Notarzt und Rettungsdienst bleiben mit Blaulicht einfach stehen?

6 Antworten

Nein, wenn jemand einen Herz- Kreislaufstillstand erlitten hat, dann wird an Ort und Stelle reanimiert und das Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) kommt zum Rettungswagen (RTW) hinzu. Vor Ort wird die Reanimation dann solange durchgeführt, bis der Patient einen Spontankreislauf (ROSC) erlangt hat oder bis sich der Notarzt zum Abbruch der Reanimationsmaßnahmen entscheidet. Es gibt bisweilen nur sehr wenige Gründe, unter laufender Reanimation in's Krankenhaus zu fahren, insbesondere reversible Ursachen, die vor Ort nicht therapierbar sind. Wenn ein Patient während dem Transport einen Herz- Kreislaufstillstand erleidet, dann bleibt der Rettungswagen sofort an Ort und Stelle stehen und fordert falls noch nicht an Bord umgehend einen Notarzt an. Eine Besatzung besteht aus zwei Personen und eine Reanimation ist Teamarbeit, der RTW muss demnach stehen bleiben, damit der "Fahrer" nach hinten kommen und den Transportführer bei der Reanimation unterstützen kann. Im geschilderten Fall, dass der RTW erst dann stehen geblieben ist, als auch der Notarzt ankam, muss es also etwas anderes gewesen sein. Viele therapeutische Maßnahmen, sind nur bei stillstehendem Fahrzeug sicher durchführbar, so auch eine Medikamentenapplikation. Üblicherweise, wartet der Rettungswagen am Notfallort auf das Eintreffen des Notarztes, wenn ein RTW den Transport beginnt und den Notarzt unterwegs "einsammelt", dann spricht dies für einen Patienten mit Transportdringlichkeit, der aber ebenfalls einer notärztlichen Therapie bedarf. Beispielsweise bei einem Patienten mit Bedarf einer medikamentösen Schmerztherapie aufgrund eines isolierten Extremitätentraumas, würde es keinen Sinn ergeben, den Transport einzuleiten, bevor der Patient sein Schmerzmittel erhalten hat.

Mfg

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.

14905403  10.12.2021, 22:47

Gibt es nicht mittlerweile Maschinen fürs drücken? Dacht ich mal iwo gesehen zu haben.

1
Rollerfreake  10.12.2021, 23:07
@14905403

Ja, die gibt es, allerdings aktuell nur sehr vereinzelt und weit entfernt von einer flächendeckenden Vorhaltung. Wenn überhaupt, existiert ein solches Gerät nur auf Notarzteinsatzfahrzeugen, nicht auf Rettungswagen. Auch nicht jedes NEF führt ein solches Gerät mit. Die aktuelle ERC- Leitlinie empfiehlt deren Anwendung auch nur in besonderen Situationen und nicht primär, da die manuelle Thoraxkompression den Geräten noch überlegen zu sein scheint. Außerdem, werden zur Anlage eines solchen Gerätes ebenfalls mindestens zwei Personen benötigt und das Team muss in der Anwendung geschult sein, ansonsten, wird die manuelle Thoraxkompression zur Anlage zu lange unterbrochen und der Patient hat ein schlechteres Outcome als ohne das Gerät. Zudem fallen bei einer Reanimation nach ALS- Algorithmus immer noch soviele weitere Aufgaben an, das selbst das Gerät den zweiten Helfer nicht ersetzen kann, eine Person kann unmöglich "gleichzeitig" den Atemweg sichern und beatmen, einen Zugang legen, Medikamente vorbereiten und verabreichen und falls erforderlich auch noch defibrillieren. Das sind immer noch vier Maßnahmen, die eine Person unmöglich alleine schaffen kann, zumal jede einzelne davon auch noch vorbereitet werden muss.

Mfg

2
Steven72036 
Beitragsersteller
 10.12.2021, 17:24

Vielen Dank

0
Von Experte Rollerfreake bestätigt

Hi,

Was heißt das?

Ganz allgemein: Notarzteinsätze finden in Deutschland und Österreich überwiegend im Rendezvous-System statt - heißt: der Notarzt kommt in einem separaten Fahrzeug zum Patienten.

Vorteil dabei ist vor allem die größere Flexibilität - der Notarzt wird nicht unnötig bei Patienten gebunden, die keine dauerhafte Begleitung erfordern, und er kann ggf. nach einer Versorgung den nächsten Einsatz übernehmen.

Im konkreten Fall: einige Patienten benötigen zwar zwingend einen Notarzt, müssen jedoch auch zügig ins Krankenhaus. Man spricht hier von einer Transportpriorität.

In diesem Fall kann es sich anbieten, wenn die Besatzung des Rettungswagens die Erstversorgung übernimmt und den Transport bereits selbstständig einleitet, um unnötige Verzögerungen durch das Warten an der Einsatzstelle zu vermeiden - man trifft sich mit dem Notarzt dann eben auf dem Weg ins Krankenhaus.

