Tod durch Nervengift eher aufgrund von Atemlähmung oder Herzstillstand?

2 Antworten

Als Nervengifte (Neurotoxine) im engeren Sinne werden meist solche bezeichnet, die die Reizweiterleitung zwischen Nervenzellen unterbinden.

Entweder

1. postsynaptisch; hinter der Synapse durch Blockade der Neurotransmitter-Rezeptoren der folgenden Zelle (z.B. Curare-Toxine, neurotoxische Kobra-Toxine) oder

2. präsynaptisch: hierbei wird die Ausschüttung von Neurotransmitter (z.B. Acetylcholin) in den synaptischen Spalt gehemmt; es gibt verschiedene Mechanismen; Beispiel: Botulinumtoxin B.

3. Beeinflussung von Ionen-Kanälen (z.B. Kegelschnecke: Conotoxine).

Alle drei können zu einer peripheren Atemlähmung (also direkte Lähmung der Brustmuskulatur) führen.

4. Weitere Neurotoxine erhöhen die postsynaptische Aktivität: entweder stimulieren sie selbst den postsynaptischen Rezeptor (z.B. Nikotin) oder sie erhöhen die Neurotransmitter-Konzentration im synaptischen Spalt (z.B. Cholinesterasehemmstoffe). Hierbei ist eine verstärkte Reizweiterleitung die Folge; Resultat können Krämpfe sein, welche eine spastische Lähmung bewirken. Auch hier gibt es Ionenkanal-Interaktionen (z.B. Schwarze Witwe: Spinnengift Latrotoxine interagiert mit Calciumkanälen und führt zu Krämpfen, die tödlich sind, wenn sie die Atemmuskulatur betreffen).

Sowohl von 1., 2., und 3. (4?) gibt es Wirkstoffe, die auch in das Zentralnervensystem (Gehirn, Atemzentrum) eindringen und eine Lähmung des Atemzentrums (zentrale Atemlähmung) hervorrufen. Dabei gibt es sowohl Stoffe, die außerhalb des Zentralnervensystems die Reizweiterleitung aktivieren (Krampfgift) als auch solche, die die Reizweiterleitung reduzieren (Lähmgifte). Der Mechanismus der zentralen Atemlähmug ist im Falle vieler Substanzen, die diese hervorrufen können, noch relativ unbekannt.

Die Nervenzelle selbst bleibt dabei intakt und stirbt nicht ab. Nervenschädigende Stoffe, die zum Tod der Zellen führen können (z.B. Alkohol), sind im weitesten Sinne potentielle Neurotoxine, im engeren Sinne sind sie Zytotoxine (Zellgifte), da sie neben Nervenzellen auch andere Zellen abtöten. Die Wirkung auf Nervenzellen ist also unspezifisch (Alkohl schädigt auch zahlreiche andere Gewebe).

Die meisten Neurotoxine wirken relativ zügig, wenn sie erst einmal in die Blutbahn gelangt sind. Aber auch hier muss erst mal eine Verteilung des Wirkstoffs stattfinden - das geht tatsächlich rasant vonstatten, aber man fällt nicht unmittelbar um. Ein Affe, der von indigenen Jägern mit Pfeilgift geschossen wird, fällt auch nicht schlagartig vom Ast, sondern springt noch ein wenig rum und versucht sich noch einige Sekunden zu hangeln, bevor er sich nicht mehr halten kann und zu Boden fällt. Aber das Gift wirkt schnell genug, damit die Jäger das Tier nicht aus den Augen verlieren können.

Warum tritt der Tod meist durch Atemlähmung ein? Weil die Dosis, die zur Lähmung der Atemmuskulatur notwendig ist, geringer ist, als die direkte toxische Wirkung für das Herz. Zudem besitzt das Herz eine gewisse (natürlich nicht absolute) Autonomie hinsichtlich seiner Tätigkeit.

Neurotoxine, die auch in geringerer Dosierung das Herz betreffen, beeinflussen meist mehrere Neurotransmitter-Systeme. Bspw. zahlreiche Psychopharmaka die in Überdosis neurotoxisch wirken: ältere Antidepressiva führen in Überdosis u.U. zu zentraler Atemlähmung, erhöhen aber auch die Herzfrequenz und können Herzrhythmusstörungen bewirken; hier ist die Gefahr von Kammerflimmern/ Herzstillstand natürlich auch hoch.


Danny4793  20.11.2017, 21:01

vorletzter Absatz: "...als die direkte toxische Wirkung für das Herz..." - ich meinte hier Dosis statt Wirkung.

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Ein Nervengift unterbricht die Verbindung zwischen den Nervenzellen oder töted direkt Nervenzellen und sorgt so dafür, dass Atmung oder Herz nicht mehr die Nervenimpulse erhalten, die die entsprechenden Muskeln in Aktion versetzen. Lehmt ein Gift dein Atemzentrum im Gehirn, kommt das Signal zum Ein-/Ausatmen nicht mehr bei der Lunge an. Ein anderes Gift wirkt unter Umständen eher auf das vegetative Nerfensystem so das im Herz die Impulse, die das Schlagen steuern nicht mehr oder falsch ankommen. Dann stirbst du an Herzversagen.

Alkohol z.B. ist ein Nervengift das Nervenzellen (Gehrinzellen) töten. Wenn im Atemzentrum genug abgetötet werden, kannst du nicht mehr atmen, oder schaffst es nicht mehr gleichzeitig zu Atmen und zu Kotzen, was dann dafür sorgt das du erstickst.

Das Gift des Goldenenpfeilgiftfrosches unterbricht das Signal zwischen den Nervenzellen, indem es einen Rezeptor blockiert. Das geht so schnell, das du wenn du von einem entsprechenden Giftpfeil getroffen wirst, tot bist eh du den Stich spürst, weil das gesamte Nervensytem abrupt seinen Dienst einstellt. Letztlich bist du tot eh du auf dem Boden aufschlägst. Ob man dann noch vom Tod durch Herzstillstand reden kann, wage ich zu bezweifeln.