Mobbing in der KiTa unter Kindern?

3 Antworten

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Als ich die Erzieher ansprach, meinten sie "Dies sei halt der alltägliche Kitawahnsinn". Es hört aber nicht auf.

Ja und nein.

Ja es ist der alltägliche Kitawahnsinn und nein, es wird auch nicht aufhören. Das hat was mit der Situation dieses Jungen zu tun und damit, dass er sich vermutlich in der falschen Kita befindet. Dazu später aber mehr.

Ja, meine Tochter ist sensibel. Wir sind aber mit Ergotherapie dran, sie zu stärken. Dennoch finde ich, dass das so nicht weitergehen kann.

Deine Tochter ist nicht sensibel. Sie ist ein normal entwickeltes Kind. Die Ergotherapie wird da nichts helfen, denn was soll sie machen wenn der Junge stärker ist als sie. Die Ergotherapie macht sie vielleicht bewusster im Umgang ihrer eigenen Position, nur was nützt eine Portion Selbstbewusstsein, wenn sie körperlich unterlegen ist.

Ich vermute mal, ihr wohnt in einer kleinen bis mittelgroßen Stadt. Das Kind musste vermutlich aufgenommen werden, weil die Eltern auch nicht mehr weiter kamen, leider ist aber keine Kita im Umkreis vorhanden die mit solchen Kindern umgehen kann.

Ich selber arbeite in einer Kiez Kita. Zu uns kommen über 400 solcher Kinder. Das sind Kinder mit sozial emotionalen Auffälligkeiten, Kinder die schwerst ADHS geplagt sind, Systemsprenger im Anfangsstadium und alles was im sozialem Randgebiet vorhanden ist. Bei uns ist es so, das solche Kinder einmal durch alle Gruppen gehen und da, wo sich das Kind besser einfügen kann, dort bleibt es. Da ist Beziehungsarbeit von der Erzieherin zuständig. Nicht jedes Kind springt auf jede Erzieherin gleich an und pariert aufs Wort. Ich habe derzeit drei Kinder die so agieren wie du es oben beschrieben hast.

Der unterschied ist, schon kurz nach einem halben Jahr laufen die ohne auszuticken. Dazu ist eine Menge Arbeit nötig, Arbeit, welche normale Regelkitas nicht leisten können. Und daher wird sich das Verhalten auch nicht ändern. Wir sind in Teams aufgeteilt. Jedes Team umfasst drei Gruppen. Wir sind drei Regelerzieher, drei Heilpädagogen zwei Frühförderinnen und mehrere Sprachtherapeuten von Außerhalb. Jede Gruppe ist mit 16 Kindern voll. Selbst das ist schon absolut grenzwertig. Ich glaube in normalen Regelkitas sind 25 Kinder in den Gruppen. Wir haben pro Gruppe einen Hauptraum, einen Nebenraum, einen breiten Spielflur und direkten Zugang zur Garderobe und den Gärten. Das heißt die Kids können sich besser aufteilen und sich aus dem Weg gehen.

Die Frage ist, wie ist eure Gruppe bestückt? Wie viele Leute auf wie viele Kinder. Und was für Kollegen sind das? Wie werden solche Kinder bei euch aufgefangen. Wenn es nur bedeutet : Rein in die Gruppe und Tür zu, dann wird das so weiter gehen.

Kleines Beispiel wie wir solche Kinder auffangen:

Erste und zweite Woche Eingewöhnung. Sehen wir das das Kind ausartet beginnt das Gruppenhopping um zu sehen wo es besser reinpasst. Hat das Kind eine passende Gruppe gefunden werden die ersten Beobachtungen im Team gemacht. Es werden Teamsitzungen für dieses Kind durchgenommen um zu überlegen wie man weiter vor geht. Die Aufgaben werden geteilt. Der Haupterzieher für das Kind schreibt die Beobachtungen und ist direkt am Kind. Sie beobachtet genau was das Kind braucht, wo es aussetzt und wird dann innerhalb einer Woche ein Förderkonzept schreiben. Dieses Förderkonzept geht an die Leitung. Die schaut sich das Kind dann an und schaut, ob da ein Fallgespräch geführt werden muss. Im Fallgespräch kommt Jugendamt, Gesundheitsamt, Kita und Eltern zusammen. Dann wird das Kind in eine Diagnostik eingeladen. Die Diagnostik geschieht in einem sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ). Es wird die Diagnose gestellt die auf das Kind zutrifft.

