ansieht, bei so simplen Dingen dermaßen abgehängt ist?
7 Antworten
Die Vorteile von Smartmetern sind überschaubar und die Investitionssummen hoch. Die vermeintlichen Vorteile (aktuelle Tarife) sind ziemlich gepusht und bringen technisch nur da tatsächliche Vorteile (regulierbares Marktverhalten), wenn die Stromproduktion unstet ist. Hat ein Land beispielsweise nur Atomkraftwerke und kann jederzeit Strom liefern, macht ein dynamischer Preis eigentlich keinen Sinn, weil der Aufwand immer gleich ist. Gleichzeitig kann man aber dynamische Preise auch schlecht kommunizieren (billiger Strom in der Nacht - aber was ist, wenn da mal der Wind nicht weht?), viele Verbraucher kann man auch nicht nach der Uhr der Betreiber verwenden. Angenommen, man hat eine Waschmaschine, die auf einen günstigen Tarif wartet und dann die Wäsche wäscht oder einen Boiler, der dann das warme Wasser herstellt - das, was man an Mehrgeld für die neue Technik ausgibt, würde man sehr schwer in einem Leben an Strom sparen können. Die Unterschiede sind einfach zu gering.
Was das an- und abmelden angeht: In meinen Augen ist es sowieso eine Frechheit, dass es so viel Anbieter bei der Grundversorgung gibt und das nicht in staatlicher Hand ist. Aber wenn es schonmal so ist: ja, die Bürokratie dauert viel zu lange in Deutschland. Dafür muss man in anderen europäischen Ländern gar nicht erst den Stress mit dem Wechsel vollziehen, es gibt die staatliche Grundversorgung und die Preise sind praktisch überall in Europa konsequent niedriger, als im liberalen Stromland Deutschland.
Nein, ich sage nur, dass es wenig Sinn macht, sowas übers Knie zu brechen - Zähler müssen mit der Zeit ausgetauscht werden, es reicht völlig, wenn man das sukzessive macht - gerade weil die neuen keine echten Vorteile mit sich bringen. Auch bei den smartmetern muss mal regelmäßig den Verbrauch händisch kontrollieren, könnte ja auch was falsch laufen. Die als Endverbraucher kann es relativ egal sein, ob dein Zähler smart ist oder nicht.
Wenn man das macht, ja. Wenn man aber erst nach 20 Jahren damit anfängt und es dann noch immer nur sehr langsam macht, ist man eben irgendwann ein Freeilichtmuseum. Ist ja nicht nur bei den Zählern so, es ist alles. Ihr schickt Briefe und Faxe, zahlt bar, worüber der Rest der Welt den Kopf schüttelt.
Das sind verschiedene Dinge, du hast in deiner Frage über Smartmeter gesprochen. Die sind schon speziell, ich persönlich finde sie auch völlig überbewertet und teuer (da soll lieber der Strom günstig sein und ich diktiere einmal im Jahr den Zählerstand, als dass diese Innovation für den Rest des Lebens 2 Cent pro KWh kostet). Aber klar ist Deutschland in vielen digitalen Belangen total rückständig. Ich würde darauf tippen, dass Deutsche im Vergleich zu anderen Nationen einfach Innovationsfeindlicher und geiziger sind. Da hält man länger an bewährtem fest und übernimmt Neues erst, wenn es erprobt ist - nicht so die Amis, die Spaß an neuen Dingen haben. Ist auch ne Charakterfrage.
Ja, der Smart Meter steht hier exemplarisch für vieles, daher auch die Überschrift.
Das stimmt, was du sagst. Aber da brauchst du keine Amis, ein Blick zu den europäischen Nachbarn zeigt es schon enorm.
Es gibt Menschen die verteufeln das Internet die haben Angst vor den funkmasten vor der Strahlung und wollen sich nicht mit der neuen Technik auseinandersetzen.
Und genau diesen Menschen wird dann im Fernsehen in den Nachrichten gezeigt dass sie demonstrieren gegen einen neuen funkmast und damit erfolgreich haben.
Und genau wegen solchen Beiträgen im öffentlichen rechtlichen Fernsehen wird es immer schlimmer die Angst der Menschen wird verstärkt anstatt aufzuklären und die positiven Dinge zu zeigen und zu bewerben.
Und dann werden immer die alten Leute gezeigt die auf eine E-Mail klicken und dann 20.000 € überweisen und deswegen haben viele alte Leute Angst davor. Und das wird immer noch bestärkt.
Es geht ja nicht um alte Leute, sondern um die Allgemeinheit.
Die Mehrheit in Deutschland sind alte Leute. Das ist das große Problem in Deutschland, nämlich die Demografie.
Die jüngeren sperren sich aber genauso gegen aktuelle Technologie und wollen in den 80er Jahren leben.
Das liegt aber mehr an der Bürokratie und dem damit verbundenen Datenschutz. Der Datenschutz ist ein Killer der Digitalisierung in Deutschland.
Nicht wirklich. Der ist ein vorgeschobenes Bullshit-Argument, wieso angeblich Dinge die sonst überall gehen nicht gehen. Genauso wie "versicherungstechnische Gründe". Purer Schwachsinn der gesagt wird wenn man was nicht machen will.
