Unterschied von theta und tau?

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Neugriechisch:

Τ, τ: ausgesprochen " t "

Θ, θ: ausgesprochen wie das englische "th" in den Wörtern "think" oder "thick"

Altgriechisch:

Τ, τ: ausgesprochen " t "

Θ, θ: ausgesprochen wie ein T plus irgendetwas, das als Luftgeräusch beschrieben werden kann. In den Ohren der Römer war das am ehesten ein "h", weswegen sie entsprechende griechische Wörter mit " th " schrieben. Wenn damals Θ exakt wie ein T gesprochen worden wäre, dann hätten die Römer einfach " t " geschrieben und nicht " th ".

Bis ins mikroskopische Detail wird man die Aussprache nicht rekonstruieren können. Es lohnt sich aber, sich die Aussprache der aspirierten Konsonanten im Hindi und Urdu anzuhören. Gewisse Lautveränderungen einer Sprache im Laufe der Zeit laufen immer wieder auf ähnliche Weise ab, d.h. in verschiedenen Sprachen. Im Urdu und Hindi wird quasi zwischen einem "t" und einem "th" in der Aussprache unterschieden, ohne dass das "th" wie im Englischen wäre. Es kann sein, dass es im Altgriechischen in etwa so war wie heute im Urdu oder Hindi. Dinge, die vor 1000 oder 2000 Jahren für die Sprache X galten, gibt es heute ganz real in den Sprachen Y und Z. Sowas ist normal und auch sehr interessant, da man quasi die Gelegenheit hat, schon lange ausgestorbene Phänomene der Sprache X heute in irgendeiner anderen zu finden und somit wieder lebendig vor sich zu haben.

Falls dich die Aussprache des Altgriechischen besonders interessiert, dann lies "Vox Graeca" von Sidney Allen.

Wenn die Römer oder wir Deutschen etwas aus dem Griechischen übernehmen, verhalten wir uns meist sehr weltmännisch.

Das Tau wird als einfaches t wiedergegeben, das Theta als th. 

Die alten Griechen sprachen das Theta behaucht, wie wir es im Deutschen bei fast allen Ts machen: Tor, Tür, Tat. 

Im österreichischen Standarddeutsch kann auch ein stimmhaftes T, wie das Tau gesprochen wurde, vorkommen. Beispielsweise bei dem aus dem Griechischen stammenden Substantiv Rhetorik. Das t in der Mitte war bei den alten Griechen nicht behaucht; die Österreicher geben das ganz authentisch wieder.

Ρητορικη --> Rhetorik

Ρυθμος --> Rhythmus

Die Spiritūs und Akzente kann ich leider nicht tippen, aber das müsste so eigentlich reichen.


laserata  16.08.2016, 19:09

"Das t in der Mitte war bei den alten Griechen nicht behaucht; die Österreicher geben das ganz authentisch wieder."

Das t war nicht nur bei den alten Griechen nicht behaucht. Es ist auch heute nicht behaucht bei: den Griechen, den Italienern, den Niederländern, den Spaniern und vielen vielen mehr.

"Die alten Griechen sprachen das Theta behaucht, wie wir es im Deutschen bei fast allen Ts machen: Tor, Tür, Tat. "

Zwar werden diese Ts im Deutschen tatsächlich behaucht. Dass die Aussprache aber der des antiken θ entsprechen soll, ist einfach eine Behauptung auf Schulunterrichtsniveau und hat mit wissenschaftlicher Phonetik nichts zu tun.

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Deponentiavogel  16.08.2016, 22:22
@laserata

Ich habe ein Beispiel aus der deutschen Sprache ausgesucht.

Ich befasse mich auch nicht wissenschaftlich mit Phonetik. Wenn man das Theta als deutsch behauchtes T spricht, lässt sich damit aber ganz gut arbeiten. 

Mit welchem Luftgeräusch würdest du dieses T denn authentisch aspirieren?