Das Verhalten das du schilderst kann viele Ursachen haben und kann vielseitig gelagert sein. Schlechte Erziehung, ADHS, Fötales Alkohol Syndrom und und und.... Wenn die genaue Diagnose nach 3-6 Wochen fest steht, dann steht auch schon fest, wie es mit dem Kind weiter geht. Die Diagnose geht an die Eltern, die kommt damit in die Kita und wir schauen uns an, ob wir die Förderung im Haus hinbekommen, oder aber ob von außerhalb eine Zuarbeit erfolgen muss. Wir haben da ein Netzwerk an Leuten von Außerhalb die ins Haus zum Fördern kommen.

Es ist quasi so, dass ein ganzes Netzwerk um ein Kind entfaltet wird, damit es aufgefangen wird. Und mit Ende der Kitazeit ist das nicht zu Ende. Das Kind wird weiterhin in der Schulzeit bis hin zur Ausbildung aufgefangen.

Aber das Problem ist, dass sowas nicht jede Kita leisten kann. So eine Kita wie wir sie haben nennt man "Flaggschiffe" der Träger. Das sind Häuser die auch als Aushängeschild gelten und da kommt man auch nicht als Otto Normalerzieher rein. Aber solche Kitas sind auch nicht überall zu finden. Es gibt in unserem Landkreis keine weitere und im Gesamten Bundesland gibts nur eine Hand voll Träger, die sich ein solches "Flaggschiff" leisten könnte. Aber es gibt genug Kitas, welche Förderungen anbieten und engmaschig mit einem SPZ zusammen arbeiten.

Da dieses Kind aber bei euch gelandet ist, wird der Drops wahrscheinlich schon gelutscht sein, sprichwörtlich, weil es ist so, jedes Kind hat ein Anrecht auf einen Kitaplatz und man kann das Kind nicht einfach loswerden.

Ich an deiner Stelle würde das Gespräch mit den Elternsprecher suchen, weil es sicherlich mehrere Kinder gibt, die unter dem einen Kind zu leiden haben. Wenn ihr euch gefunden habt, also du und die anderen Eltern die es betrifft, würde ich ein Gespräch mit der Leitung vereinbaren und um ein klärendes Gespräch bitten. Kommt man auf keinen Konsens ist die nächste Anlaufstelle der Fachbereich des Trägers.

Wenn am Ende alles nichts nützt bleibt nur ein Kitawechsel eurerseits, denn....

Der Einrichtung können die Hände gebunden sein, denn jedem Kind steht ein Kitaplatz zu und egal wie gelagert dieses Kind ist, es wird bleiben und darf nicht gekündigt werden.

Bei all dem sollte aber auch nicht vergessen werden, dass der Junge nichts für sein Verhalten kann. Er macht es nicht absichtlich, denn wo die Fäuste sprechen weiß das Kind sich nicht anders auszudrücken. Für ihn ist vermutlich das Schlagen oftmals die letzte Möglichkeit sich auszudrücken.

Und falls hier an dieser Stelle noch jemand anderes mitliest...... es wird noch schlimmer werden. Ich arbeite nun schon seit über 20 Jahren in dieser Kita. Als ich vor 20 Jahren dort begann war ich geschockt, wie schlimm es ist. Damals hatten wir vielleicht 2-3 schwere Fälle in der Kita die so auffällig waren. Damals waren wir auch nur Integrationskita. Heute sind wir Kiez Kita mit Schwerpunktpädagogik. Demensprechend schlimm ist es auch geworden. Und je mehr Zeit in die Welt verstreicht, um so schlimmer wird es. Falls du in 2-5 Jahren nochmal ein Kind in die Kita bringen solltest, dann schau sie dir genau an und hinterfrage einige Eltern, wie es derzeit in der Kita läuft. Überprüfe genau und nicht nur auf der Homepage der Einrichtung, denn da ist alles beschönigt. Wenn du wissen willst wie es tatsächlich läuft, rede mit anderen Eltern. Die werden bei schlechten Verhältnissen aus dem Nähkästchen plaudern.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Ich arbeite seit über 20 Jahren mit Kindern und Jugendlichen

Sissi77q9 
Beitragsersteller
 18.02.2025, 21:20

Wow, vielen Dank für die ausführliche Antwort. Hab so viel neues gelernt!!

