Musiktheorie: Die Quinte hat also die 1.5-fache Frequenz des Grundtones. Bei mir ergibt das das Intervall des Tritonus. Was mache ich falsch?

3 Antworten

Hallo Wissenistgut72,

Deine Rechnung ist richtig. Du irrst Dich allerdings damit, dass 660 Hz der Tritonus ist. Der Tritonus (temperiert) ist 440 Hz * 2 hoch (6/12) = 622 Hz. So kannst Du übrigens alle temperierten Stufen ausrechnen:

kl. Sekunde = x * 2 hoch (1/12), gr. Sekunde = x * 2 hoch (2/12) usw.

Gruß Friedemann


Arlecchino  19.08.2024, 14:55
So kannst Du übrigens alle temperierten Stufen ausrechnen:

Von „Temperatur” spricht man bei allen Stimmsystemen, die die Mitteltönigkeit abgelöst haben: Neidhardt, Werckmeister, Kirnberger u. a. haben „wohltemperierte” Stimmungen entwickelt.

Deine Erläuterung bezieht sich auf die gleichstufige Stimmung.

(Fachleute beginnen, sich von dem Begriff der gleichschwebenden Stimmung zu verabschieden, da mit der in der Höhe dichteren Frequenz die Schwebungen der nicht reinen Intervalle schneller werden.)

Hallo Wissenistgut,

Du bist nicht der erste, der auf dieses Problem gestoßen ist.

Was mache ich falsch?

Die Schwingungen liegen bei zunehmender Tonhöhe immer dichter. (Mathematiker würden sagen, die Erhöhung der Frequenz geschieht nicht linear sondern exponentiell.)

Veranschauliche Dir das anstatt an der Quinte an 2 Oktaven:
a → 220 Hz, a' → 440 Hz, a'' → 880 Hz.
Die Differenz bei a und a' beträgt 220 Hz, die Differenz bei a' und a'' beträgt 440 Hz - dabei handelt es sich bei beiden Intervallen um eine reine Oktave.

Um die Vergleichbarkeit von Intervallen abbilden zu können, hat man das Cent-System eingeführt: Eine Oktave hat 1200 Cent, jeder (gleichstufige) Halbton 100 Cent. Der Tritonus hat 500 Cent, die reine* Quinte 600 Cent usw. Das trifft auf alle Oktavlagen zu.

(Damit kann man auch die Tonhöhen bei ungleichstufigen „historischen” Stimmungen exakt bezeichnen. Man spricht dann von Abweichungen von x Cent im Vergleich zur gleichstufigen Stimmung.)

LG
Arlecchino

* rein im Sinne von nicht vermindert oder übermäßig


Wissenistgut72 
Beitragsersteller
 23.08.2024, 13:51

Vielen Dank für Deinen Input. Du hast meine Denkweise in die richtige Richtung gelenkt. Ich machte denn Fehler, dass ich von einem gleichbleibenden FrequenzPlus ausgegangen bin das bei jedem Halbtonschritt hinzuaddiert wird. Wie ein Kuchen der in 12 gleich grosse Stücke aufgeteilt wird. Aber Du hast recht: Das FrequenzPlus bleibt nicht gleich sondern wird immer ein bisschen grösser. Was aber gleich bleibt ist das prozentuale Plus von 5.945 % Wobei das immer wieder neu beim nächsten erreichten Halbton dazugerechnet wird. Weil dadurch die FrequenzPluse immer ein wenig grösser werden landen wir in der Mitte auch nicht beim Tritonus sonder bereits bei der Quinte.

Nochmals vielen Dank.

c7sus4  19.08.2024, 22:39

Sehr anschaulich erklärt. Kleine Korrektur: Der Tritonus hat 600 Cent, die reine Quinte 700 Cent.

Arlecchino  19.08.2024, 23:33
@c7sus4

Ich wollte austesten, ob der Fragesteller meine Antwort verstanden hat.
Scherz.
Danke für den Hinweis.

