platons seelenlehre

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Platons Seelenlehre ist die von ihm vertretene Auffassung über die Seelen, ihren Aufbau, ihr Beschaffenheit und ihre Leistunggen.

Platon hält die Seele für unsterblich (Phaidon) bzw. zumindest ihren vernünftigen Teil.

Im Dialog Phaidros (246 a. 256 e) steht ein Gleichnis

Lernen und Erkenntnis beruht nach ihm auf einer Wiedererinnerung (Anamnesis; griechisch: ἀνάμνησις)  der Seele (Menon). Etwas, was der Möglichkeit aufgrund von Denkkriterien der Vernunft vorhanden ist, wird zur Wirklichkeit gebracht.

Platon unterscheidet drei Seelenteile als Arten der seelischen Ausrichtung/seelische Strebeformen:

1) das Vernünftige (τὸ λογιστικόν)

2) das sich Ereifernde (τὸ θυμοειδές)

3) das Begehrende (τὸ ἐπιθυμητικόν)

Die vier Haupttugenden sind nach Platon Besonnenheit (σωφροσύνη), Tapferkeit (ανδρεία), Weisheit (σοφία) und Gerechtigkeit (δικαιοσύνη). In einer Verbindung mit einer Seelenlehre/Psychologie sind diese Tugenden mit Seelenteilen/Strebeformen jeweils auf besondere Weise verbunden (auch wenn sie alle Vernunft voraussetzen): Die Besonnenheit mit einer Kontrolle über das Begehrende (τὸ ἐπιθυμητικόν), die Tapferkeit mit dem Muthaften/sich Ereifernden (τὸ θυμοειδές), die Weisheit mit dem Vernünftigen (τὸ λογιστικόν) und die Gerechtigkeit mit einer Übereinstimmung/Harmonie aller Seelenteile/Seelenvermögen. Gerechtigkeit bedeutet, das Seine zu haben und das Seine zu tun (Politeia 433b τὸ τὰ αὑτοῦ πράττειν).

Alle Seelenteile/Strebeformen umfassen Denken, Fühlen und Wollen, nur in unterschiedlicher Art. Das Vernünftige ist mit Erkenntnis verbunden, das sich Ereifernde (gemeint ist nicht wütend sein, sondern eher etwas wie engagiert sein) mit Meinung und das Begehrliche mit Sinneswahrnehmung. Die Vernunft soll die Leitung übernehmen, eine kluge Fürsorge/Voraussicht (προμήθεια). Platon beschreibt das Verhältnis bei gutem Zusammenspiel (dem gerechten Zustand) als Freundschaft (φιλία), Übereinstimmung/Einklang (συμφωνία) und Harmonie (ἁρμονία).

Alle Seelenteile haben ein Eigenrecht. Begierden sollen nicht die Leitung übernehmen und nicht die Vernunft bloß als dienendes Hilfsmittel ohne Kontrollfunktion benutzen. Sie sind dafür anfällig, sich von einem Anschein täuschen zulassen („blind“ vor Begierde) und das angezielte Gute nicht zu erreichen. Das Begehrliche hat aber eine Zuständigkeit und das Vernünftige ist nicht dafür da, ein Lustgefühl wahrzunehmen, festzustellen (etwas fühlt sich angenehme an) und zu melden.

Bücher enthalten Darstellungen, z. B.:

Michael Erler, Platon (Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Herausgegeben von Helmut Holzhey. Die Philosophie der Antike - Band 2/2). Basel ; Stuttgart : Schwabe, 2006, S. 375 – 389

Peter M. Steiner, Psyche bei Platon. Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, 1992 (Neue Studien zur Philosophie ; 3). ISBN 3-525-30503-6

Einen Abschnitt über die Seelenlehre Platons mit Unterscheidungen zu neuzeitlichen Theorien enthält:

Stefan Büttner, Die Literaturtheorie bei Platon und ihre anthropologische Begründung. Tübingen ; Basel : Francke, 2000. ISBn 978-3-7720-2754-3

Bei René Descartes ist die Seele denkender Geist, aber kein Lebensprinzip und unteilbar.

Bei René Descartes tritt ein Dualismus zwischen zwei Substanzen auf, der ausgedehnten Sache (res extensa) und der denkenden Sache (res cogitans). Im Cartesianismus schließen sich die beiden Begriffe Leib und Seele nicht mehr nur gegenseitig aus, sondern sollen darüber hinaus das Ganze der endlichen Wirklichkeit erfassen.

