Spannungspneumothorax mit dem "Kugelschreiber" beheben?
Hallo :). Zuerst: Ich bin "nur Einsatzsanitäter", also bitte nicht habt Geduld mit mir und antwortet meinem medizinischen Stand entsprechend ;):
Man sieht ja immer wieder mal in Filmen, wie der Protagonist einen Menschen vor dem Ersticken per "Kugelschreiber-in-Brustkorb-rammen" rettet. (Natürlich totaler Unsinn, trotzdem interessiert mich das Ganze schon sehr in der Theorie)
Hierzu ein kleines Fallbeispiel:
Du triffst zufällig auf einen sitzenden Passanten mit akuter Dyspnoe und Schnappatmung. Eine anfängliche Zyanose bestätigt den Verdacht der langsam eintretenden Hypoxie. Sowohl rechter als auch linker Lungenflügel heben sich nicht! Verdacht auf beidseitiger Spannungspneumothorax. Du alarmierst den Rtd der in 20 Minuten eintrifft.
In der Zeit bewirken auch Beruhigung, Lippenbremse... keine Verbesserung, sondern eine zunehmende Verschlechterung des Patientenzustandes. Er droht bewusstlos zu werden.
Man nehme nun mal an das die Diagnose Spannungspneumothorax gesichert ist und keine weiteren Lebensbedrohlichen Indikationen vorliegen - kein Polytrauma.
Jetzt hat man natürlich zwei Möglichkeiten:
- Liegen lassen, beruhigen um im schlimmsten Fall mit der Reanimation zu beginnen. Schon jetzt sind neurogene Schäden zu erwarten- sehr wahrscheinlicher Tod nach den 20 Minuten
- Nun hast du als Held natürlich einen spitzen Kugelschreiber in deiner Hosentasche ;). Sollte man in 3.4. Ic Mc zustechen? Eine nachfolgende Sepsis ist sehr wahrscheinlich zu erwarten, trotzdem natürlich besser als Hirntod durch Hypoxie. Ein "Durchstoß zur Lunge" ist wahrscheinlich, ABER: Man hat ja zwei Versuche ;)
Jetzt ein paar hypothetische Fragen:
Könnte man mit dem Kugelschreiber tatsächlich genügend Kraft aufbringen, um die Brust zu durchstoßen?
Welche anderen "Alltäglichen Dinge" Könnte man denn theoretisch anwenden?
Sollte man eher per Pleurapunktion oder per "Pleura-Drainage" (Strohhalm oder ähnliches einführen) versuchen Luft abzulassen?
Ihr seht, ich habe einige Fragen :). Bitte medizinisch Erklären!
Nachtrag: Bitte lasst diese "Das ist ein medizinischer Eingriff. Das solltest du nicht tun"- Antworten!
In der Realität würde ich über so etwas natürlich auch nie in Erwähnung ziehen. Mir ist durchaus bewusst das Notärzte keine Kugelschreiber zu Pleurapunktionen benutzen. Trotzdem interessiert mich, wie gesagt, die Theorie hinter dem Ganzen! Würde es denn THEORETISCH funktionieren?
7 Antworten
Theoretisch würde es funktionieren, ja. Letztendlich ist bei einem gesicherten Spannungspneu die Entlastung die richtige Therapie. Und die Entlastung kann mit jeder Form einer hohlen Röhre theoretisch erfolgreich durchgeführt werden, also auch einem Kugelschreiber.
Mal angenommen, es klappt und der Patient überlebt deswegen, muss man nicht mal rechtliche Konsequenzen fürchten, sofern es die einzige sinnvoll anzuwendende Maßnahme war. Denn dann greift der rechtfertigende Notstand - aber wie gesagt sieht dieser vor, dass eine weniger offensive Maßnahme keinen Erfolg gehabt hätte (Verhältnismäßigkeit) und dass man die Maßnahme auch sicher beherrscht....
Dennoch bin ich dankbar, dass du eine solche verzweifelte Maßnahme mit der notwendigen Skepsis siehst - eine Thoraxentlastungspunktion durch Laien oder gering qualifiziertes Personal ist, egal womit, angesichts der möglichen Komplikationen und der Unsicherheit bei der Diagnose niemals anzuraten.
Eine Schnappatmung tritt bei einer akuten Hypoxie des zentralen Nervensystems auf und ist Zeichen eines Herz- Kreislaufstillstandes!!!= umgehender Beginn mit den Maßnahmen der kardiopulmonalen Reanimation.
Zur Diagnose eines Spannungspneumothoraxes: Tachykardie und Hypotonie (andere Ursachen nicht erkennbar), zunehmende, massive Dyspnoe und ein einseitig stark abgeschwächtes oder fehlendes Atemgeräusch bei der Auskultation der Lunge im Seitenvergleich.
