Wann ist ein Molekül chiral?
Hi Leute,
wann ist ein Molekül chiral? Soweit ich weiß ist es chiral sobald es nicht mit seinem Spiegelbild deckungsgleich ist. Wenn das zentral Atom auch noch asymmetrisch ist besitzt es Enantiomere. Dabei verstehe ich, dass die Asymmetrie keine Voraussetzung für ein chirales Molekül ist.
Aber so wie ich es verstanden habe kann es keinen sinn machen, weil wenn das zentral Atom nicht asymmetrisch ist, dann kann man das Molekül "vor dem spiegeln" zurechtdrehen, Damit es nicht mehr deckungsgleich ist.
Kann mir jemand eine kurze Antwort geben.
Danke
2 Antworten
Soweit ich weiß ist es chiral sobald es nicht mit seinem Spiegelbild deckungsgleich ist
Ja, diese Definition ist richtig. Es stellen sich sofort weitere Fragen: Woran sehe ich, daß ein Molekül chiral ist, und was hat das dann für Konzequenzen?
Zunächst mal Frage 1: Wie erkennt man die Chiralität?
Offenbar wäre es ein Weg, daß Du ein 3D-Modell dieses Moleküs baust, dann ein gespiegeltes Modell, und dann versuchst, die beiden durch Drehungen und Schiebungen zur Deckung zu bringen. Wenn das gelingt, dann ist das Molekül achiral; wenn es nicht gelingt, dann ist das Molekül chiral (oder Du hast Dich nicht genug bemüht).
Manche Leute mit guter geometrischer Vorstellungskraft können das wirklich so lösen, aber für die meisten ist das nicht wirklich praktikabel. Es gibt auch eine gute Alternative (man bestimmt die Punktgruppe), aber auch das will geübt sein. Ähnlich ist es mit dem Verfahren, sich zu überlegen, ob man dieses Molekül dazu verwenden kann, links und rechts zu definieren — mit Übung kinderleicht, ohne Übung sieht es nach schwarzer Magie aus.
Wenn man keinen der sicheren Algorithmen durchlaufen kann, dann probiert man mit verschiedenen Tricks herum.
- Wenn man eine Spiegelebene oder ein Inversionszentrum in dem Molekül findet, dann ist es garantiert achiral. Das Umgekehrte gilt aber nicht, denn höhere Drehspiegelachsen machen das Molekül auch achiral, sind aber nicht so leicht zu sehen; für ein Beispiel, gehe zu dieser Seite und wähle aus dem linken Menü Improper Rotations und dann tetramethyl-cot; dieses Molekül ist achiral.
- Man kann auch spezifisch nach Elementen suchen, die für chirale Moleküle typisch sind, wie asymmetrische C-Atome oder schraubenartige Elemente. Aber auch dabei kann man auf die Nase fallen, denn erstens können auch Moleküle mit diesen Merkmalen achiral sein, und manche Chiralitäten findet man so nicht. Wieder auf dieser Seite, wähle Cyclic und dann Λ(λ,λ)-cis-[Co(en)2Cl2]+ (chiral) oder Non-Axial und dann ethane-Br2Cl2 (achiral trotz zweier asymmetrischer C-Atome).
Du kannst Dich auf der Otterbein--Seite noch mehr herumspielen und Deine Intuition testen. Die Seite gibt Dir Punktgrupen an; nur Moleküle der Punktgruppen Cₙ, Dₙ, T, O und I sind chiral, alles andere ist achiral (Cₙ umfaßt C₁, C₂, C₃, C₄, …).
Nehmen wir nun an, wir haben festgestellt, daß ein Molekül chiral ist. Dann muß es unbedingt in zwei enantiomeren Formen vorkommen, die sich wie Bild und Spiegelbild verhalten. Als nächstes braucht man Erfahrung, um abzuschätzen, ob die Enantiomeren stabil sind oder sich blitzartig und unkontrolliert ineinander umwandeln.
So ist z.B. H₂O₂ (Punktgruppe C₂) ein chirales Molekül; aber davon merkt man nichts, weil sich die beiden Molekülhälften fast frei um die O–O-Achse drehen können und die Enantiomeren daher nicht stabil sind; Drehungen um Einfachbindungen sind ja keine Hexerei (im Festkörper können sie blockiert sein, und dann können solche Stoffe chiral kristallisieren, müssen es aber nicht).
Asymmetrische C-Atome sind übrigens nichts Spezielles; sehr viele chirale organische Moleküle haben so etwas, aber manche Moleküle enthalten mehrere davon, die sich genau aufheben (Beispiel oben: CHBrCl–CHBrCl, das Molekül existiert in drei Formen, nämlich einem Enantiomerenpaar und einer achiralen Form, die letztere wird auf der Otterbein-Seite gezeigt). Umgekehrt gibt es einen Haufen chiraler organischer Moleküle ohne asymmetrisches C. Das vermutlich einfachste Beispiel ist Penta-2,3-dien, ein komplizierteres wäre das Helicen.
Im einfachsten Fall gibt es zwei gleiche asymmetrische KohlenstoffAtome, die sich wie Bild und Spiegelbild verhalten! Dann gibt es sogar zwei asymmetrische C-Atome und trotzdem ist das Molekül nicht chiral!
2-Ethylenheptan ist chiral und hat ein Asymmetrisches C-Atom. Sobald man es spiegelt ist es nicht mehr Deckungsgleich.
Warum ist 3-Ethylenheptan nicht chiral?