Relativitäts Theorie?


10.05.2023, 16:38

Dadurch dass beide Objekte in die entgegen gesetzte Richtung fliegen, sollten sich die relative Geschwindigkeit doch addieren auf 1,5 fache Lichtgeschwindigkeit und dass sollte doch nicht mehr möglich sein. Aber ein einzelnes Objekt kann ja trotzdem theoretisch die 3/4 Lichtgeschwindigkeit haben, aber eben relativ zu dem anderen Objekt hätte es eine 1,5 fache.

8 Antworten

Von Experte Ralph1952 bestätigt

Hallo theOne736,

die kurze Antwort auf Deine Frage...

Können sich zwei Objekte mit jeweils 3/4 Lichtgeschwindigkeit in entgegen gesetzter Richtung bewegen?

...lautet "ja". Es ist übrigens üblich, für die Lichtgeschwindigkeit einfach c zu schreiben, hier also "¾c".

Von einem Bezugskörper (wie der Name sagt, ist das ein Körper, auf den wir Orte und Fortbewegung beziehen) B aus betrachtet bewegen sich zwei andere, B' und B", mit den Geschwindigkeiten v›₁ und v›₂. Ein von B aus definierten Koordinatensystem Σ wollen wir uns der Einfachheit halber so ausgerichtet denken, dass

v›₁ = (¾c; 0; 0)

und

v›₂ = (−¾c; 0; 0)

ist. Der Kürze halber lassen wir die y- und z- Komponente weg (1D- Geschwindigkeit): v₁ = ¾c, v₂ = −¾c.

Dadurch dass beide Objekte in die entgegen gesetzte Richtung fliegen, sollten sich die relative Geschwindigkeit doch addieren auf [1,5c]...

Das ist in der Tat der Betrag der Differenzgeschwindigkeit

(1) v₂ − v₁ = −¾c − ¾c = −3⁄2∙c

von B' und B" in Σ. Differenzgeschwindigkeiten können maximal 2c betragen.

Die Relativgeschwindigkeit von B" relativ zu B' aber ist seine Geschwindigkeit in einem Ruhesystem Σ' von B'. Nur im NEWTONschen Grenzfall kleiner Geschwindigkeitsbeträge ist das annähernd dasselbe. Allgemein ist nach der Speziellen Relativitätstheorie (SRT)

(2.1) v'₂ = (v₂ − v₁)/(1 − v₁v₂⁄c²)

und mit o.g. Werten

(2.2) v'₂ = −3⁄2∙c/(1 + 9⁄16) = −3⁄2∙16⁄25∙c = 24⁄25∙c,

d.h. B" bewegt sich relativ zu B' mit "nur" 0,96c.

Um zu meiner eigenen Zufriedenheit zu erklären, warum das so ist, muss ich etwas ausholen:

Die Raumzeit

GALILEIs Relativitätsprinzip (RP): Statt B kann man ebensogut B' zum Bezugskörper erklären; in Σ' wird B als einen mit v'₀ = −v₁ (gleichesTempo, entgegengesetzte Richtung) bewegt beschrieben.

Zwei Ereignisse, die in Σ nacheinander am selben Ort geschehen, gleichortig sind, geschehen also in Σ' an zwei Orten, die um v₁Δt' voneinander entfernt sind; Δt' ist der Zeitabstand in Σ'.

Das ist Grund genug dafür, dass es den Raum für sich nicht gibt. Vielmehr gibt es die Raumzeit, eine sog. Mannigfaltigkeit (mehrdimensionale Verallgemeinerung einer Fläche) deren Punkte ("Orte") Ereignisse sind und die sich je nach Bezugskörper unterschiedlich in Zeit und Raum zerlegen lässt.

Räumliche Punkte, z.B. die Schwerpunkte von Körpern, werden in der Raumzeit zu Linien, entlang derer Zeit gemessen wird; sie heißen die Weltlinien (WL) der Körper. Unterliegt ein Körper keinen Kräften, heißt er inertial und seine WL ist eine Gerade – die Zeitachse des von ihm aus definierten Koordinatensystems. So wie B, B' und B" in unserem Beispiel.

