Sollte jeder Patient gleich behandelt werden?

4 Antworten

Das ist völlig okay. Zum einen darf sich jeder unternehmer (und dazu gehören auch niedergelassene Ärzte) seine Kundschaft aussuchen, zum anderen hat der privatversicherte nicht nur Vorteile. Seine bevorzugte Behandlung bedingt sich auch daher, das der pkv erstmal selbst zahlt. Was wiederum auch dem doc schneller Geld einbringt als einem gk-versicherten. Sozusagen schnellere Zahlung, schnellere Behandlung. Ausserdem zahlt der pk versicherte logischerweise auch mehr für die erbrachten Leistungen, als der gkv von der Kasse bezahlt bekommt..

Also kurz : die Premium Behandlung ist eine logische Folge für die eigenbemühung und Leistung des Patienten. Zahlt man viel, kriegt man viel.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Heilpraktiker mit Qualifik. In Osteopathie und Chiroprakti

Tiyatro372 
Fragesteller
 05.01.2021, 02:01

Das ist mir aber persönlich zuviel Kapitalistisch, ich wäre für die gleiche Behandlung für alle. Es geht immerhin um Gesundheit.

Krankheiten fragen einem nicht, wieviel man in der Geldbörse hat.

Das tut das Gesundheitssystem.

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Vinarion1  05.01.2021, 02:19
@Tiyatro372

Dummerweise leben wir aber in einem Kapitalismus. Und überhaupt ein gesundheitssystem zu haben, wie wir wir es in Deutschland kennen, ist nicht selbstverständlich. Und bis auf - im Verhältnis gesehen - ziemlich wenige Ausnahmen ist auch die eigentliche Behandlung für den Patienten gleich. Und auch der bestzahlende Privatpatient muss in der Notaufnahme warten, wenn grad ein dringenderer Notfall eintrudelt. Der größte unterschied besteht lediglich und hauptsächlich in Wartezeiten, was haus und facharztbesuche angeht. Und im allgemeinen nicht so dringende Sachen. Und in der Unterbringung im Krankenhaus. Wie gesagt, die Leistungen werden erstmal aus eigener Tasche gezahlt. Der patient kann hat also durchaus auch das Recht, nur die leistung in Anspruch zu nehmen, welche auch ein Kassenpatient bekommen würde. Er kann sich bei nem Knochenbruch halt entweder die standardschiene auswählen, oder eben die - salopp gesagt - super premium komfortschiene mit Merinowoll Auskleidung und vergoldeten Nieten. Beides bezahlt erstmal der patient. Im Notfall aber ist jeder Patient gleich.

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Ich habe einen Privatversicherten in der Familie, den ich teilweise ins Krankenhaus begleitet habe. Im gleichen Zeitraum habe ich auch einen gesetzlich Versicherten hin und wieder begleitet.

Der Privatversicherte hatte "nur" eine Private Zusatzversicherung mit Chefarztbehandlung und Zweibettzimmer.

Was war unterschiedlich?

Der Privatversicherte bekam das schönere Zimmer, es waren weniger Zimmer auf der Station, der Chefarzt kam halt persönlich und operierte auch persönlich, was bedeutete, wenn der Chefarzt nicht da war, wurde die OP ggf. verschoben. Außerdem hatte die Privatstation externe Kräfte zum Essenausteilen. Das bedeutete, wenn ein Patient nichts aß oder nur wenig, bekamen das die Pfleger gar nicht oder erst sehr spät mit. Zudem waren die Pfleger sehr beschäftigt, weil viele Patienten ständig wegen Kinkerlitzchen klingelten und auch kräftig meckerten (man hörte es den Flur herunter - "mein Kaffee ist von der falschen Marke" usw.). Letzendlich hatte mein Angehöriger von der "schönen Atmoshäre" - ein Zimmer war einem Hotelzimmer schon sehr ähnlich - mit großen Schmerzen im Bett nichts.

Auf der "Station für Normalsterbliche" hatte mein anderer Verwandter ein paar Nachteile. Er musste das Zimmer mit bis zu vier fremden Personen teilen, einige mussten auch auf dem Flur schlafen. Sein Essen war nicht ganz so gut. Es wurde aber von Pflegern gebracht, die also mitbekamen, wer etwas aß und wer was nicht vertrug und das weitergeben konnten. Die Zimmer und die Station(en) waren nicht so schön, teilweise fühlte man sich schon etwas "abgestellt". In einigen Zimmern blieb Privatsphäre Luxus, selbst als Besucher konnte ich teilweise mitbekommen, wie Menschen umgezogen wurden und dann kurz nackt oder halbnackt vor einem standen (man wurde nicht hinausgebeten und bekam es erst mit, als man zufällig in die falsche Richtung sah). Die Betten waren teilweise älter, was aber damit zusammenhängen konnte, dass das Krankenhaus stationsweise renoviert wurde. Es gab weniger Pfleger, so dass man länger warten musste nach dem Klingeln (extrem laut eigener Aussage: einen Pfleger für 40 Patienten in der Nacht, weil die Kollegen krank geworden waren und kein Ersatz organisiert werden konnte).

