Vergleich jahwistischer und priesterlicher Schöpfungsauftrag?

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Die Bezeichnungen Jahwist und Priesterschrift sind einer altmodischen Einteilung der beiden Texte geschuldet. Dabei wurden aus an sich teilweise richtigen Beobachtungen bizarre Schlüsse gezogen: Die "Priesterschrift" entstamme einer wasserreichen Umgebung, weil dort mengenweise Wasser erwähnt wird (allerdings Meerwasser, kein Trinkwasser), die Paradiesgeschichte hingegen der Wüste (von wegen es hätte noch nie geregnet). Außerdem schaffe Gott in der "Priesterschrift" durch sein bloßes Wort, in der Paradiesgeschichte durch aktives Tun. Aber auch diese Behauptung ist an den Haaren herbeigezogen, denn in. Gen. 1.1 erschafft Gott sehr viel auf einmal (Raum, Zeit und Materie) ohne vorher zu sprechen. Außerdem ist Gen. 1.26 keine bloße Ankündigung für Gen. 1.27. Es handelt sich um zwei verschiedene Aussagen und Vorgänge, erkennbar an den verschiedenen Verben, erst asah, dann bara. Ein ähnliches Muster begegnet uns in Gen. 2.18, wo Gott erst spricht und daraufhin etwas tut. Aber auch hier gilt: Kein einziges dieser Geschehnisse kommt in der "Priesterschrift" vor.

Adams Auftrag, den Garten zu bebauen und von den Früchten der Gartenbäume zu essen (Gen. 2.16-17) wollen die sonst so auf Unterschiede versessenen Theologen lustigerweise als mit dem Herrschaftsauftrag an die Menschheit über die Erde (Gen. 1.28-29) identisch verstanden wissen. Aber diese beiden Texte haben nunmal keine inhaltlichen Gemeinsamkeiten. Die Erde, die sich der Mensch hier unterwirft, heißt arets, welches je nach Kontext u. A. den gesamten Erdkörper (in diesem Fall), das Festland im Gegensatz zum Meer (Gen. 1.24) oder ein bestimmtes Land bzw. Gebiet (Gen. 2.5) bezeichnen kann. Der landwirtschaftlich nutzbare Erdboden, der erst in der Paradiesgeschichte eine tragende Rolle bekommt, heißt hingegen adamah. Diesen eklatanten Unterschied zwischen der präadamitischen Herrschaft über die Erde und Adamschem Ackerbau kann man gar nicht hoch genug hängen.


Hallo SchokoBoss,

auch wenn ich mir sicher bin, dass es niemals einen Jahwisten gab und es mir piepegal ist, ob es eine Priesterschrift gibt - im Grunde lautet deine Aufgabe, dass du den Schöpfungsmythos in Genesis 1,1-2,3 mit ersten Teil der Paradieserzählung in Genesis 2,4-24 vergleichen sollst. Dabei musst du dir halt überlegen, was in diesen Texten jeweils der Auftrag an den Menschen sein könnte.

Aus Genesis 1:

"Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie. Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch, füllt die Erde und unterwerft sie und waltet über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die auf der Erde kriechen! Dann sprach Gott: Siehe, ich gebe euch alles Gewächs, das Samen bildet auf der ganzen Erde, und alle Bäume, die Früchte tragen mit Samen darin. Euch sollen sie zur Nahrung dienen."

Was haben wir da? Fuchtbar sein; sich vermehren; die Erde bevölkern; die Erde und die Tiere beherrschen. Die Hälfte hätten wir schon.

Jetzt zum zweiten Schöpfungsmythos. In Gensis 2,4-24 stehen keine direkten Aufträge in Form von Imperativen drin. Daher musst du da schon etwas kreativ sein und dir überlegen, was da implizit als Auftrag für den Menschen drin stecken könnte. Na, diese kleine Knobelaufgabe, kannst du bestimmt selbst in 5 Minuten lösen.

Achja: Gen 1,1-2,3 wird zur Priesterschrift gezählt. Gen Gen 2,4-24 wurde früher zum Jahwisten gezählt, als die Leute noch an den Jahwisten glaubten...


SchokoBoss15 
Beitragsersteller
 18.12.2017, 07:14

Danke für die gute und leicht verständliche Antwort. Hoffe ich bekomme das mit der 2. Schöpfungsgeschichte auch hin.

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