Vegetarismus – Modeerscheinung, sinnvolle Tugend oder noch mehr?

6 Antworten

Vegetarismus als Trend zu sehen, ist faktisch falsch. Die vegetarische Bewegung begann in Deutschland Mitte des 19. Jahrhunderts, Rückgänge gab es nur während und unmittelbar nach den Weltkriegen. Seit den 70ern steigt die Zahl der Vegetarier deutlich an. Seit etwa den 90ern auch die der Veganer. Mitte der 2000er war die Zahl der Veganer so weit gestiegen, dass die Medien begonnen haben, das Thema vermehrt aufzugreifen, wodurch die Zahl wieder sprunghaft anstieg. Für manche Außenstehende mag das wie ein plötzlicher Trend aussehen, tatsächlich ist es eine kontinuierliche Entwicklung, die schon seit rund 170 Jahren in Deutschland vor sich geht.

Um auf Fleisch oder Tierprodukte im Allgemeinen zu verzichten gibt es viele Gründe. Das fängt damit an, dass die Tiere die in unserer Gesellschaft getötet und gegessen werden, auf genau die gleiche Weise empfindungsfähig wie wir. Das, was wir ihnen antun, nehmen sie sicher genau so wahr, wie wir es an ihrer Stelle tun würden. Sie mögen nicht unseren Intellekt haben, aber um zu Leiden braucht man keinen Intellekt. Dabei gibt es in den Industrienationen der ersten Welt heute keine Notwendigkeit mehr Tiere zu essen oder als Rohstoffquelle auszubeuten. Kein Tier will ausgebeutet werden, kein Tier will eingesperrt sein, und kein Tier will sterben.

Hinzu kommt, dass viel zu viele Menschen viel mehr Fleisch essen, als überhaupt ökologisch verträglich produziert werden kann. Die moderne Nutztierhaltung ist einer der größten Einzelposten des menschengemachten Klimawandels. Allein die Mengen an Treibhausgasen welche die Tiere selbst produzieren machen 15 % am Gesamtvolumen aus, und da sind die CO2 Emissionen für Haltung, Schlachtung, Verarbeitung, Lagerung und Transport noch gar nicht eingerechnet. Hinzu kommt der große Zusatzaufwand an Energie, Wasser und Nutzflächen. Dazu kommt der exorbitante Ressourcenverbrauch. Es müssen durchschnittlich sieben und in manchen Fällen bis zu 33 Kalorien pflanzliche Nahrung aufgewendet werden, um eine Kalorie Fleisch zu produzieren. Die moderne Nutztierhaltung vernichtet tatsächlich mehr Nahrungsmittel, als sie produziert.

In Deutschland werden 40 % der Ackerflächen für den Anbau von Tierfutter in Beschlag genommen. Auf vielen dieser Flächen könnte auch Nahrung direkt für den Menschen angebaut werden. Trotzdem müssen noch ca zwei Drittel der Eiweißfuttermittel für Nutztiere in Deutschland aus dem Ausland importiert werden. 2016 waren das 2,37 Millionen (!) Tonnen. Diese stammen hauptsächlich aus Brasilien und anderen südamerikanischen Ländern, wo für den Anbau der Regenwald brandgerodet wird.

Die Entsorgung der Fäkalien verseucht das Grundwasser mit Nitrat, und die Ammoniak-Ausdünstungen sind die größte Feinstaubquelle im Land. So lange das alles so ist, ist jeder, der bereit ist kein Fleisch mehr zu essen, ein Segen für Mensch und Umwelt. Für die Tiere sowieso.

Außerdem gibt es mittlerweile viele Daten die zeigen, wie sich das Risiko von Zivilisationskrankheiten wie Krebs und Herz-Kreislauferkrankungen mit dem Anteil an Fleisch und weiteren tierischen Nahrungsmitteln in der Ernährung erhöht.


Grendox  23.06.2019, 10:16

Sehr gut beschrieben :)

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Ob vegetarisch oder nicht, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Neu ist das nicht, gab es schon im antiken Griechenland. Die Pythagoreer sollen vegetarisch gelebt haben. Allerdings war zu diesen Zeiten für viele Menschen Zwangsvegetarismus angesagt, weil es gar nichts anderes gab, was zu Mangelernährung führte. Lange davor, in Zeiten kleiner Menschengruppen und Jäger war es umgekehrt. Der technische Fortschritt mit Ackerbau führte dann zu einer Bevölkerungszunahme und der Mensch hat bis auf wenige Nutztiere mehr die Tiere verdrängt, als es heute manchem Ökofreak lieb wäre. Der Ochse im Stall zu Betlehem ist gemogelt, die hatten damals gar nicht genug Weideland für große Tiere. Schafe und Hühner und Truthähne, das war verbreitet.

Sicherlich keine schlechte Lebensweise - so lange man sich verantwortungsvoll ernährt und den Verzicht gesundheitstechnisch ausgleicht. Einfach nur kein Fleisch mehr zu essen ohne auch nur den leisesten Plan von Ernährung zu haben, ist kurzsichtig und gefährlich.

Ich respektiere Vegetarier/Veganer, die aus eigener Überzeugung diese Lebensweise haben und die sich mit den gesundheitlichen Aspekten auskennen. Es ist definitiv möglich, sich sogar vegan zu ernähren, und trotzdem gesund zu bleiben. Das kann ich aus meinem persönlichen Umfeld bestätigen. Aber man muss es richtig machen. Nicht, weil "die Leute aus dem Internet" sagen, man müsse es tun, um "den armen Tieren" zu helfen.

Und ich respektiere Menschen, die ihre Lebensweise nicht anderen Menschen aufzwingen wollen. Damit ist der Anteil an Vegetariern/Veganern, die ich respektiere, sehr gering. Denn für viele ist es leider keine persönliche Ernährungsform, sondern der einzige Weg zur "Rettung der Erde", an dem sich gefälligst alle Menschen zu beteiligen haben.

Ich sehe es dann als sinnvoll, wenn man sich mit der Ernährung befasst. Es macht keinen Sinn, wenn man sich nur einseitig ernährt, ob jetzt mit oder ohne Fleisch.

Es ist eine Dummheit und in extremer Ausbildung auch gefährlich.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung