Schwappt das die soziokulturelle/ethnografische und identitäre Bezeichnung "weiß" so langsam aus den USA nach DE?

Ja, tut es und es ist dumm 43%
Andere Meinung 29%
Nein, Deutsche übernehmen diese Denke nicht 21%
Ja tut es, und es ist schlau 7%

14 Stimmen

4 Antworten

In den USA ist das nicht so, 

Das ist auch sonst nirgends anders.

Es geht dabei um Ethnien und nicht um den Grad der Hellhäutigkeit. Es geht dabei quasi um den Europiden (engl. Caucasoid). Man spricht auch von "kaukasisch".

Zur Erklärung, in meinen Augen und wohl auch in denen vieler Deutscher ist jemand weiß, der eine helle Hautfarbe hat. 

Ich bezweifle dass das viele außer dir auch so sehen. Um ehrlich zu sein glaube ich sogar, dass es kaum Menschen gibt, die das so sehen. Auch nicht in Deutschland. Dementsprechend schwappt auch nichts hier herüber. Nicht aus den USA, oder dem Rest der Welt. 🙃

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Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Master in Psychologie - Schwerpunkt Kognitionspsychologie
 - (Gesundheit, Psychologie, Frauen)

OlliBjoern  25.05.2024, 15:33

Aber du weißt schon, dass dieses Bildchen einen Stand der Wissenschaften widerspiegelt, der heutzutage als veraltet gilt?

Damit konnte man vielleicht noch 1920 in der Wissenschaft reüssieren. Heute spricht man nicht mehr von "kaukasoid".

paradox1899  25.05.2024, 15:48
@OlliBjoern

Diese Einteilungen gelten als "veraltet", weil sie heutzutage gesellschaftlich abgelehnt werden und sich die moderne Wissenschaft dementsprechend anpasst. Das ändert jedoch nichts an der Wissenschaftligkeit solcher Klassifikationen.

Ist aber auch völlig irrelevant, da es mir lediglich darum ging den Fragesteller zu verdeutlichen, dass es bei dieser Einteilung nicht um die reine Helligkeit der Haut geht.

OlliBjoern  25.05.2024, 16:00
@paradox1899

Das ist anders. Die Wissenschaft arbeitet heute mit Haplogruppen, und das ist ein deutlich besserer Ansatz als der obige. Auch lehnt sie das alte System (wenn ich das mal so nennen darf) nicht aus gesellschaftlichen Gründen ab. Sondern aus biologischen. (Abgesehen davon ist es viel zu grob)

Ich habe mich damit einigermaßen lange beschäftigt.

Das alte System schafft es zum Beispiel nicht zu erklären, warum manchmal (innerhalb desselben Volkes) Männer und Frauen tendenziell unterschiedliche Abstammungen haben (bei den Isländern wurde das so nachgewiesen, die Männer haben meist eine skandinavische Abstammung, die Frauen öfter eine britisch-inselkeltische Abstammung aus Irland oder Schottland).

Heutzutage kann man das erklären, man trennt Y-DNA-Haplogruppen (bei Männern) von den mt-DNA-Haplogruppen (die Mitochondrien-DNA wird über die weibliche Linie vererbt).

Haplo-Y-Europa - Haplogruppe – Wikipedia

Übrigens weiß man heute, dass die größten genetischen Differenzen innerhalb von Afrika liegen (z.B. zwischen San und Niger-Kongo), die Hautfarbe ist kein sehr relevantes Unterscheidungskriterium.

Andere Meinung

Naja, aber daran erkennt man ja, dass es weitgehend blödsinnig ist, die Menschheit anhand der Hautfarben einzuteilen. Was andere Deutsche nun darüber denken oder was sie übernehmen oder nicht, liegt nicht in meiner Verantwortung.

Wissenschaftlich gesehen gibt es keine klar abgrenzbaren "weißen" Menschen.
Das ist nur eine umgangssprachliche und wissenschaftlich bedeutungslose Vereinfachung. Weder sind Hautfarben das einzige Merkmal, das genetisch bedingt unterschiedlich sein kann, noch sind sie klar abgrenzbar (da es beliebige Übergangsfarben gibt). Sie sind nicht mal lebenslang konstant - und sind auch innerhalb einer Ethnie nicht immer einheitlich.

