idee des guten?!?!?!?-platon

2 Antworten

Die Idee des Guten (ἡ τοῦ ἀγαθοῦ ἰδέα) voll zu verstehen, ist sehr schwierig, wie Platon selbst klar ist. Er hält sie für den größten Lerngegenstand/Erkenntnisgegenstand (μέγιστον μάθημα Platon, Politeia 505 a). Die Idee des Guten gilt für Menschen als kaum/mit Mühe (geistig) zu schauen (Platon, Politeia 517 b – c). Über eine Definition geht das, was zu verstehen, ist, deutlich hinaus. Eine Kenntnis der Ideenlehre Platons ist erforderlich. Die vollständige Erkenntnis der Idee des Guten kann erst nach gründlicher Vertiefung in die Philosophie gelingen. Zu Anfang ist erst einmal nur eine mehr oder weniger weit gehende Annäherung möglich.

Die Idee des Guten ist nach Platon das oberste Prinzip. Sie ist Grundlage, Urprung, Voraussetzung, Ursache und Maßstab des Seienden, der Wahrheit, der Erkenntnis, des Guten, des Richtigen und des Schönen. Sie ist von unübertrefflicher Schönheit und Ziel allen Strebens.

Das Gute stellt nach Platon eine wesensgemäße Ordnung (τάξις) dar und ist (vgl. Platon, Philebos 64 – 66) Einheit von Ebenmaß/Symmetrie (συμμετρία), Schönheit (κάλλος) und Wahrheit (ἀλήθεια). Das Gute ist das richtige Maß und vermeidet Übertreibung und Mangel.

Eine Idee ist ein durch Denken einsehbares wahrhaft Seiendes, etwas Bestimmtes (nämlich rein die Sache selbst), das besondere und in sich selbst immer gleiche Wesen einer Sache.

Einzeldinge haben an Ideen Anteil. Die gerechte Handlung oder die gerechte innere Einstellung bestimmter Personen haben am Gerechten (der Idee der Gerechtigkeit) Anteil. In den Einzelfällen ist bei allen jeweiligen Unterschieden im Einzelnen etwas gemeinsam, das Gerechte selbst. Die Idee ist im Verhältnis zu den Einzeldingen, die an ihr teilhaben, eine übergeordnete Stufe/Ebene. Den Ideen (den Sachen selbst, z. B. dem Gerechten selbst, dem Tapferen selbst) ist auch etwas gemeinsam. Die Idee des Guten ist im Verhältnis zu den einzelnen Ideen noch einmal eine übergeordnete Stufe/Ebene, gewissermaßen die Idee der Ideen/das Prinzip der Ideen. Bei Platon bedeutet Gutsein: Geordnetsein als Bestimmtheit durch Einheit

Die Idee des Guten ist das Prinzip, das Einheit stiftet und Gutes ermöglicht.

Die Idee des Guten erleuchtet und gibt Denken und Handeln Richtung.


Ideenlehre

Nach der Lehre Platons sind die Ideen wirklich Seiendes, in sich selbst gleiche (mit sich selbst identische) Wesenheiten. Eine Welt der Ideen bildet einen Bereich für das Denken einsehbarer Dinge. An der Spitze dieses geistig erfaßbaren Bereiches steht die Idee des Guten.

Von diesem Bereich unterscheidet Platon eine Welt der Erscheinung, die durch die Sinne wahrgenommen werden, ein Bereich des Werdens und Vergehens (vergänglich). Die Einzeldinge haben zu den Ideen eine Verbindung, die in bildlich-übertragener Ausdrucksweise ein Urbild-Abbild-Verhältnis genannt werden kann (ein Muster/Vorbild [παράδειγμα] und ein Abbild [εἰκών; εἴδωλον]). Platon schreibt von einer Teilhabe (μέθεξις) der Einzeldinge an den Ideen. Im Einzelding gibt es eine Anwesenheit/Gegenwärtigkeit (παρουσία) der Idee. Zwischen Idee (ἰδέα) bzw. anders ausgedrückt Form (εἶδος) und ihr zugehörigem Einzelding gibt es eine Gemeinschaft (κοινωνία).

Einzeldinge sind teils Idee, teils Nicht-Idee (etwas, das nicht dem Wesen nach notwendig zu dem bestimmten Etwas, welches die Idee ist, gehört). Ideen sind nur rein die bestimmte Sache selbst und stehen damit auf einer höheren Seinsstufe als die Erscheinungen.

Die Welt der Ideen ist ein Bereich des Seienden, zeitunabhängig, unkörperlich, unwandelbar. Eine Idee kann als innere Form, die spezifische (besondere) Natur (das Wesen) einer Sache verstanden werden.