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laserata  16.08.2016, 23:55
@Deponentiavogel

Ich allerdings befasse mich schon wissenschaftlich mit Phonetik. Also, es ist schon ganz richtig, dass das typischerweise behauchte deutsche T in die richtige Richtung geht, d.h. sich zumindest nicht allzuweit von derjenigen Aussprache befinden sollte, die für das antike Θ galt. Allerdings können zwischen "Behauchung" und "Behauchung" Riesenunterschiede bestehen. Daher habe ich in meiner anderen Antwort empfohlen, sich mal die behauchten Konsonanten von Urdu und Hindi anzuhören. Die sind deutlich stärker behaucht als die typische deutsche (bzw. vor allem norddeutsche) Aussprache. 

Da es im Altgriechischen sowohl T als auch Θ gab, muss zwischen den beiden Konsonanten ein ausreichend großer Ausspracheunterschied existiert haben. Das ist immer so. Das heißt, man muss den Unterschied klar und deutlich gehört haben. Das legt nahe, dass die Aussprache von Θ behauchter gewesen sein muss als das deutsche behauchte T. 

Wenn in der Antike mit der Zeit die Behauchung schwächer geworden wäre, dann wäre aus dem Θ im Neugriechischen ein T geworden. Es ist aber das Gegenteil passiert. Das Θ hat sich also im Laufe der Zeit noch weiter vom T entfernt (heutige Aussprache wie "th" in englisch "think"). Auch daher muss der Unterschied zwischen Τ und Θ auch in der Antike ganz deutlich gewesen sein.

Eine von mehreren Möglichkeiten wäre insofern, dass die antike Aussprache der heutigen Urdu- und Hindi-Artikulation ähnelte. Dazu muss man sich das anhören. 

Wenn die Römer "th" schrieben, weil sie hörten, dass das nicht einfach ein T war, dann bedeutet dass aber  nicht zwingend, dass der Laut nach dem anfänglichen T auch tatsächlich ein H war. Es könnte auch "irgendetwas andere Hauchiges" gewesen sein, wofür die Römer dann halt den passendsten Buchstaben wählten.

Es könnte z.B. auch gewesen sein, dass der Laut nach dem initialen T schon tatsächlich dem heutigen Θ (engl. "think") ähnelte. Ähnliches gilt ja für das deutsche "pf" in z.B. "Pferd". Es ist eine Verbindung aus einem Verschlusskonsonanten und einem Frikativ, also einem Reibelaut bzw. zweiten Konsonanten. So eine Verbindung ist also tatsächlich möglich.

Der Fragesteller fragte nach der Aussprache der genannten Laute bzw. Buchstaben. Er fragte nicht "wie soll ich das in meinem Altgriechischkurs am besten sprechen"? Hierauf wäre deine Antwort ganz ok, d.h. die Empfehlung, das Θ möglichst behaucht auszusprechen. Dann muss man aber auch das T unbehaucht aussprechen. Wie schon gesagt: Der Unterschied zwischen einem unbehauchten niederländischen oder italienischen T und einem deutschen behauchten ist kleiner als es in der Antike mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit war. Die Aussprache vom deutschen "ch" in "ich" und die von deutschem "sch" ist z.B. akustisch klar voneinander zu unterscheiden. So ist es auch normal in allen Sprachen. Wenn man "fast keinen Unterschied hört", dann kann das nicht richtig sein. Daher ist ein normales deutsches behauchtes T ganz einfach zu wenig behaucht, um ganz genau einem behauchten Konsonanten einer anderen Sprache zu entsprechen, die auch einen unbehauchten Partnerkonsonanten dazu hat.

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Deponentiavogel  17.08.2016, 00:39
@laserata

Nach deiner Theorie muss im Deutschen auch ein hörbarer Unterschied zwischen C und K bestehen (Clown–König), da man ja sonst nicht beide Konsonanten verwenden würde. 

