Opa kommt nicht über den Tod von Oma hinweg?
Hallo,
meine Oma ist vor über einem Jahr gestorben. Ich selber bin noch überhaupt nicht über den Tod von ihr hinweg gekommen, weil ich das die meiste Zeit verdränge. Meinen Opa nimmt das aber viel mehr mit. Verständlich, die beiden waren 60 Jahre verheiratet. Vor dem Tod meiner Oma war mein Opa ein Lebensfroher Mensch. Er ist mittlerweile 87 und kann noch alleine zum Einkaufen fahren und alle zum Friedhof meine Oma besighen. Seit ihrem Tod ist mein Opa einfach nicht mehr der selbe. Das kann ich auch zu 100% verstehen. Jedes Mal wenn ich zu Besuch bin kippt nach 5 Minuten die Stimmung und mein Opa erzählt nur von dem Tod von meiner Oma. Sie hatte Krebs. Ich habe den Weg selber mitbegleitet und wusste leider auch dass sie sterben musste. Bei jedem Mal wo ich ihn besuche erzählt mir mein Opa von ihrem Weg zum sterben und er fängt auch immer an zu weinen. Das trifft mich einfach auch jedes Mal in der Brust den Menschen den man so liebt nurnoch so zerstört zu sehen. Er lebt mit meinem Eltern zusammen in einem Haus. Sie kümmern sich sehr gut um ihn. Wir haben ihm Sky und DAZN gekauft um ihn etwas abzulenken, da er grosser Fussballfan ist. Ich bin letztes Jahr mit ihm auch noch einmal ins Stadion gefahren, dass er nochmal Live Fussball erleben konnte. Ich fahre mittlerweile schon sehr oft bei meinen Eltern vorbei um ihn zu besuchen um ihn abzulenken und ihm neue Sachen zu erzählen. Aber alles bringt nichts. Nach kurzer Zeit kommt wieder das Thema Tod auf den Tisch. Ich würde ihm so gerne helfen. Irgendwie. Ich weiss einfach nicht mehr weiter. Ich besuche ihn so gerne und er ist eine der einflussreichsten Personen in meinem Leben, aber jedesmal wenn ich wieder wegfahre bin ich innerlich auch komplett zerstört. Hat einer eine Idee was ich noch machen könnte? Ich weiss dass er über den Tod niemals ganz hinwegkommen wird. Aber vielleicht so dass er nicht 24h am Tag daran denkt. Ich möchte ihn einfach nicht so leiden sehen.
LG
Marius
5 Antworten
Bei meinem Vater ist es ähnlich - nach 60 Jahren Ehe ist vor einem Jahr meine Mutter gestorben. Er ist gemütsmäßig immer noch oft hin- und hergerissen. Zwischenzeitlich kalppt es immer öfter immer besser.
Ich denke, wenn Dein Opa regelmäßig soziale Kontakte pflegt, raus kommt aus seiner Wohnung, andere menschen spricht, Seniorengymnasik, Wandergruppe, Jahrgangstreffen, Opa-auf-Zeit, ..einfach Dinge, bei denen er rauskommt, abgelenkt wird, auf andere Gedanken kommt, können ihm vielleicht helfen, seine Trauer zu überwinden, das Leben wieder offener zu sehen.
Zum Leben gehört der Tod und die Trauer - ebenso wie die Geburt und die Freude über einen neuen Erdenbürger. Und wenn Dein Opa so sehr um Deine Oma trauert, zeigt es ein Stück weit auch, wie sehr er sie geliebt hat. Und das ist gut so. Trauerarbeit benötigt ihre Zeit. Meistens sagt man, dass das 1 bis 1.5 Jahre dauert (Ausnahmen bestätigen die Regel!) - da wäre er ja noch voll "im Plan".
Vielleicht kannst Du ihm dadurch helfen, dass ihr gemeinsam Dinge macht, Du ihm Zeit schenkst. Zeit ist etwas sehr kostbares, genieße die Zeit, die euch noch miteinander vergönnt ist! Geht spazieren, macht eine Ausflug (ins Museum, zu einem Aussichtspunkt, in eine andere Stadt) ... wo wollte er schon immer wieder mal hin? Der Stadionbesuch war sicher ein guter Anfang!
Wie sehen das Deine Eltern? Auch so, wie Du?
Du wirst Deinem Opa helfen, auch wenn Du nur zuhörst, wie er wegen Deiner Oma weint.. auch das ist Trauerarbeit und sicher freut er sich, wenn er jemandem seinen Schmerz und Trauer klagen kann. (hört sich für Dich jetzt sicher etwas blöd an...)
Ich Drücke für Dich und Deinem Opa beide Daumen!
Dankeschön für die lange Antwort. Dass mit der gemeinsamen Zeit ist aufjedenfall das richtige. Vielen Dank
Tut mir echt Leid für ihn, das muss sehr schlimm sein.
Ich glaube, ich würde ihm sagen, dass deine Oma bestimmt nicht gewollt hätte, dass ihr Tod ihm die ganze Lebensfreude raubt.
Sie würde bestimmt wollen, dass er stark ist, weitermacht und versucht, seine restliche Zeit mit seiner Familie zu genießen, anstatt sich so hängen zu lassen.
Er braucht jetzt eine neue Lebensaufgabe, die ihm wieder Kraft gibt, weiter zu machen.
Ich wünsche deinem Opa alles Gute.
Ausser deinen Opa in den Arm zu nehmen kannst du nicht viel machen. Jeder Mensch trauert anders, und jeder braucht eine unterschiedlich lange Zeit für die Trauerarbeit. Manchmal hilft es sich klarzumachen, dass der Verstorbene nun nicht mehr leiden muss und seinen Frieden hat. Der Gedanke "ich kann dich nicht halten, also lasse ich dich gehen weil das besser für dich ist" hilft, dass man loslassen kann.
Ja ich glaube ich auch mittlerweile. Vielen Dank für deine Antwort!
Versuch mal mit ihm über die schöne Zeit mit deiner Oma zu reden, zum Beispiel wie sie sich kennengelernt haben oder was er besonders an ihr mag.
Er denkt halt leider nur an die schlechten Zeit, aber es gab ja davor viel mehr gute Zeiten und an diesen Erinnerungen sollte er festhalten.
Das ist eine sehr gute Idee! Das werde ich probieren. Vielen Dank
Vielleicht gehst du es falsch an. Vielleicht MÖCHTE er noch trauern, ist damit noch nicht fertig, hat Gesprächsbedarf. Einige Menschen glauben, dass sie den Verstorbenen vergessen, wenn sie aufhören zu trauern.
Ich würde es positiv sehen, ihm zuhören, auch selbst schöne Erinnerungen an die Oma erzählen und ihm die Zeit lassen. Für dich scheint die Trauerzeit eine Wartezeit zu sein, nach der das Leben weitergeht; für ihn IST sie zur Zeit das Leben. Man kann Trauer auch „genießen“; man ist zwar traurig, aber gleichzeitig dankbar für die Trauer, weil sie beweist, dass einem der Verstorbene wirklich wichtig war.
Wow danke. Von dem Standpunkt aus habe ich das ganze noch nie betrachtet. Vielleicht hast du recht. Vielen Dank!