Ohne Ideen gibt es nach Platons Lehre kein Wissen, keine Erklärung der Wirklichkeit und kein begründbares moralisches Handeln. Das Denken kann nur etwas erfassen, das etwas Bestimmtes ist. Platon versteht diese bestimmte Wesenheit, die Idee (ἰδέα oder εἶδος genannt), als grundlegend. Die Idee ist vom Sein her vorrangig.

Idee des Guten

Nach einer Aussage bei Platon ist die Idee des Guten sogar kein Sein/kein Wesen/keine Seiendheit/keine wesenhafte Bestimmtheit (οὐσία), sondern das Gute liegt jenseits des Seins und übertrifft es an Alter und Kraft (οὐκ οὐσίας ὄντος τοῦ ἀγαθοῦ, ἀλλ’ ἔτι ἐπέκεινα τῆς οὐσίας πρεσβείᾳ καὶ δυνάμει ὑπερέχοντος Politeia 509 b). Mit diesem Überragen/Übersteigen ist wohl gemeint, die Idee des Guten sei nicht Sein/Wesen/Seiendheit/wesenhafter Bestimmtheit gleichzusetzen. Sie ist Seinsgrund der Ideen wie diese Seinsgrund der Dinge sind.


Albrecht  05.12.2012, 03:41

Bücher enthalten Darstellungen und Erörterungen zur Idee des Guten und zur Ethik bei Platon, z. B.:

Michael Erler, Platon. Beck : München, 2006 (Beck`sche Reihe: bsr - Denker; 573), S. 143 - 185

Michael Erler, Platon (Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Herausgegeben von Helmut Holzhey. Die Philosophie der Antike - Band 2/2). Basel ; Stuttgart : Schwabe, 2007, S. 392 – 440

Rafael Ferber, idea tou agathou. In: Wörterbuch der antiken Philosophie. Herausgegeben von Christoph Horn und Christof Rapp. Originalausgabe. München : Beck, 2002 (Beck'sche Reihe ; 1483), S. 218 - 221

Jens Halfwassen, Der Aufstieg zum Einen : Untersuchungen zu Platon und Plotin. 2., um einen Forschungsbericht erweiterte Auflage. München ; Leipzig : Saur, 2006, S. 220 – 265

Hans Krämer, Die Idee des Guten : Sonnen- und Liniengleichnis. In: Platon, Politeia. Herausgegeben von Otfried Höffe. 2., überarbeitete Auflage. Berlin : Akademie-Verlag, 2005 (Klassiker auslegen ; Band 7), S. 179 – 204

Rudolf Rehm, Sonnen-, Linien und Höhlengleichnis. In: Platon-Handbuch : Leben, Werk, Wirkung. Herausgegeben von Christoph Horn, Jörn Müller und Joachim Söder. Unter Mitarbeit von Anna Schriefl und Simon Weber. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2009, S. 330 – 334

Benedikt Strobel, Transzendenz. In: Platon-Handbuch : Leben, Werk, Wirkung. Herausgegeben von Christoph Horn, Jörn Müller und Joachim Söder. Unter Mitarbeit von Anna Schriefl und Simon Weber. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2009, S. 339 - 342

Thomas Alexander Szlezák, Das Höhlengleichnis (Buch VII 514 – 521 b und 539 d – 541 b). In: Platon, Politeia. Herausgegeben von Otfried Höffe. 2., überarbeitete Auflage. Berlin : Akademie-Verlag, 2005 (Klassiker auslegen ; Band 7), S. 205 – 228

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Albrecht  05.12.2012, 03:39

Im denkbaren Bereich (νόητος τόπος), einer durch Vernunft einsehbaren Welt, verleiht die Idee des Guten Wahrheit und Sein/Existenz und gibt insofern als Ursache dem Subjekt (eine Person mit Erkenntnisvermögen in der Seele) die Fähigkeit zu Wissen/Erkenntnis. Ein geistiges Licht (in einer Doppelnatur als Wahrheit und Sein) ist das vermittelnde Dritte, das Bedingung der Möglichkeit von Erkennen ist.

Die Idee des Guten verursacht als begründende Kraft:

1) Erkennen der Seele

2) Erkanntwerden des Denkbaren/Einsehbaren

3) Einheit von Denkendem und Gedachtem (den Ideen), Denken und Sein, im Erkenntnisvorgang

In Wahrheit und Erkenntnis wie auch im Erkenntnisvermögen in der Seele (Geist/Vernunft) ist etwas von der Art der Idee des Guten enthalten. Dem Erkannten wird von der Idee des Guten Dasein und Wesen zuteil. Die Idee des Guten verleiht nach Platon den Tugenden/Vortrefflichkeiten Funktion und Zweck. Für die das Gerechte Wählenden ist sie das Ziel allen Strebens und Handelns. Sie ermöglicht ein wertvolles Leben, ein Erfüllungsglück mit objektiv gegebener sittlicher Lebenswahl.