Und wo genau der "Datenschutz" ist, wenn jemand in meine Wohnung gelatscht kommt um den Stromzähler abzulesen, das wüsste ich gerne mal :D
Das ist kein Schwachsinn. Der Datenschutz, der Brandschutz etc. sind in Deutschland sehr viel strenger als in Spanien. Es hat aber auch etwas mit Geld zu tun. Deutschland findet immer schwerer Investoren und darunter leidet dann auch die Infrastruktur.
Es geht hier nicht um den Vergleich mit Spanien, sondern mit allen Ländern.
Dass man wegen Brandschutz und Datenschutz Briefe und Faxe verschicken, keine Kartenzahlung akzeptieren und uralte Stromzähler benutzen muss sowie Kupferkabel fürs Internet nutzen, ist doch Quatsch.
Früher sagte man, andere Länder, andere Sitten. Deutschland zahlt auch lieber bar als mit Karte.
Ja, weil Deutschland unglaublich rückständig ist. Das sage ich doch hier.
Die Mehrheit in Deutschland ist alt und sie dominiert die Gesellschaft.
Heute habe ich in Spanien den Stromanbieter gewechselt. Das dauerte ganze zwei Minuten und ging komplett online,
Und in Deutschland? Anbieterwechsel ist ein riesen Papierkrieg, dauert mehrere Wochen bis Monate
Da kann ich Dir nur widersprechen. Anbieterwechsel funktioniert auch in Deutschland komplett online und wenn man geübt ist und sich nicht so sehr um Details kümmert, ist auch das in zwei Minuten vollständig und ohne Papierkrieg erledigt.
Dass die Umstellung dann unter Umständen noch mehrere Wochen oder Monate dauert, liegt aber in der Regel an den Verträgen, die man selbst geschlossen hat. Wechselt man vom Grundversorger zu einem anderen Anbieter, geht das aber auch sehr problemlos und sehr viel schneller.
Stündlich genau zum aktuellen Strompreis am Markt, jeden Monat zahlt man nur den tatsächlichen Verbrauch.
Da würde mich mal interessieren, wie stark die Schwankungen sind und man mit einem Festbetrag über z. B. 1 Jahr nicht doch besser dran ist. Hast Du die Möglichkeit, Dein Verhalten auf die Schwankungen einzustellen?
Abrechnung erfolgt durch jährliche manuelle(!) Ablesung des antiken Zählers.
Auch in Deutschland werden immer mehr dieser Smartmeter eingebaut. Der Umstieg dauert nun mal etwas. Dennoch, auch wenn mal ein SmartMeter eingebaut ist, wird man wenigstens 1x jährlich aufgefordert, den Zählerstand selbst abzulesen und zu melden, was ich auch für vernünftig halte. Dabei kommen dann ggf. Fehler im System zu Tage und können ausgeräumt werden. Ob dann nach diesen Ständen auch abgerechnet wird, hängt am Ende wohl von den Verträgen ab.
Woran liegt das, dass gerade ein Land wie Deutschland, das sich selbst als modern ansieht, bei so simplen Dingen dermaßen abgehängt ist?
In vielen Angelegenheiten wird in Deutschland vielleicht etwas mehr nachgedacht, wie z. B. beim Datenschutz. Da macht es durchaus Sinn, wenn die Einführung einer Neuerung ein wenig länger dauert, wenn dadurch solche Probleme vermieden werden können, wobei ich mir da gar nicht so sicher bin, wenn es um die SmartMeter geht.
Ansonsten denke ich, dass das Land weit größere Probleme hat, als die Stromverbrauchsmessung mit digitalen Geräten.
Danke! Als ehemalige Mitarbeiterin eines GV und VNB kann ich alles genau so unterschreiben!
Weil alles egal in welcher Richtung ob Bau oder Ämter nur nach irgendwelchen Gesetzen, Richtlinien gemacht wird. Man braucht einen Termin für einen Termin 😂. Alles zu langsam und kompliziert. Da braucht man sich nicht wundern das alles rückwärts und bergab läuft.
Hier geht es aber nicht um Bau und Ämter. Stromanbieter sind private Unternehmen.
Da braucht man sich nicht wundern das alles rückwärts und bergab läuft.
Es läuft nicht rückwärts und bergab. Es ist einfach nur in manchen Bereichen echt rückständig.
Klar hängt das mitunter auch damit zusammen. Du brauchst ja auch die läute die dir die Zähler beispielsweise einbauen und alles andere drum herum. Irgendwo ist es ein rattenschwanz. Hab meinen zweitwohnsitz auf dem Balkan und da ist das auch alles viel einfacher und problemlos zu handhaben. Auch überwiegend online und es wird monatlich der tatsächliche Verbrauch abgerechnet. Stromanbieter sind nicht nur privat. Gibt ja auch die Stadtwerke.
jeden Monat zahlt man nur den tatsächlichen Verbrauch.
Wer liest jeden Monat den Zähler ab?
Der Zähler. Wir haben 2024, in normalen Ländern sind Smart Meter mit Datenanbindung seit Jahrzehnten Standard.
Aha - also macht es mal wieder die ganze Welt falsch und nur Deutschland richtig, indem es einfach die Zeit anhält? Smart Meter sind in anderen Ländern teils schon weit über 15 Jahre Standard.