Um das in einer Zeichnung veranschaulichen zu können, lässt man (mindestens) eine räumliche Dimension weg und ersetzt sie durch die Zeit. Eine räumliche Strecke ist dann Δs› = (Δx; Δy) mit dem Betrag

(3) Δs = √{Δx² + Δy²}

(Satz des PYTHAGORAS). Die Geschwindigkeit v› eines zweiten Körpers lässt sich als Neigung Δs›⁄Δt seiner WL gegen die WL von B beschreiben.

Wenn die Geschwindigkeit nur in x-Richtung ist, kann man auch v = Δx⁄Δt schreiben, was immer noch positiv oder negativ sein kann.

Räumliche Analogie

Stell Dir eine Gerade g in z- Richtung vor; eine zweite Gerade g° ist in x-Richtung um n₁ = Δx₁⁄Δz gegen g geneigt.

Nun gibt es aber noch eine weitere Größe, die Neigung beschreibt: Den Neigungswinkel

(4.1) θ₁ = arctan(n₁) = arctan(Δx₁⁄Δz);

es ist also

(4.2) n₁ = Δx₁⁄Δz = tan(θ).

Eine dritte Gerade g°° ist gegen g um Δx₂⁄Δz = n₂, also um den Neigungswinkel θ₂. Nun sind es die Neigungswinkel, die sich addieren bzw. subtrahieren. Der Neigungswinkel von g°° gegen g° ist also

(5.1) θ°₂ = θ₂ − θ₁.

Die Neigung n°₂ von g°° gegen g° ist

(5.2) n°₂ = (n₂ − n₁)/(1 + n₁n₂)

denn das ist das Additionstheorem für den Tangens.

Wie sieht das in der Raumzeit aus?

Wie in einer Mannigfaltigkeit eine Art Neigungswinkel definieren kann, hängt von ihrer sog. Metrik ab, der Art, wie in ihr Abstände definiert sind. Im Raum liefert der – notfalls zweimal angewandte Satz des PYTHAGORAS (s. Gleichung (3)) die Antwort.

In der Raumzeit gibt es natürlich zweierlei Abstände, und zwar zwischen je zwei Ereignissen:

  • Sie heißen zeitartig getrennt, wenn es ein Koordinatensystem gibt, in dem beide am selben Ort nacheinander stattfinden, also "gleichortig" sind. In diesem Fall ist der Abstand die Eigenzeit Δτ, die von einer lokalen Uhr Ώ direkt gemessene Zeitspanne zwischen ihnen.
  • Sie heißen raumartig getrennt, wenn es ein Koordinatensystem gibt, in dem sie – an verschiedenen Orten – gleichzeitig stattfinden. Nur dann ist der Gleichzeitigkeitsabstand Δς, ihr räumlicher Abstand in diesem Koordinatensystem.

In der NEWTONschen Mechanik (NM) ist Zeit vom Koordinatensystem unabhängig, d.h., die von z.B. B aus ermittelte Zeitspanne Δt zwischen denselben Ereignissen, die B- Koordinatenzeit, ist gleich Δτ, und wenn zwei Ereignisse in einem Koordinatensystem gleichzeitig sind, sind sie es in jedem. Δς ist in dem Falle einfach der räumliche Abstand

(6) Δs = √{Δx² + Δy² + Δz²}.

Die Umrechnung zwischen zwei Koordinatensystemen heißt GALILEI- Transformation und ist geometrisch betrachtet eine raumzeitliche Scherung. Unter diesen Umständen gibt es zwischen Neigung (= Geschwindigkeit) und Neigungswinkel keinen Unterschied.

Die NM ist aber nur als v<<c- Näherung der Speziellen Relativitätstheorie (SRT) gültig, und die basiert darauf, dass nicht Zeitspannen, sondern die Lichtgeschwindigkeit c von Koordinatensystemen unabhängig sein muss. Das führt dazu, dass nicht nur die Gleichortigkeit zeitartig getrennter Ereignisse, sondern auch die Gleichzeitigkeit raumartig getrennter Ereignisse von der Wahl des Bezugssystems abhängt.

