Warum hängen Ossis immer ein -e an Wörter, obwohl es gar nicht nötig wäre?

1 Antwort

Das hast du gut beobachtet - in manchen Gegenden gibts diese Aussprache, und die beschränkt sich nicht nur auf die ehem. DDR! 

Meine Schwägerin sagt immer  jetze statt jetzt - obwohl sie aus Nordhessen stammt, aber nur ein paar Kilometer von Thüringen entfernt, wo man diese Sprechweise häufiger antrifft (Sprachgrenzen sind nicht identisch mit Ländergrenzen bzw. Landesgrenzen).

Ich glaube, das hängt mit dem Wortfluss zusammen, der dadurch nicht so abgehackt wirkt. Eine Art von Wortbindung vielleicht, wie im Französischen, wenn an Wortende und -anfang Vokale aufeinandertreffen. 

Jedes sprachliche Muster hat seine Berechtigung - in der (Kern-)Gegend, wo es verwendet wird, würde jemand auffallen und sich als Fremdling outen, wenn er es nicht verwendete. 

Durch deine Verallgemeinerung auf 'Ossis' und 'diese Menschen' und 'immer' wirkst du ziemlich 'von oben' - daran könntest du mal arbeiten, auch wenn du in sprachlichen Dingen ja bisher ziemlich ahnungslos bist.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Sprachen machen Spaß!

Spielwiesen  16.04.2025, 10:43

Solch ein Idiolekt könnte auch einen soziologischen Grund haben: wenn jemand Wörter durch ein ungrammatisches 'e' erweitert, geht es evtl. um jemanden, der _gefühlt_ gern mehr zu sagen (gehabt) hätte und sich folglich durch das angehängte 'e' das fehlende Maß einfach so holt, fast wie eine Art Protest. Bei den Sprechern, die ich kenne, trifft diese Hypothese zu.

Ob der Protest sich nun im Mikro- oder im Nanobereich bewegt - das könnte mit dem Maß an früherer Unterdrückung der freien Rede zusammenhängen. -

Diesen Ansatz könnte man dort vergleichend weiterverfolgen, wo Rede- und Denkverbote vorherrschen. ☆♡☆