Spanier werden auch in den USA als Weiße gesehen. Die sogenannten Hispanics kommen nicht aus Spanien, sondern aus Süd- und Mittelamerika. Die werden in den USA tatsächlich nicht als Weiße gesehen.

Die ganze Denkweise ist ziemlich beknackt.


Avatarez2 
Beitragsersteller
 25.05.2024, 17:47

Ist sie und wenig intuitiv/logisch.

Andere Meinung

„In den USA ist das nicht so, dort ist "weiß" eine eingeschriebene, definierte, sehr umgrenzte Bevölkerungsgruppe, meistens sind es nur Nord bis Mitteleuropäer, also Deutsche, Briten, Norweger aber auch Slawen.“

 Das dachte ich früher auch, stimmt aber schon lange nicht mehr. Laut USTM Census Bureau von 2010:

 “White” refers to a person having origins in any of the original peoples of Europe, the Middle East, or North Africa. It includes people who indicated their race(s) as “White” or reported entries such as Irish, German, Italian, Lebanese, Arab, Moroccan, or Caucasian.

 So die formalen Regelungen in den USA und so auch mittlerweile der allgemeine Sprachgebrauch dort drüben. Komischerweise gelten dort also Marokkaner als „Weiße“, Inder aber nicht. Somit ist der Begriff „white“ in den USA weiter gefaßt als europäisch, aber enger als caucasian (dt. „europid“). Und nun das eigentlich Merkwürdige, weshalb mir die Frage des Fragestellers durchaus berechtigt erscheint: Spanier werden ebenfalls nicht der weißen Gruppe zugeordnet, sondern zusammen mit Mexikanern, Puerto Ricanern, Chilenen usw. in ein Topf geworfen!

Also Italiener und Neugriechen sind Weiße, Spanier aber nicht!

 Wikipedia schreibt dazu:

It is difficult to track ancestry from Spain in Whites alone since people of Spanish descent are Hispanic and though the census does track Hispanics' national origin, it does not classify it by race.

 Spanischstämmige werden in den USA also offiziell unter dem ethnokulturellen Begriff „Hispanics“ subsumiert, obgleich sie der Rasse nach eigentlich genauso Weiße sind wie z. B. Italiener.

Noch verwirrender wird das Ganze, wenn das USTM Census Bureau definiert:

 The terms “Hispanic or Latino” and “Hispanic” are used interchangeably in this report.

 Spanier gelten also ebenso als „Latinos“ wie Mexikaner und Chilenen, Italiener aber nicht! Das bedeutet also: Der amerikanische Begriff Latino kann NICHT mit dem deutschen Lateiner übersetzt werden, das sich auf Angehörige eines „lateinsprachigen“ (romanischen) Volkes bezieht. Wenn man in Deutschland und Frankreich im 19. Jh. von einer „lateinischen Rasse“ sprach (heute würde man eher „Gräcoromanen“ sagen, also die Neugriechen noch mit hinzu nehmen), so waren damit Franzosen und Südeuropäer, aber eben nicht die gemischtrassigen Südamerikaner gemeint.

Die Spanier selbst hatten für feinere Rassenunterscheidungen bereits im 17. Jh. ein kompliziertes System der Bezeichnungen für verschiedene Mischlinge, das System der Castas - also „Kasten“, faktisch waren damit aber Rassen gemeint, ähnlich wie bei den antiken arischen Indern die „Varnas“ („Farben“). Diesem System verdanken wir die Begriffe Mestize (span. mestizo) für einen Mischling aus Spanier und Indio, Mulatte (span. mulato) für einen Mischling aus Spanier und Schwarzafrikaner und viele weiteren entsprechenden Begriffe je nach Art der beteiligten Rassen und Grad der Mischung (z. B. morisco, lobo, albarazado usw.) Die Spanier haben die rassischen Verhältnisse in ihren Kolonien genau beobachtet und dokumentiert.