Ich bin Handwerker.
Was liegt genau in der Mitte zwischen einem 10er Maulschlüssel und einem 100er Maulschlüssel?
Der 32er Schlüssel! Warum nicht der 55er?
Weil 100:32=rund3,2
und 32:10=3,2
Also das gleiche Größenverhältnis.
So ist es auch mit den Tönen.
Es gibt die technische Normreihe:
1; 1,25; 1,6; 2; 2,5; 3,2; 4; 5; 6,3; 8; 10 usw.
Die Reihe findet sich überall in der Technik wieder, weil wir immer auf Zehner-Größen landen und 10 Stufen haben.
Und von einer Stufe zur anderen beträgt der Faktor 10 hoch (1/10).
Sowas nennt man geometrische Reihe.

In der Musik haben wir 12 Töne und müssen letztlich nicht das 10fache, sondern das doppelte, die Oktave erreichen.
Daher brauchen wir den Faktor 2^(1/12)=1,059463von einem Halbton zum anderen.
440Hz*1,059463^7=659,25, also rund 660 Hz (7 Halbtöne über 440 Hz).
Und warum sind es 12 Halbtöne in der Oktave?
Weil wir so ziemlich dicht an der kleinen Terz (1,1892 statt 6/5), der großen Terz(1,2599 statt 5/4), der Quarte (1,3348 statt 4/3) und der Quinte(1,4983 statt 3/2) vorbeischrammen, wenn wir immer einen Halbton weiter gehen. Aber lediglich die Oktave wird exakt getroffen, wie bei den Maulschlüsseln der 10er.

Jetzt habe ich mich ein paar mal korrigiert, aber die Probe sollte nun stimmen:
kleine Terz + große Terz + Quarte = Oktave
6/5 * 5/4 *4/3 =2
1,1892* 1,2599* 1,3348= 2, ganz genau.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Traktorist mit Zertifikat von Bill Gates

Arlecchino  23.08.2024, 16:13
Und warum sind es 12 Halbtöne in der Oktave?

Das hängt mit den Tetrachorden in der altgriechischen Musik zusammen, aus denen sich unser Tonsystem entwickelt hat. Kein Mensch hat an 12 gleiche Stufen gedacht. Man ist von reinen Intervallen ausgegangen. Die Gleichstufigkeit ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts.

Dass man an einigen Intervallen „vorbei schrammt”, darf man als Beleg dafür nehmen, dass die Unterteilung in 12 Halbtöne so ganz sicher nicht zu erklären ist.

RonaId  23.08.2024, 16:47
@Arlecchino

Die Harmonik ist rein physikalisch damit zu erklären, dass sich bei ganzzahligen Vielfachen eine harmonische Schwingung ergibt.
Je einfacher der gemeine Bruch der Frequenzverhältnisse, desto harmonischer.
Die Oktave ist immer rein, dann folgt die Quinte mit dem Verhältnis 3/2.
Wenn wir immer eine Quinte höher gehen, und bei Bedarf eine Oktave tiefer, wann kommen wir dann beim alten Wert heraus? Nie! Weil wenn im Zähler beliebig oft die 3 steht und im Nenner beliebig oft die 2, können wir niemals kürzen.
Aber wann kommen wir wenigstens in die Nähe?
Aber 3^12 / 2^19 = 1,0136, dichter kommen wir erst nach 51 Quintenzirkeln wieder ran.
Also haben wir nach 12 Quinten hoch und 7 Oktaven runter wieder einen Ton, der dem ursprünglichen so weit ähnelt, dass wir ihm notdürftig dieselbe Taste auf dem Klavier zuweisen können. Daher gibt es 12 verschiedene Tasten pro Oktave.
Das ist nicht exakt, denn es werden 1,3 Prozent zu viel, wenn wir einmal den Quintenzirkel herumgelaufen sind.
Darum ist auf der Geige eben ein Fis nicht dasselbe wie ein Ges.
Und da bei einem wohltemperierten Klavier die Tonabstände so vereinheitlicht worden sind, dass der Fehler zur reinen Harmonie sich völlig gleich verteilt, gibt es dort einen einheitlichen Faktor von Halbton zu Halbton.

