Non Binary ist blödsinn?

10 Antworten

Nein, ist kein Blödsinn, echtes non-binary kommt tatsächlich vor, wenn auch in sehr sehr kleiner Anzahl. Wir müssen aber den wenigen wirklich Betroffenen auch ein würdiges Leben ermöglichen und dürfen sie nicht zwangsweise binär eintüten.

Es gibt vielerlei Arten von Störungen der Geschlechtsentwicklung beim Embryo oder beim Kind, die so was verursachen können. Das allerdeutlichste Beispiel sind sogenannte Chimären: das sind Menschen, die nachweislich aus einem Teil männlicher (XY) und einem Teil weiblicher (XX) Zellen bestehen. So was entsteht, wenn zweieiige Zwillinge unterschiedlichen Geschlechts gezeugt worden aber dann die beiden Eizellen zu einem einzigen Embryo verschmolzen sind - das ist recht selten, kommt aber vor.

Wir schulden auch dieser sehr kleinen Minderheit eine korrekte Behandlung durch unsere Gesetze, auch in den häufigeren Fällen wo es nicht so eindeutig und klar ist wie bei Chimären.

Das ist reine Definitionssache. Man kann es so oder so sehen, beides ist meiner Meinung nach kein Blödsinn. Die folgenden Überlegungen sind auf alle Lebewesen mit sexueller Fortpflanzung bezogen, nicht nur rein auf den Menschen.

Zuerst einmal müssen wir uns klar darüber werden was wir mit dem Begriff "Geschlecht" genau meinen.

A: Es geht darum auszudrücken welche Rolle bei den sexuellen Fortpflanzung ein Individuum konkret ausführen kann.

B: Es geht darum Individuen basierend auf Begriffserklärung A in Kategorien einzuteilen.

Diese beiden Begriffserklärungen hören sich zwar auf den ersten Blick sehr ähnlich an, das sind sie aber ganz und gar nicht. Der Unterschied wird u.a. darin sichtbar wie man Unfruchtbare Individuen betrachtet:

Bei konsequenter Anwendung von Erklärung A sind sie völlig unabhängig von ihrem äußeren Erscheinungsbild immer als Geschlechtslos einzustufen. Es gibt daher nur männlich und weiblich als Geschlecht => binär. Dass nicht fortpflanzungsfähige kein Geschlecht haben spielt keine Rolle, weil es uns hier nicht darum geht sie in eine Geschlechts-Schublade zu stecken.

Bei Erklärung B geht es uns allerdings genau darum, und dann stellt sich die Frage wohin mit den Unfruchtbaren. Da wird es etwas tricky, weil wir demnach irgendwo eine klare Linie ziehen müssen anhand der man jemadem mit absoluter Sicherheit ein Geschlecht zuordnen kann.