Zu deiner Fragestellung: ob der Kraftaufwand ausreichend wäre, vermutlich nicht, zumal es weniger um die Kraft geht (umso mehr Kraft, umso mehr wird gequetscht anstatt punktiert, unnötige Verletzungen umgehender Strukturen sind die Folge), deswegen, macht man das professionell mit einer speziellen Kanüle oder mit einem 14G Venenkatheter, das Problem dürfte aber auch im Durchmesser eines Kugelschreibers liegen, dieser ist schlichtweg zu dick, als dass er zwischen den Rippen hindurch passen würde, eine 14G Kanüle, hat einen Durchmesser von 2,2 Millimetern, ein gewöhnlicher Kugelschreiber hat hingegen locker Mal eben einen Durchmesser von einem Zentimeter und mehr. Selbst wenn er da durchpassen würde, würde man unvermeidbar die unterhalb jeder Rippe verlaufende Arterie, Vene und den Nerv verletzten. Sobald man den Pleuraspalt erreicht, wird man Luft entweichen hören, sofern tatsächlich ein Spannungspneumothorax vorgelegen hat und die Kreislaufsituation, wird sich verbessern.
Zum rechtlichen Teil, auch wenn du es erwähnt hast. Es handelt sich hierbei um einen invasiven (heilkundlichen) Eingriff, der approbierten Ärztinnen und Ärzten und Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern vorbehalten ist sowie um eine Körperverletzung. Du würdest gegen den Heilkundevorbehalt verstoßen und dich der Körperverletzung schuldig machen, damit eine invasive medizinische Maßnahme nicht als Körperverletzung strafbar ist, bedarf es nämlich der Indikation, der Aufklärung und der Einwilligung des Patienten sowie der fachgerechten Durchführung der Maßnahme. Selbst wenn man in der Lage ist, die Indikation zu stellen und der Patient in die Maßnahme einwilligt, mangelt es ohne entsprechende Ausbildung an der "fachgerechten Durchführung", mit einem Kugelschreiber, kann man sowieso unabhängig von der Qualifikation keinesweges von "fachgerecht" sprechen. Mfg.
NEIN!
EINFACH NUR NEIN!
Du weißt ja nicht mal, ob es wirklich ein Spannungspneu ist oder ob du durch das Reinstechen in den Brustkorb erst einen Pneumothorax setzt!
Und du weißt nicht wo du reinstechen müsstet. (Das hängt auch von der Ursache ab.)
Richtige Maßnahme: Den Patienten auf die verletzte Seite lagern, beruhigen, Wärmeerhalt und den Rettungsdienst rufen.
Wenn man nicht genau weiß was man tut, sollte man nicht riskieren den Patienten umzubringen.
Ob jemand stirbt oder nicht kann man auch nie wissen. Selbst Ärzte irren sich da bisweilen.
Tut mir leid @exxonvaldez, aber du hast meine Frage leider immer noch nicht beantwortet. Mir ist, wie gesagt, durchaus bewusst das so etwas in der Realität unvorstellbar wäre, aber ich rede von der Theorie!
Vllt. muss ich meine Frage präzisieren:
- Keine rechtlichen Konsequenzen
- Einweisung und Erfahrung in Pleuradrainagen
- Keine Kontraindikation
Kugelschreiber als Ersatz fürs ARS?
Da er schreibt er ist Einsatzsanitäter vermute ich das mindestens EEH B oder CFR A bei der Bundeswehr ist. Auf diesen Lehrgängen ist die Lungenfunktion nach Monaldi mit dem ARS Ausbildungsinhalt. Aber dort wird einem auch erklärt das man diese und weitere Techniken nur im Einsatz (im Ausland) anwenden darf.
Grundsätzlich kannst du alles mit allem ersetzen.
Ich erinnere mich an einen Fall, wo jemand einen Aquariumsschlauch oder so verwendet hat.
Ich bezweifel das man einen Kugelschreiber zwischen die 2. und 3. Rippe hindurch bekommt. Zudem wäre das Loch verglichen mit einer Nadel schon extrem groß was den Spannungspneumothorax noch verstärken könnte.
Ich bin nur EEH B daher meinen Beitrag bitte nicht als Antwort nehmen.
Abgesehen davon das ich die rechtlichen Konsequenzen don nicht kenne, ist ja auch och die Frage wie kam es zu dem Spannungspneumothorax ?
Zudem bezweifle ich das eine Lungenpunktion nach Monaldi mit einem Kugelschreiber funktioniert. Selbst bei dem ARS System überlegt man längere zu nutzen.
Innerhalb von Deutschland würde ich eher die Ursache für den Pneumothorax suchen und behandeln und auf den Rettungswagen warten.
Die Wand des Brustkorbs ist zu stabil, um da mit einem Kugelschreiber oder gar mit einem Strohhalm irgendwas auszurichten.
Verstehe ich vollkommen, würde ich in der Realität auch genau so tun.
Aber nun mal nur theoretisch gesehen, wenn man keine Kontraindikationen oder rechtliche Folgen hätte.
Sollte man den Patienten wirklich sterben lassen?