Eine Person ist für Descartes etwas Zusammengesetztes, eine Verbindung von zwei Substanzen als eine funktionale Einheit. Descartes trennt scharf Materie und Geist, die Organismusfunktion wird nicht durch substantielle Formen, sondern durch die Materiemodi (Modus = Wiesein; eine Art und Wise der Beschaffenheit, keine hinzugefügte Wesenheit [Entität]) motus (Bewegung) und figura (Figur, Gestalt) erklärt, die aufgrund der Naturgesetze eine organisierte Anordnung von Korpuskeln hervorbringen können. Bei menschlicher Veranlagung (dispositio) gießt Gott der Maschine (eine mechanische Sichtweise des Organismus) Körper eine geistige Seele ein, die im Körper willkürliche Bewegungen veranlaßt und der Körper veranlaßt undeutliche Gedanken (cogitationes). Als organischer Sitz der Seele gilt die Zirbeldrüse (Informations- und Bewegungszentrale des Automaten). Der Geist als ganzer ist im ganzen Körper und in jedem beliebigen Teil des Körpers. Die Verschiedenheit von Geist und Materie ist beweisbar, aber ihre Vereinigung nur aus der alltäglichen Erfahrung bekannt.


Heeins 
Beitragsersteller
 19.05.2011, 21:54

Danke für Deine kompetente Antwort....du hast mir sehr anschaulich und gut verständlich geantwortet. Es ging um ein Referat für meine Tochter...und ich konnte ihr effektiv helfen....vielen vielen Dank...horst

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Albrecht  17.05.2011, 08:37

Sigmund Freud versucht anders als Platon und Descartes nicht eine umfassende philosophische Welterklärung zu geben, die Erkenntnistheorie und Ethik einschließt. Bei den seelischenVorgängen gilt kein Urteil, was richtig, gut und angemessen ist. Seine Psychoanalyse setzt bei der Störung an. Unbewußtes wird ins Bewußtsein gehoben. Die Seele ist nach seiner Lehre nicht unsterblich. Freud nimmt zwar wie Platon eine Dreiteilung vor, aber nach anderen Gesichtspunkten.

Zunächst unterschied Freud als Schauplätze seelischer Vorgänge das Bewußtsein, das Vorbewußte und das Unbewußte. Dann hat er das Seelenleben als psychischen Apparat mit es verursachenden Instanzen verstanden.

Bei Freund gibt es Es, Ich und Über-Ich. Das Es enthält Triebe, Bedürfnisse und Affekte. Es handelt nach dem Lustprinzip. Das Ich handelt nach dem Realitätsprinzip, vermittelt zwischen Es, Über-Ich und Unwelt. Seine Aufgabe ist die Selbsterhaltung. Das Über-Ich enthält als kontrollierende, mahnende und strafende  Instanz moralische Forderungen. Normen der Gesellschaft sind als Gewissen verinnerlicht (vor allen durch elterliche Erziehung).

Das Grundlegende und Ursprüngliche ist bei Freud das Es.

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Albrecht  17.05.2011, 08:36

Die Seele ist bei Descartes Formprinzip, aber nicht Lebensprinzip. Sie gehört zur denkenden Substanz. Der Begriff Seele ist bei Descartes bedeutungsgleich mit Geist bzw. Verstand oder Vernunft (res cogitans, id est mens, sive animus, sive Intellectus, sive ratio 2. Meditation). Die Seele denkt ohne den Körper. Die Seele ist nach ihm, da nicht ausgedehnter, unteilbarer und unkörperlicher Geist, unsterblich.

Ziel des Lebens ist Glück, das als geistige Zufriedenheit bestimmt ist, die von der Seele frei autonom erreicht werden kann. Dazu gehört die Forderung nach Verwendung der Vernunft.

Bücher über Descartes erläutern seine Seelenlehre, z. B.:

Geneviéve Rodis-Lewis, René Descartes. In: Frankreich und Niederlande (Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Herausgegeben von Helmut Holzhey. Die Philosophie des 17. Jahrhunderts – Band 2/1). Herausgeben von Jean-Pierre Schobinger. Basel : Schwabe, 1993, S. 310 – 312 (Das »cogito« und die Natur des Geistes) und S. 318 – 322 (Die Vereinigung von Seele und Körper und die Moral)

Dominik Perler, René Descartes. Original-Ausgabe, 2., erweiterte Auflage. München : Beck, 2006( Beck'sche Reihe : Denker ; 542), S. 169 – 180 (Die Dualismus-These), S. 180 – 187 (Folgelasten der Dualismus-These) und S. 209 - 219 (Zwei Substanzen und eine Person)

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platons seelenlehre besagt, dass die seele des emnschen dem körper untergeordnet ist, da die seele im gegensatz zum körper nach dem tod weiterlebt, der körper aber vernichtet wird, durch normale biologische vorgänge, sprich verweseung..

freuds theorie allerdings besagt ganz simpel ausgedrückt, dass die seele nach dem tod einfach aufhört zu existieren..

das ist der grobe unterschied .


Heeins 
Beitragsersteller
 17.05.2011, 07:27

Danke...die Frage ist auch nicht einfach zu beantworten.

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Welche Seelenlehre Freuds? Welcher Freud? Welche Seelenlehre Platons? Welche Seelenlehre Descartes?


Odysseus247  16.05.2011, 12:54

... Angeborene Ideen? ... Unsterblichkeit der Seele? ... Ich/Es/Über-Ich? ... Ich denke/Ich bin?... Traum/Wach? ...

Was meinst du?

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