Nach EINSTEINs früherem Mathematikprofessor MINKOWSKI ist der Gleichzeitigkeitsabstand allgemein durch

(7.1) Δς = √{Δs² − c²Δt²} = √{Δs'² − c²Δt'²} = √{Δs"² − c²Δt"²}

gegeben. Bei zeitartig getrennten Ereignissen ist die Eigenzeit durch einen ganz ähnlichen Ausdruck gegeben:

(7.2) Δτ = √{Δt² − Δs²⁄c²} = √{Δt'² − Δs'²⁄c²} = √{Δt"² − Δs"²⁄c²}

Den Grenzfall zwischen zeit- und raumartig stellen lichtartig getrennte Ereignisse dar, bei denen Δs = cΔt, Δs' = cΔt' und Δs" = cΔt" u.s.w. ist.

Die Umrechnung zwischen zwei Koordinatensystemen in der SRT heißt LORENTZ- Transformation und ist geometrisch betrachtet eine hyperbolische Drehung, d.h., Punkte, die vom Ursprung gleich weit entfernt sind, liegen auf einer Art Hyperboloid statt auf einer Sphäre. Die Rolle eines Neigungswinkels nimmt die Rapidität

(8) ζ = artanh(v⁄c)

ein, und (2.1) ist das Additionstheorem des Tangens Hyperbolicus.

Bild zum Beitrag

Eine Fläche in Raum, Raumzeit (NM) und Raumzeit (SRT) im Vergleich.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – + Auseinandersetzung mit Gegnern der RT
 - (Physik, Universum, Licht)

Von einem außenstehenden Beobachter aus gesehen kann sich sehr wohl ein Objekt mit 75% c (Lichtgeschwindigkeit) nach links und ein anderes Objekt mit 75% c nach rechts bewegen, sodass sich von ihm aus gesehen der Abstand zwischen den Objekten mit 150% c vergrössert. Die einzelnen Objekt bewegen sich aber nie schneller als mit c relativ zum außenstehenden Beobachter.

Von einem der Objekte aus gesehen, kann sich das andere Objekt jedoch nicht schneller als mit c wegbewegen. Von ihnen aus gesehen vergrößert sich der Abstand nicht mit 150% c, sondern nur mit 96% c.

Das ist so, weil die Lichtgeschwindigkeit absolut ist und sich die relativen Größen Raum und Zeit entsprechend anpassen (vergl. Relativitätstheorie). Während die Raumzeit im eigenen Bezugssystem normal erscheint, erscheint sie in anderen, relativ zu einem selber bewegten Systemen verzerrt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Relativistisches_Additionstheorem_f%C3%BCr_Geschwindigkeiten

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Ralph1952  10.05.2023, 20:15

Ergänzung: c ist nicht nur absolut, sondern kann auch nicht überschritten werden bzw. ist für Masse nur annäherungsweise erreichbar, da der Energiebedarf gegen unendlich tendiert. Darum sind 150% c unmöglich bzw. verzerrt sich die Raumzeit entsprechend.

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SlowPhil  11.05.2023, 18:24

Von Verzerrung würde ich im Zusammenhang mit der SRT ungern reden, sonst kommt noch jemand dazu, hier schon von "Krümmung" zu sprechen (ist mir schon passiert, von Seiten eines Menschen mit Physikdiplom).

Letztlich sind die Dinge, die "sich verändern", Koordinatendifferenzen; es sollte niemanden wundern, dass sich Koordinatendifferenzen ändern, wenn man in ein anderes Koordinatensystem umrechnet.

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Ralph1952  11.05.2023, 20:08
@SlowPhil

Die Verzerrungen darf man sich natürlich nicht zu bildlich vorstellen, sondern sind eher mathematisch zu verstehen, indem der Wert c aus Weg durch Zeit in jedem Fall gleich bleibt bzw. absolut ist.

