Normaler Mann oder Bär?

1 Antwort

Ein Sexualstraftäter ist erst ein solcher, wenn er vor Gericht wegen einer solchen Straftat verurteilt wurde.

Zum einen ist die Dunkelziffer bei diesen Taten extrem hoch. Es wird davon ausgegangen, dass nur ungefähr 10 von 100 Taten auch angezeigt werden. Und von diesen 10 angezeigten Taten kommt es statistisch nur in einem einzigen Fall zu einer Verurteilung. Und das oft nicht, weil die Angezeigten eindeutig und bewiesenermaßen unschuldig sind, sondern wegen der schweren Beweisbarkeit solcher Taten (keine Zeugen, viele Opfer gehen nicht direkt zum Arzt zur Beweissicherung und auch immer wieder victim blaming im Sinne von "Wusste er wirklich ganz eindeutig, dass sie absolut und definitiv nicht will? Bei dem kurzen Rock, den sie getragen hat?").

Zum anderen ist die Schwelle, was überhaupt strafrechtlich relevant dabei ist, ziemlich hoch. Der anzügliche Kommentar, das Hinterherpfeiffen oder die Aufforderung zu irgendeiner sexuell konnotierten Handlung fällt zum Beispiel maximal unter "Beleidigung". Der Griff im Club an Busen oder Hintern ist zwar theoretisch sexuelle Belästigung, lässt sich aber auch kaum gerichtsfest beweisen.

3 von 4 Frauen erleben in ihrem Leben in der Regel mehrfach sexuelle Belästigung, jede dritte Frau wird im Laufe ihres Lebens Opfer sexueller Gewalt, wovon jede vierte Tat eine Vergewaltigung ist.

Somit geh mal davon aus, dass von den 100.000 Menschen zwar nur 14 wegen einer Sexualstraftat offiziell verurteilt wurden, aber erheblich mehr durchaus Dinge getan haben, die in den Bereich sexuell konnotierter Übergriffigkeit oder sogar sexueller Gewalt fallen. Und dabei mit großem Abstand in der Konstellation Täter = Mann, Opfer = Frau.

Und das ist der Grund, warum uns Frauen die plötzliche, ungeplante Begegnung allein im Wald mit einem Bären deutlich weniger Angst macht als die plötzliche, ungeplante Begegnung mit einem einzelnen, unbekannten Mann in diesem Wald. Und ja, wir wissen, dass Bären große, gefährliche Raubtiere sind und dass auch diese Begegnung mit dem Risiko einhergeht, dabei zu sterben. Aber dieses Risiko ist uns eben dennoch allemal lieber als all das, was ein Mann uns in dieser Situation potentiell antun könnte. Darüber sollten Männer mal ganz intensiv nachdenken und überlegen, was sie - und zwar jeder einzelne - tun könnten, um daran etwas zu ändern, anstatt Frauen zu unterstellen, die Gefährlichkeit von Bären zu unterschätzen!


Romy0  05.07.2024, 10:10

Sehr toll erklärt 👍🏽 Der FS wird es leider trotzdem nicht verstehen wollen..

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