Wenn du dich mit dem Neugriechischen auskennst, weißt du sicherlich um seine i-Lastigkeit. Und wie viele Vokale haben die Griechen dafür?

Dass die beiden Laute schon zu klassischer Zeit komplett unterschiedlich geklungen haben, kann man nicht an so etwas festmachen. 

Aber ich gebe dir recht. Meine Antwort ist unfachmännisch. Ich wollte auch eigentlich den Bezug zur deutschen t-th-Schreibung klären.

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laserata  17.08.2016, 13:54
@Deponentiavogel

Das Beispiel mit Clown und König passt hier nicht. Der Anfagskonsonant - "Konsonant" ist ein LAUT - ist in den beiden Wörtern identisch. Sie werden natürlich nur deswegen verschieden geschrieben, weil das entlehnte Wort orthografisch nicht angepasst wurde.

Meine "Theorie" bezieht sich also nicht auf irgendwelche orthografischen Fragen bei entlehnten Wörtern. Außerdem ist es keine "Theorie", sondern ein in der Wissenschaft (Phonologie und Phonetik) schon seit vielen Jahren feststehender Fakt (der übrigens auch nicht allzu verwunderlich ist).

Im Neugriechischen gibt es den Vokal "i", richtig. Ein Vokal ist ein LAUT. In der Orthografie sieht man verschiedene Buchstaben hierfür. Das legt nahe, dass die heutigen Is irgendwann früher nicht alle identisch waren, sondern verschieden, und genau so war es ja auch. Wenn also T und Θ schriftlich gebraucht werden, dann ist es allerhöchstwahrscheinlich, dass diese beiden Zeichen auf jeden Fall "irgendwann" für verschiedene Laute standen. Dass die Aussprache zusammenfallen kann und, wie oft üblich, die Orthografie dann hinterherhinkt, ist schon ganz richtig.

Im Jahre 237 v. Chr., um einfach mal so spontan einen Zeitpunkt zu setzen, war die Aussprache von Θ und Τ ganz sicher verschieden, und zwar vor allem aus dem Grund, dass sie heute immer noch verschieden ist... Wenn sie heute aber nicht verschieden wäre, dann gäbe es die Frage, ob im Jahre 237 v. Chr. die Aussprache wohl noch verschieden war oder nicht.

Wenn Römer das griechisch Θ im Latein mit th wiedergeben, obwohl sie auch ein T besitzen, legt das nahe, dass die Aussprache zum entsprechenden Zeitpunkt gerade nicht "t" war. Im anderen Fall, wenn mit der Zeit zwei Laute zusammenfallen, dann treten ab einer bestimmten Zeit häufige Rechtschreibfehler in Werken der entsprechenden Sprache auf. Bis irgendwann vor Christus wurde im Griechischen z.B. η und ι schriftlich nicht verwechselt. Ab irgendwann aber fallen häufige Rechtschreibfehler auf, in denen η und ι beim Schreiben verwechselt werden. Das deutet dann darauf hin, dass zu jenem Zeitpunkt die Aussprache zusammengefallen ist und dementsprechend die Aussprache bei der Wahl des Buchstabens nicht weiterhilft.

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Tristan759  30.03.2024, 19:55
@laserata

Mein Altgriechisch-Lehrer, ein Genie in Sachen Phonetik und generell Linguistik, hat es mir aber genau so erklärt, dass ein θ jedem deutschen t entspricht. Denn das unangehauchte t lässt sich, nach ihm, z. B. noch im Französischen widerfinden, nicht aber im Deutschen.

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Hier kannst du die Buchstaben und ihre Aussprache vergleichen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Griechisches_Alphabet

Wie du siehst war das "theta"  im Altgiechischen ein behauchtes "t" (wie im deutschen "Theater"). Die neugriechische Variante spricht sich dagegen wie der Anlaut im englsichen Wort "thing".