Unfall mit Fahrradfahrer: Wer hat Schuld?


03.07.2024, 21:35

Edit: Der Fußweg ist nicht extra für Fahrradfahrer frei gegeben - es ist ein reiner Fußweg.

6 Antworten

Verzwickt.

Zu aller Erst trägst du als Autofahrer schon einmal die Betriebsgefahr. Also allein weil du so eine Blechkiste um dich herum hast, bist du schon mal einem Fußgänger oder Fahrradfahrer gegenüber physisch im Vorteil und musst daher auch deutlich mehr aufpassen. Nur wenn der Unfall auch für den "Idealfahrer" unvermeidbar war, trägst du die Betriebsgefahr nicht.

Beim Ausfahren aus einer Einfahrt auf die Straße musst du besonders vorsichtig sein. Ist es besonders schlecht einsehbar, musst du dich heraustasten, oder ggf. sogar einweisen lassen.

Die spannende Frage ist natürlich: Wo kam der Radfahrer her und was hatte er da verloren? Wenn es ein geteilter Fuß- und Radweg ist, hatte er Vorfahrt. Eine Teilschuld hätte er in diesem Fall dann, wenn nachweisbar wäre, dass er dich gesehen hat, oder hätte sehen müssen und trotzdem weitergefahren ist. Also wenn da zum Beispiel 50m freie gerade Strecke vor ihm lagen und du gestanden hast, weil du den auf der Straße vorbeifahrenden Verkehr abwarten musstest.

Handelt es sich um einen reinen Fußweg, bist du deshalb nicht raus. Man muss auch damit rechnen, dass Fahrradfahrer auf einem Fußweg fahren. Erstens weil man mit der Blödheit seiner Mitmenschen rechnen muss und zweitens, weil zum Beispiel Kinder den Fußweg benutzen müssen/dürfen (je nach Alter). Aber du hast eine gute Chance auf eine Teilung des Verschuldens. Der Einschlag auf deinem Auto sieht richtig böse aus. Ich hoffe, der Fahrradfahrer ist nicht zu schwer verletzt worden. Der Schaden sieht aus, als wäre der Fahrradfahrer nahezu ungebremst mit höherer Geschwindigkeit eingeschlagen. Auf dem Foto sehe ich leider nicht, was es für ein Fahrrad ist. Wenn es ein E-Bike ist, würde ich allein deshalb drauf wetten, dass er da sehr flott unterwegs war. Ggf. war der Fahrer abgelenkt. Hatte er vielleicht Kopfhörer drin? Man darf auch nicht vergessen, dass man als ordnungswidrigerweise auf dem Fußweg fahrender Fahrradfahrer natürlich auch damit rechnen muss, dass ein Auto aus einer Einfahrt kommt. Und dann kann man da halt nicht langfahren als wäre es eine Rennstrecke.

Hier mal ein Urteil, das dir vielleicht Mut macht. Natürlich ist sowas immer eine Einzelfallentscheidung. Wenn deine Versicherung den Schaden der Gegenseite zu 100 % regulieren will, weil die sich keine hohen Erfolgsaussichten versprechen, sollen sie es machen. Aber das hindert dich nicht, eine andere Rechtsauffassung zu haben und den Gegner auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Eine RSV ist da immer sehr hilfreich.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – berufsmäßiger Jurist

Mal etwas provokativ gefragt: Was hast Du denn auf dem Gehweg zu suchen?

Ja richtig, Du musst ihn überqueren, um Dein Grundstück befahren zu können oder um es zu verlassen. Aber genau das ist der Punkt.
Du kommst aus einem untergeordneten Bereich, würde sogar behaupten, weniger Rechte hat kaum ein anderer Verkehrsbereich.

Also hast Du grundsätzlich zuerst einmal die A-Karte.
Dem Radfahrer kommt eventuell eine Teilschuld zu, die dürfte aber bei höchstens 25-30 liegen. Das aber auch nur dann, wenn ihm Verfehlungen nachzuweisen sind.

Deine Versicherung macht es sich hier einfach, möglicherweise bist Du also auf Dich allein gestellt. Die Versicherung will zahlen, weil der Radfahrer wahrscheinlich keine Versicherung hat. Also lässt sich Deine Versicherung auf keine vage Sache ein.
Sie hält sich also an Dich, zahlt den Schaden des Radfahrers und auch Deinen, wenn Du eine Vollkasko hast und erhöht dann die Beiträge.

Solltest Du eine Verkehrs-Rechtsschutz haben, kannst Du zu einem Anwalt gehen.
Wenn nicht, nimm es hin, alles andere wird nur teurer.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Fakten sind stärker als Meinungen

Kenshin663  03.07.2024, 21:25
Mal etwas provokativ gefragt: Was hast Du denn auf dem Gehweg zu suchen?

Ich frag einfach mal ganz unprovokativ weil ich da auch nicht firm bin: was hat der Radfahrer selbiges fahrend auf dem Bürgersteig zu suchen? Ist doch auch nicht ganz erlaubt? Bringt uns hier jetzt zwar nicht weiter, finde ich nur Neugierig. ;)

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Crack  03.07.2024, 21:34
@Kenshin663

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Natürlich, er hat da vielleicht auch nichts zu suchen.
Es sei denn, der Gehweg ist für Radfahrer freigegeben.
Dann wäre auch eine Teilschuld wohl auch ausgeschlossen.

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Ich kann das nicht bewerten, auch, weil die Fotos nicht belegen, ob der Fußweg für Radfahrer freigegeben war oder nicht. Vermutlich wird ohne Anwalt nichts gehen - und das dann zur gerichtlichen Klärung führen müssen, wenn es denn verfolgt wird. Der ADFC (Deutscher Fahrradclub) hat dazu allerdings einen Artikel verfasst, der auch für die Autofahrer durchaus Chancen erblicken lässt. Ob das aber nun bindend ist - schwer zu sagen - solange es keine letztinstanzliche Entscheidung gibt, und man muss ja auch noch die Lage vor Ort miteinbeziehen, wird es vom jeweiligen Gericht abhängen...
https://www.adfc.de/artikel/ein-irrweg-radfahren-auf-gehwegen

Woher ich das weiß:Recherche

Kenshin663  03.07.2024, 21:44

Hochinteressanter Artikel. Firma dankt :)

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Hamburger02  03.07.2024, 22:04

Das hätte ich nicht so eingeschätzt.

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Wie HfPol110 schreibt...das letzte Wort haben dann Versicherung und Konsorten.

Allerdings ist das (zumindest für mich) auch gerade schwer zu sehen wie das passieren konnte da die örtlichen Gegebenheiten ja letztlich auch mit einfließen.

Als Tipp würde ich dir aber raten dir ein paar Groschen auf die Seite zu nehmen und eine gute Dashcam zu zulegen. Ob die dir hier geholfen hätte ist wohl sehr fraglich. Aber in anderen Situationen (dir nimmt einer eiskalt die Vorfahrt und es wär' erstmal die 50/50 Schuld) kann das sehr helfen.

Wer aus einer Torausfahrt in den öffentlichen Straßenverkehr einbiegt, hat eine besondere Sorgfaltspflicht. Notfalls muss er sich also "hereintasten". Und wenn er gar nichts sehen kann, darf er eben auch gar nicht fahren.