Und da ein gefahrloses Umsteigen nicht gerade auf Autobahn oder Landstraße möglich ist, wird beispielsweise eine Bushaltestelle als "Treffpunkt" ausgemacht.

Dementsprechend ist anzunehmen, dass genau das hier passiert ist - dafür spricht auch, dass die Fahrzeuge aus unterschiedlichen Richtungen kamen.

Heißt das das da jemand einen herzstillstand oder ähnliches hat und der weg ins Krankenhaus zu lange wäre?

Was der Grund dafür war, ist am Ende Spekulationssache.

Theoretisch wäre ein Kreislaufstillstand während der Fahrt zwar denkbar...aus der Erfahrung heraus ist das allerdings ein Exot, und kein Standardszenario.

Und - wie schon erwähnt wurde - lassen sich einige Maßnahmen schlichtweg nur schlecht bis gar nicht während der Fahrt realisieren.

LG

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Notfallsanitäter, Blogger, Medizinstudent

Ich verstehe es so, dass die Fahrzeuge aus unterschiedlichen Richtungen kamen? Dann wird das wahrscheinlichste sein, dass entweder der Patient dort war, wo beide gehalten haben oder dass der Rettungswagen einen Patienten irgendwo eingesammelt hat, dem es richtig schlecht ging. Dann haben sie sich einen Notarzt nachgefordert. Und weil es eben sehr eilig war, sind sie schon mal ohne den Arzt losgefahren in Richtung Krankenhaus und haben den Doc auf dem Weg getroffen und er ist in den Rettungswagen umgestiegen, um den Patienten den Rest der Fahrt über zu betreuen. Was der Patient gehabt haben könnte, darüber kann man natürlich nicht spekulieren.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Manche therapeutische Maßnahmen lassen sich nur durchführen wenn das Fahrzeug steht. Das muss jetzt kein Herzstillstand oder eine Widerbelebung sein. Im bewegten Fahrzeug eine Spritze zur Schmerzlinderung zu setzen ist nicht wirklich einfach und nur ein Beispiel.


Steven72036 
Beitragsersteller
 10.12.2021, 16:55

Aber da kommt doch nicht extra ein 2 Krankenwagen bzw notarzt

0
Nomex64  10.12.2021, 17:15
@Steven72036

Wenn der RTW schon mit dem Patienten unterwegs war und es dann einer Maßnahme bedarf die nur ein Arzt durchführen darf 8z.B. bestimmte Medikamente geben) kann das NEF dazu kommen und einen Doc hin bringen. Sollte natürlich nicht unterwegs erfolgen, eigentlich trifft man sich eher am Einsatzort, kann aber durchaus vorkommen.

0
Rollerfreake  10.12.2021, 17:29
@Steven72036

Doch, in Österreich ist es zulässig, einen Rettungswagen mit zwei Rettungssanitätern zu besetzen und diese, dürfen in Österreich keinerlei Medikamente verabreichen, auch keine lebensrettenden Notfallmedikamente. Auch die höher- qualifizierten Notfallsanitäter, die in Österreich meist nur in größeren Städten zum Einsatz kommen, dürfen zunächst keinerlei Medikamente verabreichen. Notfallsanitäter in Österreich müssen die Berechtigung zur Verabreichung bestimmter Notfallmedikamente im Gegensatz zu Deutschland nach Abschluss ihrer Regelausbildung durch gesonderte Lehrgänge erwerben, sogenannte "Notkompetenz Arzneimittellehre" (NKA) und "Notkompetenz Venenzugang und Infusion" (NKI). Ist diese Kompetenz nicht vorhanden, so muss für jede Medikamentengabe ein Notarzt hinzugezogen werden. Ist ein Notfallsanitäter an Bord und hat dieser die entsprechende Notkompetenz erworben, so hat er allermeist nur sehr wenige lebensrettende Notfallmedikamente freigegeben (Arzneimittelliste 2), Schmerzmittel gehören in aller Regel nicht dazu, sodass dann immer ein Notarzt angefordert werden muss.

Mfg

1
Nomex64  10.12.2021, 17:34
@Rollerfreake

Dazu kommt noch das, zumindest in D, der Notarzt die "guten Sachen" am Mann hat und die nicht einfach so auf dem RTW liegen.

1
Rollerfreake  10.12.2021, 17:50
@Nomex64

Das ist regional wohl sehr unterschiedlich gehandhabt mit der Bestückung der RTW's was Analgetika anbelangt. Hier im Kreis ist Metamizol, Ketamin und mittlerweile auch Morphin auf dem RTW verlastet. Letzteres, stellt im Hinblick auf das BtMG aber natürlich ein Problem dar. Mfg

1

Es kann sein das der Notarzt aus dem Rettungswagen in sein Notarztwagen umgestiegen ist weil er dringen zu einem anderen notfall muss und der Patient im RTW grade nicht zwingend den Notarzt braucht^^

Eine Reanimierung kann prinzipiell auch im Fahrenden RTW Stattfinden.