Mondnacht

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Nach dem Wortlaut deiner Frage sollst du zuerst formal interpretieren, dann „inhaltlich: Formal: Zuerst Aufbau: 3 Strophen zu je 4 Versen. Regelmäßiger Kreuzreim, regelmäßig weiblich / männliche Versschlüsse (Kadenzen); 1. Strophe ein unreiner Reim: Himmel - ...schimmer. Regelmäßig 3-hebige Jamben in allen Strophen. - 2 Zeilensprünge in Strophe 1, einer in Strophe 3. Metaphern / Personifikationen in Strophe 1: Himmel küsst Erde; Erde träumt vom Himmel Strophe 2: Anapher: Die Luft...Die Ähren....; Die Luft ging (Personifikation); 3. Strophe: Metapher / Personifikationen: Seele spannt ihre Flügel, sie flog. Zwei „Als-ob“ Vergleiche (1. und 3. Strophe)

Inhaltlich: Eichendorff gestaltet hier die typisch romantische Sehnsucht nach dem Unendlichen, der Vollkommenheit (die ja unerreichbar ist). Sehnsucht und Wanderschaft sind denn auch die klassischen Motive der Romantik. Der Wanderer ist ewig unterwegs nach einem unerreichbaren Ziel. Außerdem zeigt sich in dem Gedicht das urromantische Anliegen der Dichter der Romantik, das Novalis einmal so ausgedrückt hat: Es gilt, die (platte) Wirklichkeit zu romantisieren, allem Banalen, Trivialen den Anschein des Ungewöhnlichen, Erhabenen zu verleihen (dem Sinne nach zitiert). Das wird in „Mondnacht“ durch die auffällige Formulierung „als hätt’“ und „als flöge“ dargestellt, d.h., es ist in der unpoetischen Wirklichkeit in Wahrheit ja nicht so, es geschieht nur in der romantisierten Wirklichkeit so! In dieser verwandelten Welt küsst der Himmel die Erde, m. a. W.: das, was wir mit Unendlichkeit, Vollkommenheit verbinden (Himmel), nimmt eine innige Beziehung zur unvollkommenen Erde auf („küsst sie“), das vollkommen Schöne des Himmels („Blütenschimmer“) zeigt sich der Erde. Dadurch wird eine Stimmung ausgelöst, welche die Erde dazu bringt, vom Himmel zu träumen. Die Erde wird also traumhaft verwandelt. In der zweiten Strophe wird nun die traumhaft verwandelte Erde in einem vollkommenen Bild dargestellt. Die sacht wogenden Ähren auf den Feldern, die leise rauschenden Wälder und die sternklare Nacht empfinden wir als etwas Wunderbares, Vollkommenes. Jetzt tritt das lyrische Ich in der dritten Strophe hervor. Angesichts der „romantisierten“ Wirklichkeit, der traumhaft verwandelten Welt öffnet sich die Seele des „Ichs“; sie wird metaphorisch als Vogel dargestellt, der seine Flügel weit ausspannt und durch die stillen Lande fliegt. „Als flöge sie nach Haus“ ist wieder ein Geschehen, das sich nur im „Als ob“- Bereich abspielt, also im Bereich der verwandelten, romantisierten Welt. So kommt es dem lyrischen Ich vor, als wäre seine Seele nun unterwegs „nach Haus“. Dieses „Nach Haus“ ist symbolisch zu interpretieren. Mit einem „Zu-Hause“ verbinden wir im allgemeinen etwas Vollkommenes, eine intakte Familie, Mutter- , Vater- und Geschwisterliebe oder die Liebe eines Gatten (einer Gattin). Die Seele des lyrischen Ichs ist also rein gefühlsmäßig („als flöge sie“) unterwegs zu einem vollkommenen Leben, das aber nur auf der Ebene des Gefühls erreichbar ist, in der (platten) Wirklichkeit aber erweist sich dieses vollkommene Leben (fast immer) als unerreichbar, höchstens in der Erinnerung erscheint das Vollkommene, im Rückblick auf das Elternhaus (nicht bei jedem), aber da das alles schon längst vergangen ist, träumt das lyrische Ich also auch hier von einem unerreichbaren, vollkommenen Zustand.