Soll ich ohne handwerkliche Vorkenntnisse ein Maschinenbaustudium beginnen?

4 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo NameNochGesucht,

ich kann dir aus meiner eigenen Erfahrung im Maschinenbaustudium berichten, wie sehr handwerkliche Fähigkeiten im Maschinenbaustudium einzusetzen und gefordert sind.

Ehrlich gesagt gab es "in" meinem ganzen Studium nur eine einzige Gelegenheit, wo handwerklich Tätigkeiten auszuführen waren: und zwar beim Vorpraktikum. Dies ist gewöhnlicherweise aber auch vor dem eigentlichen Studium zu absolvieren. Hierbei sollen grundlegende praxisbezogene Kenntnisse erworben werden, die später Studieninhalte veranschaulichen und ein Bewusstsein für Tätigkeiten nach der eigentlichen Arbeit des Maschinenbauingenieurs schaffen können bzw. sollen. Da es sich hierbei aber "nur" um ein Praktikum handelt, dessen Bewertung (wenn es denn überhaupt eine gibt) nicht mit in die spätere Hochschulnote einfließt, brauchst du dir keine Sorgen machen, dass es anfangs etwas schwerfällig laufen könnte - man ist ja schließlich da, um zu lernen.

Dein restliches bzw. eigentliches Studium wird am Anschluss weitestgehend frei von handwerklichen anforderungen sein. So spielt auch die Beschreibung "Design und Simulation" ganz klar auf eine Sparte von Maschinenbau an: die virtuelle Produktentwicklung. Hierbei liegen die Haupttätigkeiten des späteren Ingenieurs maßgeblich in der Planung, der Konzeption, dem Entwurf (Design), der anschließenden Berechnung (Simulation) bis zur abschließenden virtuellen Ausarbeitung (Konstruktion) von Produkten. Die (darauffolgende) Fertigung selbst, wird nicht Teil deines maßgeblichen Aufgabenbereichs sein, wodurch handwerkliches Geschick gar nicht angewendet werden werden braucht; insofern wird dies - logischer- und konsequenterweise - auch keineswegs der Hauptfokus im Studium sein. Es werden viel mehr theoretische Aspekte behandelt werden, die durch spezielle Praktika und Übungen ergänzt werden werden, welche sich jedoch auch nicht fokussiert mit dem Handwerk per se auseinandersetzen werden.

Mit guten Kenntnissen in Mathe und Physik hast du meines Erachtens nach beste Voraussetzungen für einen technischen Studiengang wie Maschinenbau. Eine weitere äußerst hilfreiche Fähigkeit ist ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen, welches bei der Produktentwicklung sehr hilfreich ist.

Zusammenfassend würde ich persönlich also folgern, dass es keinen Grund gibt, sich nur aus (derzeit) geringen handwerklichen Fähigkeiten von einem Maschinenbaustudium abhalten zu lassen. Das Grundinteresse sowie die naturwissenschaftlichen Begabungen sprechen viel mehr dafür.

Insofern hoffe ich, dass ich deine Frage mit meiner Antwort gut beantworten und dir auch etwas Mut machen konnte. Wenn du weitere Fragen rund um das Studium hast, stehe ich dir im Kommentarbereich gerne für weitere Auskunft zur Verfügung. Liebe Grüße!

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

NameNochGesucht 
Beitragsersteller
 28.10.2020, 13:18

Wow! Das ist wirklich eine sehr hilfreiche Antwort, vielen Dank! Wenn ich fragen darf wo genau haste studiert? Auf einer Uni oder einer Hochschule?

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MetalMonkey  28.10.2020, 13:23
@NameNochGesucht

Freut, wenn es hilfreich war!

Ich persönliche habe an einer Universität studiert, in Erlangen. Ich glaube jedoch, dass grundlegende Inhalte in Bezug auf Maschinenbaustudiengänge sowohl an Universitäten als auch an Hochschulen sehr ähnlich sind, weshalb ich nicht befürchte, dass an Hochschulen anwendungsorientierte Praktika grundlegend anders ablaufen werden bzw. deutlich andere Vorkenntnisse notwendig sind.

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Eine gewisse handwerkliche Begabung und Erfahrung ist hilfreich, selbst wenn man nur Dinge am Computer designed. In der Produktion geht nämlich immer etwas schief und dann hilft es bei der Fehlersuche, den Unterschied zwischen Design und Ausführung zu kennen.

Wie man die Dimensionierung von Schrauben wählt, lässt sich natürlich aus Tabellen ablesen. Aber wer mal eine Schraube abgedreht hat um zu begreifen, was "nach fest kommt locker" bedeutet, hat Vorteile.

Kollegen aus dem Physikstudium haben die obligatorischen Chemie-Vorlesungen geschwänzt. Sie fielen dann später auf, als sie bei einem Versuch für ihre Doktorarbeit zunächst konzentrierte Salzsäure im Edelstahlgefäß deponiert haben und als die korrodierende Wirkung auffiel Wasser dazu löffelten. Das wurde dann ein Fall für die Feuerwehr, die den Schaden kostenpflichtig behoben hat.

Ein gewisses "Gespür" für das Material und die Bearbeitung ist also sicherlich hilfreich. Allerdings kann man auch viel erreichen ohne da besonders begabt zu sein: Eine Freundin von mir hat technische Informatik studiert und dabei auch selbst Computer zusammengelötet. Bei ihrem Umzug stand sie vor dem Schrank und fragte mich, woher ich wüsste, dass diese Schrauben gegen den Uhrzeigersinn aus dem Holz gedreht werden. Sie ist schnell ins Management aufgerückt.

Na sicher kann das was werden.

Viele Leute die anfangen Maschinen bau zu studieren haben vorher auch nicht groß geschraubt, da kenn ich selber welche von, die trotzdem gut sind.

Schrauben ist nicht schwer ich bin selbst nicht "begabt" habe viele fehler gemacht aber dadurch gelernt. Begabung gibt es garnicht nur harte arbeit und selbst lernen.

Wenn du bereit bist malso richtig beinull anzufangen und zu lernen kannst du es locker schaffen wenn deine Mathe und Physik Fähigkeiten so gut sind wie du sagst.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Ich denke nicht das eine handwerkliche Begabung notwendig ist, vor allem wenn du sagst es liegt bei dir nur an fehlender Anleitung, nicht an fehlendem Interesse. Du könntest ja auch niemals alle Bereiche abdecken die im Studium angeschnitten werden, dazu müsstest du ja Schlosser, Elektriker, Mechaniker usw. sein. Ich denke Interesse und die Fähigkeit zu hinterfragen wie etwas funktioniert hilft da mehr als jede Vorkenntnis.