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Ja. In der "klassischen Physik" würde man zwar meinen, dass sich diese Objekte relative zu einander mit "Überlichtgeschwindigkeit" bewegen, die spezielle Relativitätstheorie zeigt, dass dies nicht der Fall ist.

Dazu verwendet man eine relativistische Geschwindigkeitsaddition:



Wobei hier v1 und v2 die zu addierenden Geschwindigkeiten und w die resultierende Gesamtgeschwindigkeit ist:



Aus der Sicht von einem Teilchen, bewegt sich das andere also mit etwa 96% der Lichtgeschwindigkeit.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Bachelor of Science in Earth and Climate Sciences

Ja , sie können sich mit je 3/4 der Lichtgeschwindigkeit voneinander entfernen.

Und ja, sie entfernen sich dann voneinander relativ mit 1,5 c

Stell dir 3 Planeten vor ( A B C )

A und C sind jeweils ein 3/4 Lichtjahr von B entfernt.

Nehmen wir ,der einfachheithalber, an sie können von B direkt mit 3/4 Lichtgeschwindigkeit starten.

Eines Richtung A und eines Richtung C .

Nach 1 Jahr Reisezeit kommen sie also bei A und C an.

Nach diesem Jahr sind sie also 1,5 Lichtjahre voneinander entfernt und haben sich relativ gesehen mit 1,5 c voneinander entfernt.


SlowPhil  11.05.2023, 19:05

Das ist alles richtig, da Differenzgeschwindigkeiten bis zu 2c betragen können. Es bezieht sich allerdings nicht auf die Relativgeschwindigkeit eines der Reisenden relativ zum anderen, wenn man diesen als ruhend betrachtet.

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Galileische Geschwindigkeitssuperposition funktioniert nur bei Geschwindigkeiten, die klein gegen die Lichtgeschwindigkeit sind. Der dritte Beobachter, der die beiden Objekte vorbeifliegen sieht, sieht das zwar so, aber die Objekte nicht - jedes sieht das andere mit Unterlichtgeschwindigkeit entgegenkommen.

Die sogenannte Lichtgeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit, mit der Realität sich ausbreitet. Nichts was Ruhemasse* hat kann diese Geschwindigkeit erreichen, und nur weil Photonen keine Ruhemasse haben, haben sie diese Geschwindigkeit, daher der Name.

Der Name kommt auch daher, dass man früher glaubte, das Licht brauche ein Medium, in dem sich elektromagnetische Wellen ausbreiten (so wie Schallwellen in Luft), den sog. Äther. Die Frage, woran dieser Äther räumlich festgemacht sei, führte zum Michelson-Morley Experiment, bei dem eigentlich erwartet wurde, dass mit der Geschwindigkeit der Erde durch den Äther unterschiedliche Geschwindigkeiten des Lichts in unterschiedliche Richtungen gemessen würden. Überraschung: kein Unterschied, also kein Äther (es sei denn er würde zufällig ausgerechnet an der Erde festgemacht sein). Daraus geht nicht nur hervor, dass es keinen Äther gibt, sondern dass diese Geschwindigkeit eine in allen Inertialsystemen gleiche Naturkonstante und damit nicht überholbar ist, denn wenn man versucht den Strahl einer Taschenlampe mit dem Auto zu überholen, ist er relativ zum Auto genauso schnell wie relativ zur Taschenlampe.

Erst hier setzt die spezielle Relativitätstheorie an, die mit recht einfacher Mathematik (Lorentz-Transformationen) darlegt, was das für Auswirkungen auf Zeiten und Längen (und auch die kinetische Energie*) in bewegten Systemen hat.

*) Kinetische Energie von Objekten mit Ruhemasse enthält einen Term der Lorentz-Transformation wie Zeiten und Längen. Wenn man ein Fahrzeug in die Nähe der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt, geht mit wachsender Geschwindigkeit ein immer größerer Anteil der zugeführten Energie in immer weniger Geschwindigkeitszuwachs und lässt für den äußeren Beobachter das Fahrzeug immer träger erscheinen - die Lichtgeschwindigkeit wird nie erreicht.