Die Voraussetzung dafür, daß ein Seiendes zu seinem Wesensvollzug brauchbar, tauglich, nützlich und heilsam ist, liegt in seiner Einigkeit und Übereinstimmung mit sich selbst.

Bei Platon, Politeia enthalten Sonnengleichnis (508 a – 509 d), Liniengleichnis (509 d – 511 e) und Höhlengleichnis (514 a– 521 b und 539 d – 541 b) Hinweise zur Idee des Guten. Die Gleichnisse sind nach im Text selbst gegebenen Hinweisen (517 a – 521 b und 532 a– 535 a) im Zusammenhang zu deuten.

Eine Andeutung im „Sonnengleichnis“ (Platon Politeia 508e – 509a):
„Das nun, was dem Erkannten Wahrheit verleiht und dem Erkennenden das Vermögen/die Kraft/die Fähigkeit/die Macht, sage, sei die Idee des Guten: Denke sie dir als Ursache der Erkenntnis und der Wahrheit, sofern sie erkannt wird; und obwohl beide, Erkenntnis und Wahrheit, etwas so Schönes sind, wirst du sie selbst zu Recht für etwas noch weit Schöneres halten; wie es vorhin richtig war, Licht und Gesichtssinn für sonnenartig zu halten, sie für die Sonne zu halten aber nicht richtig ist, so ist es auch hier richtig, jene beiden für gutartig/von der Art des Guten zu halten, aber eine von beiden für gut zu halten, nicht richtig, sondern die Beschaffenheit des Guten ist noch höher zu schätzen.

Von einer unvorstellbaren/unbeschreiblichen Schönheit, sagte er, sprichst du da, wenn sie Erkenntnis und Wahrheit ermöglicht, selbst aber noch an Schönheit über diesen beiden steht; denn Sinnenlust meinst du damit doch wohl nicht.“

Die Idee des Guten soll in einer entsprechenden Art zu dem verstanden werden, was für die Sonne (Sprößling/Abkömmling der Idee des Guten) gilt.

Prinzipienlehre

Platon hat nach antiken Zeugnissen eine Prinzipienlehre (griechisch ἀρχή = Prinzip) vertreten, zu der es in den schriftlichen Dialogen nur einige andeutende Hinweise gibt. Platon hat sie mündlich vorgetragen („ungeschriebene Lehre“; darunter ein öffentlicher Vortrag „Über das Gute „ [Περὶ τἀγαθοῦ]) und mit anderen erörtert. Als Prinzip der Einheit verleiht das Eine (ἕν) als Idee des Guten allem Grenze und Bestimmung und damit Existenz und Erkennbarkeit. Zu diesem ersten Prinzip tritt – ihm auf gewisse Weise untergeordnet – als ein zweites Prinzip die unbegrenzte/unbestimmte Zweiheit (ἀόριστος δυάς), von der die Vielheit abgeleitet ist. Dieses Materialprinzip für Ideen und Sinnendinge wird auch als Groß – Kleines (μέγα καὶ μικρόν) bezeichnet.

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Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen das man dazu was finden Die Idee des Guten ist praktisch die Perfektheit die Schönheit schlechthin Er sagt es wird sie nie geben können da nichts volkommen ist...


Albrecht  05.12.2012, 03:49

Schönheit ist nur ein Gesichtspunkt der Idee des Schönen, keineswegs der einzige, sondern es gibt eine Reihe anderer Gesichtspunkte. Ein Einzelding der Sinnenwelt mag nach Platon niemals vollkommen sein. Die Idee des Guten gibt es aber nach Platons Auffassung. Alle Ideen sind danach etwas wahrhaft/wirklich Seiendes.

An welcher Stelle bei Platon soll denn diese angebliche Aussage („es wird sie nie geben können, da nichts vollkommen ist...“) stehen?

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Sophialeinchen  02.04.2015, 17:26
@Albrecht

Wenn die Sonne für die 'Idee des Guten' steht (wie i.d.R behauptet), was ist dann Analogon für 'das Gute' im Gleichnis? Hab daneben auch oft gehört, dass eigentlich das Licht für die Idee des Guten steht, die Sonne aber für das Gute .... Große Verwirrung .....

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