Ärzte waren auf beiden Stationen schwer zu fassen außerhalb der Visite.

Auf der Privatstation gab es einen Snackraum mit Kühlschrank, Snackautomat, Tischen, Stühlen. Auf der anderen Station gab es einen Tagesraum mit Zeitschriften. (Beides für Angehörige, die täglich und länger zu Besuch sind gar nicht so unwichtig, wenn der Patient gerade schläft oder versorgt wird).

Ja, der Zusatzversicherte wurde am Samstag operiert, aber da es sich um einen Notfall handelte, würde ich nicht ausschließen, dass der gesetzlich Versicherte die gleiche Gunst bekommen hätte.

Sonst konnte ich nichts Negatives für den gesetzlich Versicherten sehen.

Das Hauptproblem scheint mir der Facharzttermin beim niedergelassenen Arzt zu sein. Hier kann sich für den gesetzlich Versicherten ein echter Nachteil ergeben, wenn er jetzt gravierende Symptome hat, aber den Termin erst in 9 Monaten oder später bekommt.

Was ich mich auch frage: Wie viel Geld muss der Privatpatient auf der Bank haben, wenn er nacheinander mehrere Krankenhausaufenthalte hat? Mein Angehöriger hatte kein Onlinebanking und so brachten wir ihm die Rechnungen für die Überweisungen. Das waren von einem Krankenhausaufenthalt schon mal fast 20.000 € (Vorleistung, teilweise hat er das zurückerstattet bekommen meines Wissens). Kurz danach folgte aber der zweite Krankenhausaufenthalt. Wer kann sich das leisten? Wie kalkuliert man das? In beiden Fällen, gesetzlich wie privat versichert, ergaben sich relativ spontan unvorhergesehene Krankenhausaufenthalte, OPs, Kosten. Bei dem gesetzlich Versicherten kostete bspw. nur die OP 15.000 €, wie er wohl mal zufällig bei der Krankenkasse am Computer mitlesen konnte, dazu kam noch ein weiterer, ca. 6wöchiger Aufenthalt, Chemotherapie, diverse bildgebende Verfahren. Was macht man da als Privatversicherter, wenn einem mitten in der Behandlung das Geld ausgeht?

In beiden Fällen fiel uns auf, dass Ärzte und Pfleger im Krankenhaus streng getrennt sind, Pfleger keine Auskunft geben dürfen und man eigentlich ständig auf den Arzt wartet und nur spärliche Infos bekommt. Das war in keinem der beiden Fälle besser oder schlechter.

Beim Privatversicherten ist eigentlich vor allem das Drumherum - Umgebung, Bettwäsche, Bett, Essen, TV, Aufenthaltsraum - besser als beim gesetzlich Versicherten. Das, worauf es ankommt, die ärztliche Betreuung, war bei beiden gleich gut. Beim Privatversicherten lernten wir, dass man keine Hilfe bekommt, wenn man sich nicht kümmert. Wer also alleine und schüchtern ist, der wird evtl. entlassen, wenn er gar nicht weiß, wie er vom Auto zum Haus kommen soll. Ohne Intervention hätte es bei einem ca. 8wöchigen Aufenthalt dreimal eine Katastrophe gegeben, der Patient wäre in Situationen entlassen worden, mit denen er heillos überfordert gewesen wäre. Und vermutlich wäre er im konkreten Falle gestorben, weil er sich nicht getraut hätte, einen Tag nach der Entlassung erneut im Krankenhaus vorstellig zu werden.

Also das ganze System ist marode, aber Privatversicherte erleben es aus angenehmem Ambiente heraus.


Huflattich  05.01.2021, 11:38

Am besten gesund bleiben .

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Die Frage wäre nur, was ist die Alternative? Den medizinischen Standard auf das gesetzliche herunterschrauben? Wäre das nicht ein Rückschritt? Oder alle auf dem privaten Standard hochschrauben? Dann würden aber alle verpflichtend den privaten Beitrag bezahlen müssen, den sie jetzt schon nicht bezahlen wollen.

Das eigentliche Problem besteht darin, daß sich die privaten Versicherungen die Rosinen rauspicken und die gesetzlichen alle Kröten schlucken müssen. Deshalb gehören sie in ihrer heutigen Form abgeschafft und ausnahmslos alle Bürger in ein System nach dem Vorbild der gesetzlichen gezwungen. Wer sich darüber hinaus Zusatzversichern möchte, kann das dann gerne tun.


sarah3  27.12.2021, 21:32

NHS lässt grüssen, nein danke

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