Sind Kollateralen bei der Synapse nicht das selbe wie die Divergenz?

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Hi,

das eine ermöglicht das andere. Kollateralen sind anatomische Strukturen von Nervenzellen, nämlich Seitenäste, die aus einem Axon kommen und es auf diesem Wege verzweigen.

Divergenz ist ein Schaltprinzip neuronaler Netzwerke, im Unterschied zu Konvergenz.

Dazu hab ich mal eine kleine Skizze angehangen, die das verdeutlichen soll (s.u.). Die postsynaptische Seite ist coloriert.

Divergenz bedeutet, dass ein Neuron viele verschiedene postsynaptische Neurone beeinflussen kann. Der Informationsfluss erreicht unterschiedliche Neurone, er öffnet sich oder strebt auseinander, lat.: divergere auseinanderstreben. Das ist möglich durch Kollateralen, nämlich den Verzweigungen der Axone.

Konvergenz heißt, dass Signale präsynaptischer Neurone einem Neuron zugeführt werden und von diesem Neuron verrechnet werden. Hier laufen Informationen verschiedener Neurone an einem Neuron zusammen und werden von ihm integriert (Stichwort: räumliche und zeitliche Summation), bevor es an seinem eigenen Axon AP's generiert. Diese AP's sind eine Antwort auf den gesamten synaptischen Input, den es von anderen Neuronen erhält, lat. convergere: zusammenlaufen.

Auf diese Weise sind viele Kombinationsmöglichkeiten von Neuronen und eine komplexe Informationsverarbeitung möglich. Man verbrennt sich z.B. den Finger an einer Kerze, gleichzeitig startet ein Reflex, der den Finger wegzieht, ohne dass man darüber nachdenken müsste bzw. den Entschluss fassen müsste, "mmh.. ja... also es wäre ratsam den Finger dort wegzuziehen". Die Eigenständigkeit des Reflexes spart wertvolle Zeit. Das Empfinden von Schmerz "im Finger" ist auch bereits eine Gaukelei. Denn der Finger kann keinen Schmerz "empfinden". Das Gehirn empfängt die Information, dass da Dinge im Gang sind, die nicht gut sind (gewebeschädigend) und projiziert den Schmerz auf die Körperperipherie, wo diese Vorgänge ablaufen, nämlich "auf den Finger", so dass wir subjektiv denken, der Schmerz sei "in dem Finger" :S der ist da aber gar nicht drin. Da denkt man nur normalerweise gar nicht drüber nach, weil es "normal" ist, dass der Schmerz da drin ist, wenn es einen gibt.

Im somatosensorischen Cortex (Großhirnrinde) existiert eine "Karte", auf der jeder Ort der Peripherie einem bestimmten Hirnareal zugeordnet ist und diesen Ort also auf das Gehirn abbildet (das nennt man Homunculus bzw. Plural: Homunculi) vgl.: http://flexikon.doccheck.com/de/Homunculus Reizt man z.B. die Region "Fuß" auf dieser Gehirnkarte, denkt man es tut einem der Fuß weh, auch wenn er gar nicht weh tun sollte :O Es liegt auf der Hand, dass sich so etwas ohne komplexe Verschaltungen und Informationsverarbeitung kaum realisieren lässt. In der Großhirnrinde gibt es ca. 20 Milliarden Neurone :D na dann fröhliches verschalten... aber so scheint z.B. die Wahrnehmung unserer Umgebung möglich, wie wir sie empfinden können. Gruß, Cliff

 - (Technik, Technologie, Biologie)

Sisi335l 
Beitragsersteller
 02.01.2018, 22:52

Na, dass die Kollateralen die Voraussetzung für die Divergenz sind habe ich mir schon fast gedacht. Doppelt klar hält besser. Das Schmerzempfindungs - Beispiel hat mir zudem eine nun andere Sicht aufs Leben geschenkt, ist natürlich logisch, manchmal jedoch 'schwer' zu begreifen. So dass auch Einbildungen unseres Gehirns gravierende Folgen auf unseren Körper haben können, obwohl es wirklich nur Einbildungen in unseren Köpfen sind und manchmal einfach nicht real

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CliffBaxter  02.01.2018, 23:17

Ja doppelt gemoppelt :) Die Kollateralen sind wahrscheinlich nur da, weil dieses Verschaltungsprinzip zustandekommen sollte, "formgewordene Funktion", das sind oft Dinge, wo man ein paar Mal hinschauen muss und aus dem Staunen nicht wieder rauskommt. Ich las gerade noch einen Artikel über "Phantomschmerzen", dass man Berührung, Bewegung oder Schmerz von Gliedmaßen empfindet, die real gar nicht mehr existieren, weil sie durch Krankheit oder Unfall abhanden kamen. Da fliegt es nämlich auf, wenn man es so sagen darf, die Gliedmaßen sind zwar abhanden gekommen, aber die Areale auf der Karte im Gehirn, die den Körperteil repräsentieren, sind noch da, freilich ohne sonsorischen Input und kommen dann scheinbar "auf dumme Gedanken". Daran sieht man es nun eindeutig, dass das Gehirn uns einen vorschwindelt. Es ist Wahnsinn, wie es mit den Organen eins wird. Vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/Phantomschmerz Gruß

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Sisi335l 
Beitragsersteller
 03.01.2018, 18:17

Ja, dass ist wirklich total interessant :)

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