Nicht so die Yankees (US-Amerikaner). Hier herrscht typisch US-amerikanisches Chaos, herrscht historisch gewachsene Willkür und Wirrnis in den Bezeichnungen und die US-Amerikaner sind sich meist selbst nicht ganz klar darüber, wer denn eigentlich „weiß“ ist bzw. als „weiß“ gilt.

Ähnlich wie die Italiener werden auch die Portugiesen nicht als „Hispanics“ gezählt, sondern als „Whites“ und ebenso portugiesischstämmige Brasilianer. Es gibt da zwar die Bezeichnung „Iberian American“ für US-Amerikaner portugiesischer oder spanischer Abstammung, diese wird aber von Behörden nicht verwendet. Hier sind es entweder „Weiße“ (Portugiesen) oder „Hispanics“ (Spanier).

Dieser Unsinn beruht natürlich darauf, daß das ganze Bezeichnungssystem im Laufe der Geschichte entstanden ist und nicht von Anfang an mit vollem Überblick über alle möglichen Einwanderungsgruppen theoretisch konstruiert wurde. Man sollte es doch endlich einmal gründlich erneuern! Allerdings sind die US-Amerikaner in solchen Fragen meist eigenartig konservativ bzw. zäh am einmal historisch Gewachsenen festhaltend. Ich fürchte fast, ehe man dieses eingefahrene unlogische System einmal überarbeitet, wird es ganz und gar durch ein Nicht-System im Sinne der heute im Westen länderübergreifend herrschenden „antirassistischen“ bzw. rasseleugnenden Ideologie („es gibt nur eine Rasse, nämlich Mensch“) ersetzt werden. Aber das wäre ein anderes Thema. –

 Um nun die Herkunft des Begriffs der „Weißen“ oder auch der „weißen Rasse“ erläutern zu können, muß ich etwas ausholen. Er hat nämlich eine lange Geschichte. Entstanden ist der Begriff im England des 18. Jahrhunderts. Die Engländer haben sich mit diesem Begriff von farbigen Völkern abgrenzen wollen, auf die sie als Welt-Entdecker und Imperialisten häufiger trafen als dies andere Europäer taten. Bald aber wurde er sehr exklusiv verwendet und selbst Spanier, Deutsche, Schweden oder Russen wurden nicht als „Weiße“ angesehen. Nur Briten. Manche englische Aristokraten mit Stolz auf ihr normannisches Blut wollten gar nur die Oberschichten in England (gentry) als „weiß“ betrachten und die dunkleren Briten (z. B. Waliser, schottische Highlander, englisches Proletariat) sowie die Iren nur als „dirty white“, also als „schmutzige Weiße“. Dieser Begriff wurde von den Yankees gegen Ende des 19. Jh. für Ost- und Südeuropäer verwendet und diente noch in den 1920ern amerikanischen Rasse-Experten wie Prof. Madison Grant dazu, erwünschte eigentlich „weiße“ Migration, vor allem aus Großbritannien, aber auch den Niederlanden, Frankreich, Deutschland oder Skandinavien, von „schmutzig-weißen“ Polen, Russen, Albanern, Italienern oder Neugriechen abzugrenzen.

Die Angelsachsen haben trotz allem arroganten nationalen Snobismus den Begriff der „weißen Rasse“ gegen Ende des 19. Jh. zumindest auf Niederländer, Norddeutsche und Skandinavier und sogar auf die so verachteten Iren ausgedehnt: Letzteren galten fortan zwar als Weiße, als Menschen im eigentlichen Sinne aber immer noch nicht. Interessant wohl auch im Zusammenhang mit der Frage um die Iberier: Das angeblich Minderwertige der Iren wurde mit deren iberischen Ursprüngen in Zusammenhang gebracht, wie diese Darstellung aus einem britischen Lehrbuch des 19. Jh. illustriert:

https://cdn.theatlantic.com/media/mt/tanehisicoates/Scientific_racism_irish.jpg

 Heutige offizielle Studien hingegen zeigen, daß die Briten (mit Ausnahme der Römer, germanischen Angelsachsen, Wikinger und Normannen) mit den Iren vor allem gemeinsame iberische Ursprünge haben:

https://www.nytimes.com/2007/03/05/science/05cnd-brits.html

https://owlcation.com/stem/Irish-Blood-Genetic-Identity

 Jedenfalls stammt der auf den britischen Inseln häufige schwarzhaarige Typus (Waliser, westliche Iren, Highlander, heute auch sehr viele Engländer usw.) ursprünglich von Iberien ab, hat also selbst mit den Ureinwohnern des heutigen Spaniens und Portugals einen gemeinsamen Ursprung.