Arlecchino  23.08.2024, 17:56
@RonaId

Die Differenz zwischen 7 Oktaven und 12 reinen Quinten hat Pythagoras bereits 500 v. Chr. berechnet. Nach ihm wird sie das ,pythagoreische Komma’ genannt. Diese Frequenzverhältnisse haben jedoch mit der Entstehung des Tonsystems und der Unterteilung der Oktave in 12 Halbtöne nichts zu tun.

Und da bei einem wohltemperierten Klavier die Tonabstände so vereinheitlicht worden sind...

Die „wohltemperierten” Stimmungen des 17. und 18. Jahrhunderts waren nicht gleichstufig. Sie wurden wohl temperiert genannt, weil sie es ermöglichten, auf einem Tasteninstrument - im Gegensatz zur pythagoreischen und zur mitteltönigen Stimmung - alle 12 Dur- und alle 12 Moll-Tonarten zu spielen. In der Ungleichstufigkeit gab es die für die Barockzeit typische Tonartencharakteristik, die es in der gleichstufigen Stimmung nicht mehr gibt.
Die gleichstufige Stimmung ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts.

RonaId  23.08.2024, 18:27
@Arlecchino

Die gleichstufige Stimmung ist ja auch eine wohltemperierte Stimmung. Auch wenn alle 24 Moll- und Durtonarten gespielt werden konnten, gab es früher dazwischen Unterschiede in der Harmonik. Aber letztlich muss ja dann auch ein Quintenzirkel spielbar sein, und dazu brauchen wir nun mal 12 Halbtöne, rein rechnerisch, egal wie sie gestimmt sind. Der Unterschied zur heutigen Stimmung bestand nur darin, dass die Abweichungen vom reinen Intervall bei jeder Tonart an anderer Stelle zu finden waren und somit jede Tonart etwas andere, für sie typische Dissonanzen hatte.
Es gab aber auch nicht wohltemperierte Stimmungen, bei denen nur bestimmte Akkorde halbwegs erträglich klangen. Wen man den Schwerpunkt auf rein gestimmte Terzen legt, ist eh nicht jede Tonart sauber spielbar. Da braucht es dann nicht mal zwingend 12 verschiedene Halbtöne.

Arlecchino  23.08.2024, 16:49
Was liegt genau in der Mitte zwischen einem 10er Maulschlüssel und einem 100er Maulschlüssel? Der 32er Schlüssel! Warum nicht der 55er?

Die arithmetische Mitte ist 55 und ohne nähere Angabe oder konkreten Grund wird man immer diese annehmen.
Die geometrische Mitte ist ungefähr 31,62. Warum sollte man bei Schraubenschlüsseln an die geometrische Mitte denken?

RonaId  23.08.2024, 17:02
@Arlecchino

Du kannst die Schlüssel auch von 10 bis 100 in 10er Schritten vergrößern. warum sollte die erste Stufe gleich doppelt so groß und die letzte Stufe nur 11% größer sein als die vorige? Und von 100 bis 1000 wählst du plötzlich 10mal so große Abstände? 80, 90, 100, 200 - da ist doch was seltsam dran. Oder wie wäre Deine Idee?

Arlecchino  23.08.2024, 18:06
@RonaId

Ich weiß, Du bist Handwerker und würdest solches Werkzeug niemals zur Hand nehmen. Aber von der Fertigungsqualität abgesehen hat ein solcher Maul-Ringschlüsselsatz seinen Sinn.
Von 6 mm bis 28 mm nimmt die Größe linear um jeweils 1 mm zu. Prozentual werden diese Schritte immer geringer; das hat für die Praxis offenbar keine Relevanz.