  1. Chromosomen: XX = weiblich und XY = männlich. Beim Menschen und unseren nahen verwandten ist das vielleicht so einfach, aber XX und XY als Geschlechts-Chromosomen sind nichts universelles. Zum Beispiel sind die Chromosomen bei Vögeln ZZ für männlich und WZ für weiblich. Bei Algen V für männlich und U für weiblich. Das klingt sehr einfach, hilft uns allerdings auch nicht in allen Fällen. Menschen mit dem Klinefelter Syndom haben z.B. ein zusätzliches X Chromosom und damit XXY. Abgesehen davon können Schnecken im Laufe ihres Lebens das Geschlecht (Definition nach Punkt 2) ändern, die Chromosomen bleiben aber gleich. Es ist vielmehr ein Abschnitt in ihrem Lebenszyklus als eine durch Chromosomen vordefinierte Eigenschaft.
  2. Die Aufgabe der Keimzelle: Egal ob Spermien oder Pollen, egal ob sie einen gemeinsamen Ursprung haben, nur die Aufgabe zählt. Und davon gibt es nur zwei verschiedene. Individuen können demnach 0, 1 oder 2 Geschlechter haben und das Geschlecht im Laufe des Lebens ändern. Wenn man wie bei den oben genannten Schnecken konsequent ist heißt das man behält nicht dauerhaft das Geschlecht, dessen Kaimzellen man zuletzt hatte. Unsere Großmütter wären damit alle Geschlechtslos ab einem gewissen Alter. Entweder das oder die Schnecke hat Zeit ihres Lebens beide Geschlechter, obwohl nur jeweils eines davon aktiv ist. Die meist als weiblich bezeichneten Arbeiter- Ameisen und Bienen wären damkt auch Geschlechtslos. Rochtig interessant wird die Frage bei einigen Eintagsfliegen Spezies, die rein weiblich sind. Sie pflanzen sich fort mit weiblichen Keimzellen und weiblichen Geschlechtsorganen, aber es ist keine sexuelle Fortpflanzung mehr. Sind sie dann wie Lebewesen, die sich durch Zellteilung oder abkapseln fortpflanzen als Geschlechtslos zu sehen, obwohl sie sich in dem seltenen Fall dass ein männchen geboren wird mit diesem jederzeit sexuell fortpflanzen können? Das hier ist praktisch 1:1 die Begriffserklärung A von oben, damit bleibt wieder das Problem der Einordnung unserer ungeschlechtlichen und zweigeschlechtlichen Individuen in unsere binären Schubladen.
  3. Sexualdimorphismus: Unterschiede im Körperbau von verschiedenen Geschlechtern der gleichen Spezies. Hier kommen wir wieder in einen sehr Spezies-Spezifischen Bereich, Algen und Menschen sind hier z.B. eher schwer zu vergleichen. Das offensichtliche sind die Geschlechtsorgane zur unterbringung / produktion der Keimzellen. Darauf allein kann man es allerdings nicht herunter brechen, es gibt je nach Spezies auch sekundäre Geschlechtsmerkmale wie Unterschiede im Körperbau beim Menschen oder die Färbung des Gefieders bei vielen Vögeln. Es betrifft aber auch von außen weniger sichtbare Eigenschaften, wie bestimmte Bereiche des Gehirns selbst. Auf Youtube gibt es dazu einen sehr interessanten Vortrag des Neurobioligen Prof. Robert Sapolsky von der Stanford Universität. Hier ist die Frage wie gewichtet man die einzelnen Merkmale, wenn manche davon widersprüchlich sind. Ist das Gehirn wichtiger als die Geschlechtsorgane oder ist es anders herum?
  4. Reproduktive Morphs: Ein sehr interessanter aber wenig bekannter Punkt, der allerdings beim Menschen nicht vorkommt. So wie es sekundäre Unterschiede zwischen den Geschlechtern der selben Spezies gibt, kommen bei manchen Tieren auch vergleichbare Unterschiede zwischen verschiedenen "Morphs" des gleichen Geschlechts vor. Diese haben analog zum Geschlechtsdimorphismus Auswirkungen auf Körperbau, Färbung und Verhaltensweise der Tiere. Das kommt unter anderem bei manchen Vögeln vor, oder auch beim Seitenfleckenleguan, den ich hier mal als Beispiel nehme. Seitenfleckenleguane haben 3 männliche und 2 weibliche Morphs die man leicht an ihrer Bauchfärbung unterscheiden kann. Orangefarbene Männchen sind sehr aggressive Einzelgänger und bewachen ein großes Territorium mit vielen Weibchen. Gelbfarbene Männchen sind dagegen optisch den Weibchen ähnlicher um aus der Ferne nicht erkannt zu werden und darauf gepolt Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen um sich unerkannt im Territorium der orangen Männchen zu paaren. Blaufarbene Männchen sind nicht territorial und bleiben dauerhaft bei einem Weibchen, das sie in Zusammenarbeit mit anderen Blaufarbenen auch gegen die körperlich stärkeren Orangefarbenen Männchen verteidigen können. Orangefarbene Weibchen sind sehr territorial und legen viele kleine Eier. Gelbfarbene Weibchen sind geselliger und legen weniger aber dafür größere Eier. Hier ist es eindeutig, aber lassen sich solche Morphs auch bei Tieren ohne äußere Unterschiede erkennen oder würde man die Verhaltensweisen dort eher auf individuelle Variationen schieben? Wenn Geschlechtsdimorphismus mitentscheidend sein kann, gilt das auch für Morphs, die ja praktisch nach dem selben Prinzip funktionieren?