Aber ich schweife ab! Im 19. Jh. wurde der Begriff der „weißen Rasse“ auch im kontinentalen Europa aufgegriffen. Da in Ländern wie Frankreich, Italien oder auch Deutschland aber die eigentliche Rassenanthropologie weiter entwickelt war als in England, auf dem Festland also früher ernsthaft über Unterschiede zwischen „teutonischer“ („germanischer“, später „nordischer“), „keltischer“ („alpiner“, später „ostischer“) und „lateinischer“ („mediterraner“, später „westischer“) Rasse sowie möglichen weiteren Rassen- oder Subrassen diskutiert wurde und tausende Bücher zu dem Thema entstanden, hat sich der gröbere angelsächsische Begriff der „weißen Rasse“ nur mühsam in den allgemeinen Sprachgebrauch vorarbeiten können. Dennoch wurde er schon im 19. Jh. verwendet und zwar in einer ausgeweiteten Definition, die alle Europäer und europäischstämmigen Menschen in Übersee mit inkludierte. So schrieb Prof. von Hellwald 1883 in seinem geographischen Hausbuch über Die Erde und ihre Völker beispielsweise auf S. 194 über die Chilenen:

 Ganz auffallend ist das außerordentliche Gedeihen der weißen, unvermischten Rasse in Chile (…)

 Der Begriff der „weißen Rasse“ also von einem österreichischen Gelehrten im Jahre 1883 auf spanischstämmige Einwohner Chiles angewandt! In Prof. von Hellwalds dickem Werk wird dieser Begriff durchwegs auf alle Europäer und deren Abkömmlinge in der Neuen Welt angewandt. Das war also schon recht normal im deutschsprachigen Raum dieser Zeit und so wird bei uns dieser Begriff ja auch heute noch von den meisten Leuten verstanden.

Einige wollen den Begriff „weiß“ gar auf „europid“ ausgeweitet wissen, also damit gleichsetzen. Demnach wären dann auch Inder, Araber, Türken usw. „Weiße“. Diese Ausweitung hat sich aber wieder in Europa noch in der Anglowelt durchgesetzt. In den USA wird der weitere Rassenbegriff „caucasian“ für „europid“ vom engeren Begriff „white“ unterschieden. 

Das Grundproblem mit dem Begriff der „hispanischen“ Spanier nach den US-Bezeichnungen liegt darin, daß hier bei der Bezeichnung verschiedener Abstammungsgruppen einmal ein genuin rassenanthropologischer Terminus, nämlich „whites“ (für Europäer und von diesen Abstammende), dann aber ein soziokultureller Terminus, nämlich „hispanics“, verwendet werden. Also eine unzulässige Vermischung der Kategorien! „Hispanics“ könnte man besser „Anglogermanics“ (Englischsprachige sowie Nord- und Mitteleuropäer) gegenüberstellen in einer soziokulturellen Kategorie oder umgekehrt zwischen „Whites“ und „Mediterranean Mixed Peoples“ (als grober Oberbegriff für europäische Südländer sowie gemischtrassige Lateinamerikaner) in einer rassischen Kategorie. (Oder in Bezug auf rassische Kategorien auch alle Europäer einschließlich der Romanen als „Whites“ handhaben wie dies in Europa üblich ist und diesen die „Latinos“ gegenüberstellen, also die Menschen der Mischlingsvölker Lateinamerikas.) Oder eben jeweils beide Begriffe grundsätzlich neu überdenken und dem Stand der Wissenschaft bzw. des politisch Sinnvollen anpassen.