RonaId  23.08.2024, 19:02
@Arlecchino

Doch ich hatte sogar Maulschlüssel wie 9+3/4, denn es hin und wieder ganz absonderliche ungenormte Maße.
Standard sind z.B. 4, 5, 6, 8, 10, 13, 17, 22 usw, alle in der Nähe der Normreihe, nebst ein paar Größen außerhalb dieser Norm, wie 12, 14 usw.
Bei Sicherungen dasselbe, nur jede zweite Stufe: 4A, 6A, 10 A, 16A
Bei Nägeln ebenso 40, 50, 60, 80, 100, 120 usw.
Ausnahmen gibt es auch, begründet auf historischen Maßen oder technischen Erfordernissen, z.B. um ein Innengewinde für eine 8er Schraube zu schneiden, braucht es ein Bohrloch von 6,8 mm, da gibt es nichts in der Normreihe, was passt. Aber man findet kaum Abweichungen, die nicht klar mit Erfordernissen begründbar sind.
Und in der Stimmung der Instrumente ist es eben ähnlich. Da gibt es eben auch Normen, von denen man hin und wieder abweichen muss, z.B. wenn Instrumente mitspielen, die eben keine wohltemperierten, sondern reine Intervalle erzeugen.

Wissenistgut72 
Beitragsersteller
 23.08.2024, 14:36

Ich habe zuerst folgendes Gedankenexperiment gedacht:

Ton 1 = 1200 HZ

Ton 2 = 1300 HZ

Ton 3 = 1400 HZ

Ton 4 = 1500 HZ

Ton 5 = 1600 Hz

Ton 6 = 1700 HZ

Ton 7 = 1800 HZ

Ton 8 = 1900 HZ

Ton 9 = 2000 HZ

Ton 10 = 2100 HZ

Ton 11= 2200 Hz

Ton 12 = 2300 Hz

Ton 13 (Eine Oktave höher als Ton 1)

= 2400 HZ

Juhuuuu! Ich habe die Oktave getroffen!

Dass das dann nicht mit diesen Schritten weitergehen kann, weil man dann bei der nächsten Oktave auf diese Weise bei 3600 Hz landen würde (dabei müsste diese Oktave ja bereits eine Verdoppelung der vorherigen Oktave sein, also 4800 Hz, habe ich nicht bedacht…😌😌😌😌

RonaId  23.08.2024, 14:46
@Wissenistgut72

Ja, einfach die zwölfte Wurzel aus 2 als Faktor, das spart die Tippeltappeltour bei der Prozentrechnung.
5 Halbtöne über dem Kammerton a sind dann 1,059463 ^5 * 440 Hz=587,33 Hz.
Nochmal 7 Halbtöne drüber sind es dann 1,059463 ^7*587,33 Hz=880 Hz.

Wissenistgut72 
Beitragsersteller
 23.08.2024, 14:51
@RonaId

OK. Langsam verstehe ich. Nochmals vielen Dank für Deine Antworten.

Wissenistgut72 
Beitragsersteller
 23.08.2024, 14:20

Vielen Dank für Deine Antwort. Kurz bevor ich auf diese 5.945 % gekommen bin, habe ich schon geahnt, dass es sich um einen festen Prozentsatz statt um einen festen Frequenzbereich handeln muss. Ich hätte dann einfach herumexperimentiert bis ich auf diese 5.945 % gekommen wäre.

Alle 12 Töne jeweils mit einem 10% Plus =

zu gross

Mit einem 9% Plus = zu gross

Mit einem 8% Plus = zu gross

Mit einem 7% Plus = zu gross

Mit einem 6% Plus = zu gross

Mit einem 5% Plus = Aha! Zu klein!

Also irgendwo zwischen 5% und 6%

Dann mit 5.5% - mit 5.6% - mit 5.7% mit 5.8 umd schliesslich mit 5.9% usw.

bis ich dann schliesslich bei 5.945% gelandet wäre.

Irgendwo habe ich dann gelesen, 1.0594… zwölf mal mit sich selbst multipliziert ergäbe dann 2.