Meiner Meinung nach muss man für eine binäre Einordnung entweder strikt auf Punkt 2 beharren und damit Ungeschlechtliche und Zweigeschlechtliche in keine oder beide Schubladen stecken. Oder man bezieht bei Unklarheit Punkt 3 mit ein, wobei die Frage der Gewichtung der Merkmale bestehen bleibt.

Abschließend gesagt bin ich nicht der Meinung dass es mehr als zwei Geschlechter im Sinne von Begriffserklärung B gibt, aber ich kann jeden verstehen der das anders sieht. Grundsätzlich sehe ich auch nichts was dagegen spricht eine Schublade mehr zu haben.


Wieso muss man da jemand überzeugen? Für andere Charakterzüge etc. und Gefühle muss man doch auch keine Beweise liefern. Davon ab ist es auch kein Problem wenn jemand non binär ist, warum also in jemandes Identität eingreifen, wenn es in keiner Weise beeinträchtigt?

Ich versteh nicht warum man immer der Meinung ist über eine andere Person bestimmen zu können. Wie fändest du denn wenn Leute etwas an dir als Blödsinn bezeichnen würden?

Einfach respektvoll bleiben, selbst wenn etwas für einen selbst nicht greifbar ist und gut ist es doch.

Am Beispiel der Transidentität kannst Du Lesen welches die Ursachen sind.

Ich bin keine Wissenschaftlerin oder Ärztin, ich vermute jedoch das es bei Non-Binären ähnlich ist.

Ursachen
Von somatischer Seite sind als Ursachen der Transidentität postuliert worden: eine hormonelle Beeinflussung des Fötus mit gegengeschlechtlichen Hormonen in der intrauterinen Entwicklung; Störungen in nicht genauer identifizierbaren Arealen des Gehirns; und eine Zeit lang vor allem das Y-chromosomal kodierte Genprodukt Histokompatibilitätsantigen Y (H-Y-Antigen). In den letzten Jahren ist aus der Sicht der Neurowissenschaften die Transidentität als eine Form hirngeschlechtlicher Intersexualität („neurointersexuelle Körperdiskrepanz“) interpretiert worden.
Als psychische Ursachen der Transidentität sind unter anderem die folgenden genannt worden: der (oft unbewusste, zum Teil aber direkt ausagierte) Wunsch der Eltern, ein Kind des anderen Geschlechts zu haben; das eher „weibliche“ Aussehen und Verhalten der späteren trans* Frau und das eher „männliche“ Aussehen und Verhalten des späteren trans* Mannes; die (unbewusste) Tendenz eines Elternteils, das Kind dem anderen Geschlecht zuzuweisen, um damit den anderen Elternteil zu verletzen; das Fehlen oder die stark negative Besetzung des gleichgeschlechtlichen Elternteils, wodurch das Kind zur Identifikation mit dem gegengeschlechtlichen Elternteil gedrängt werde; die Transidentität stelle eine Form der verdrängten, als verpönt erlebten, nicht akzeptierten eigenen Homosexualität dar.
Fasst man die genannten Überlegungen zur somatisch und psychischen Ätiologie der Transidentität zusammen (Rauchfleisch 2016, 2019, 2021), so muss man sagen, dass keine der genannten Ursachen eine verbindliche, allgemein gültige Erklärung der Transidentität darstellt. Dies ist letztlich nicht verwunderlich, da wir ja auch keine Erklärung der Cisidentität haben. Die Ätiologie der Geschlechtsidentitäten bleibt demnach weiterhin ein Rätsel.
Klar ist heute allerdings, dass die Transidentität keine psychische Störung darstellt, sondern eine Variante der Geschlechtsidentität ist, die wie die Cisidentität in sich das ganze Spektrum von Gesundheit bis Krankheit enthält.

Quelle: Socialnet

Das ist wie: »Bisexualität ist Blödsinn. Versucht mich, vom Gegenteil zu überzeugen.«

By the way, Biphobie existiert:

eine Aversion gegen Bisexualität und bisexuelle Menschen als eine soziale Gruppe oder Individuen. Sie kann sich zum Beispiel durch die Leugnung der Existenz dieser Form der sexuellen Orientierung zeigen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Biphobie