Die Kita besteht aus 1 Gruppe mit 25 Kindern, auf 3 Erzieherinnen. 1 davon ist die Kitaleitung. Es gibt 1 auszubildene im Haus, diese ist 3 Tage die Woche da und eine die macht FSJ.

Der junge war davor in einem Montessori KiGa. Warum er gewechselt hat, weiß ich nicht. Das Problem der Kita jetzt ist, dass die das Haus komplett renoviert haben. Die Kinder waren dann zum überbrücken in einer anderen Kita 1 Jahr. Als die Kita wieder geöffnet hat und unsere kinder quasi zurück in ihre "alte" kita durften, war das Personal komplett neu. Diese waren aber naja...sehr unbeholfen. Sie mussten sich auch erstmal an alles gewöhnen.

Die Eingewöhnung sozusagen, fing mit den 5 großen an. Sie mussten erstmal ein System rein bekommen. Vieles war sehr chaotisch am Anfang. Es fand kein geregelter Ablauf statt. Die Kinder hatten Freiheiten sag ich mal, die mit der Anzahl der anderen Kinder plötzlich nicht mehr vorhanden waren.

Damals (zumindest die 2 Wochen bis die anderen Kinder hinterher kamen) erzählte meine Tochter noch nichts über ihn. Das kam erst später wie gesagt, als alle Kinder vollzählig da waren.

Es muss ja für den jungen auch schwer sein. Die anderen Kids leiden auch auf ihre Art durch sein Verhalten. Er haut meistens aus dem Spiel heraus. Bzw dann, wenn die Kinder es am wenigsten erwarten, wenn meine Tochter versucht hat ihn zu fragen ob er mitspielen mag, weigert er sich jedes mal bzw lehnt ab. Die Erzieherinnen sagen, er macht sein eigenes Ding. Ist ja auch okay, aber bitte ohne sich selber oder den anderen zu schaden.

Gar nicht einfach für alle Beteiligten. Die Mutter schickt ihn deswegen auf die Waldorfschule. Mir tut dieses Kind auch leid. Keiner möchte ausgegrenzt werden. Weder er noch andere Kinder. Alles nicht einfach..

Seine Mama ist im Eltenbeirat...

Du wirst dein Kind einfach nicht vor anderen schütz können. Es wird immer Menschen geben, mit denen sie Probleme haben wird. Du musst sie versuchen zu stärken. Natürlich kannst du auch hin gehen und das Gespràch mit den Erziehern suchen und seine Eltern mig ins Boot holen. Versuchen kannst du es auf jeden Fall. Aber ob es was bringt, wird sich zeigen


Sissi77q9 
Beitragsersteller
 18.02.2025, 19:08

Klar wirds immer solche Kinder geben. Aber nichts tun fühlt sich auch falsch an.

Ich bin daheim mit ihr dran, sowie mit der Ergo. Dennoch finde ich das krass iwie

Pharmaengel  18.02.2025, 19:36
@Sissi77q9

ja is auf jeden Fall krass. Wir hatten damals auch so einen in der Klasse. Aber da war auch das Elternhaus 💩 hat nichts gebracht mit den Eltern zu reden, die waren selber assi

Da müßen die Eltern vieleicht mal ran. Entweder selber mal die Eltern ansprechen oder eben die Kindergartenleitung mit ins Boot hohlen.


Sissi77q9 
Beitragsersteller
 18.02.2025, 19:04

Die Mama nennt ihren Sohn einen "Freigeist". Die Erzieherinnen sprechen oft die Mama von dem jungen an, weil immer etwas ist. Bis jetzt tut sich nichts.. aber ich werde es auch tun müssen