Siehst du ein Mitverschulden deinerseits bei deiner aktuellen Situation?
Hallo Sophie,
hinter dieser etwas provokant formulierten Frage verbirgt sich folgendes:
Abgesehen vom Bürgergeld scheinst du ja aufgrund deiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit keine weiteren Leistungen zu erhalten, ist das richtig?
Dass dies nun wahrlich kein Beispiel für "Bürgergeld trotz Arbeitsverweigerung" darstellt, sollte jedem denkenden Menschen klar sein. Insofern auch ein bisschen seltsam, dass du als tatsächlich Bedürftige nun hier zumindest teilweise als "Puffer" herhalten musst.
Was sagst du aber zu Menschen, die dir vorwerfen, nicht ausreichend privat vorgesorgt zu haben (z.B. durch eine Berufsunfähigkeits-/Dienstunfähigkeitsversicherung)? War ein solcher Abschluss aufgrund deines bereits vorigen Gesundheitszustands nicht möglich oder gab es andere Gründe für einen Nichtabschluss? Oder besitzt du eine solche Absicherung, jedoch nicht in ausreichender Höhe? Siehst du hier einen Anteil bei dir selbst oder würdest du sagen, dass dies ein unfairer Vorwurf wäre?
Ich wünsche dir alles Gute, weiterhin eine erfolgreiche Therapie und eine baldige Rückkehr "ins Leben" und in den Lehrberuf.
1 Antwort
Hi,
danke für deine Frage!
Erstmal: Ich nehme die Frage gar nicht als provokant wahr, sondern kann verstehen, wie sie zustande kommt. Dass ich nun, um es in deinen Worten zu sagen, als „Puffer“ herhalten muss, war meine persönliche Entscheidung. Ich habe mich selbst dafür entschieden, Rede und Antwort zu stehen, um eben genau mit diesen Vorurteilen einmal aufräumen zu können.
Nun zu deinen Fragen:
Dass ich nicht genügend privat vorgesorgt habe, ist richtig. Da liegt eine Teilschuld durchaus an mir. Ich war noch nie sonderlich begabt im Sparen und habe das durch Arbeit erworbene Geld ausgegeben, anstatt es mir für Fälle wie meinen aktuellen zur Seite zu legen. Des Weiteren habe ich mich nie mit einer BU befasst, da ich ja vom Studium direkt ins Bürgergeld gerutscht bin. Mein Gesundheitszustand war auch die Jahre davor immer mal wieder durchwachsen, aber nicht so, dass es mich sonderlich stark eingeschränkt hätte.
Insgesamt habe ich aber den Abschluss einer solchen Versicherung nicht als notwendig erachtet, sodass ich mich nicht weiter darum gekümmert habe. Hätte ja keiner ahnen können, dass ich mal so krank bin, dass ich Bürgergeld benötige. Vielleicht war ich in der Hinsicht auch ein bisschen naiv.
LG
Das fände ich sinnfrei, weil viele gar nicht in der Lage sind, privat vorzusorgen. Die zögen dann den Kürzeren.
Das mit der Versicherung der Eigenheime ist meines Erachtens ein ganz anderes Prinzip, das sollte nicht auf Sozialleistungen angewendet werden.
Da wird also deiner Meinung nach mit zweierlei Maß gemessen, aber es ist ein Unterschied, ob man in einem Hochwassergebiet wohnt und von der Möglichkeit der Überschwemmung weiß, oder ob man z. B. plötzlich krank wird.
Das fände ich sinnfrei, weil viele gar nicht in der Lage sind, privat vorzusorgen.
In der Tat ein relevanter Punkt, wobei viele auch gar nicht informiert sind.
aber es ist ein Unterschied, ob man in einem Hochwassergebiet wohnt und von der Möglichkeit der Überschwemmung weiß, oder ob man z. B. plötzlich krank wird.
Das ist in der Tat ein Unterschied. Allerdings gibt es für beide Ereignisse Statistiken und Wahrscheinlichkeiten. Die Wahrscheinlichkeit für eine dauernde Arbeitsunfähigkeit ist vergleichsweise hoch (jeder vierte wird im Laufe seines Lebens berufsunfähig, d.h. viele Leute spielen Lotto mit einer Gewinnchance von 1:140.000.000, sichern sich aber nicht ab gegen ein Risiko von 1:4).
Dass Leistungskürzungen aufgrund fehlender privater Vorsorge nicht realistisch sind, ist klar (schließlich behandeln wir auch Raucher auf Kosten aller im Krankenhaus), hier geht es ja auch eher um dir Frage, wie man das grundsätzlich persönlich betrachten würde.
Vielen Dank für deine Antwort.
Das ahnt wahrscheinlich niemand. Und dennoch passiert es, wie du leider am eigenen Leib erfahren musstest. Wie denkst du über eine Kürzung der Leistungen bei fehlender privater Vorsorge?
Mir ist dieser Gedanke im Rahmen der vielen Unwetter- und Hochwasserereignisse gekommen, die Deutschland in den letzten Jahren vermehrt heimsuchen. Denn hier gilt auch, dass man (grundsätzlich) keine Unterstützung erhält, wenn man sein durch Überschwemmung zerstörtes Gebäude nicht abgesichert hat (hier erwägt die Politik ja sogar mittlerweile eine verpflichtende Elementarschutzversicherung für Gebäude).
Wird da nicht mit zweierlei Maß gemessen (da ja die Möglichkeit bestanden hat, sich um eine private Vorsorge zu kümmern und erst einmal egal ist aus welchen Gründen man das nicht getan hat)?