Mit Anfang 40 in den Rettungsdienst?

5 Antworten

Von Experten Rollerfreake und DorktorNoth bestätigt

Hi,

Mit Anfang 40 in den Rettungsdienst?

Vorneweg: es spricht grundsätzlich nichts dagegen, auch mit 40 in den Rettungsdienst einzusteigen.

Wie alt sind denn so die Personen (im Durchschnitt), die das nebenberuflich erlernen wollen?

Per se ist die Bandbreite recht groß und der Altersdurchschnitt der Wachen kann durchaus erheblich variieren - von "gerade 18" bis "über 50" ist bei Neueinsteigern grundsätzlich alles vertreten.

Im Regelfall haben die meisten Wachen allerdings sehr junge Teams - ein Durchschnittsalter von 30 Jahren oder jünger findet man durchaus relativ häufig; der Großteil der Neueinsteiger ist zwischen 18 - 20 Jahren alt, hat bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung oder Abitur und macht ein FSJ.

Du wirst also - auch wenn es durchaus lebenserfahrenere Berufseinsteiger im Rettungsdienst gibt - überwiegend die Qualifikation zur Rettungssanitäterin mit wesentlich jüngeren Menschen verbringen.

Bin ich mit Anfang 40 (+ Mutter) noch im Rahmen oder schon Kategorie "Ach, herrje!"?

Es kommt drauf an.

Wer mit 40 noch "dynamisch" ist, lernbereit und lernfähig ist, Interesse zeigt und sich in das Team integriert, hat erfahrungsgemäß keine Probleme. Weder im Rahmen der Qualifikation, noch in der Berufsausübung.

Wer augenscheinlich irgendwie den Einstieg in den Rettungsdienst versucht, weil er für den ursprünglichen Job nicht mehr geeignet ist, kein Interesse zeigt, beim Lerntempo nicht mehr mitkommt und sich nicht einbringt...derjenige wird Probleme haben.

Und was muss man außer Belastbarkeit, FS Klasse C1 (hab noch den alten rosa FS), einer ruhigen Art, ständiger Lernbereitschaft und Empathie noch mitbringen?

Ein naturwissenschaftliches und technisches Grundverständnis, wie iwaniwanowitsch erwähnt hat, ist definitiv von großem Vorteil.

Gerade wenn die Schulzeit schon etwas länger zurück liegt, kann ich nur empfehlen, den Stoff der Mittelstufe in den Naturwissenschaften aufzufrischen.

Die Bereitschaft zur Schichtarbeit, Wechselschicht par excellence, Wochenend-, Feiertags- und Nachtarbeit muss grundsätzlich vorhanden sein - mit einem nicht planbaren Feierabend muss man jedenfalls in der Notfallrettung leben können.

In Hinblick auf die Kinder muss eine entsprechende Betreuung, wenn noch nicht alt genug, sichergestellt sein - und im Zweifelsfall auch kurzfristig verfügbar.

LG


Die psychischen und körperlichen Anforderungen können sehr hoch sein z.b. Schichtarbeit, Nachtdienst usw. Es wechseln sich oft "langweilige Wartezeiten" mit sehr hektischen und intensiven Erlebnissen ab, man braucht sehr viel Geduld und echt starke Nerven wenn wieder mal ein paar Besoffene randalieren und man selbst noch beschimpft wird wenn man helfen will. Und um 3 Uhr Nachts wenn man tagsüber nicht besonders gut geschlafen hat macht das keinen Spass, man muss sich selbst wirklich gut unter Kontrolle haben. Wenn dann noch ein arroganter "Notfallarzt" blöd herum zickt kostet es echt Nerven ruhig zu sein und unaufgeregt weiter zu arbeiten. Die meisten welche eine solche Arbeit machen sind wohl etwa 30 bis 50 Jahre alt. Das notwendige Wissen sollte ein durchschnittlich intelligenter Mensch gut erlernen können, da sehe ich kaum ein Problem. Bei den Einsätzen weiss man nie was gerade auf einem zu kommt; da ist von Besoffenen über Herzinfarkte und Autounfällen alles möglich, je nach dem wie der Rettungsdienst lokal organisiert ist. Manchmal ist der Rettungsdienst in "Medizinische Notfälle" also Herzinfarkt, entgleiste Diabetiker, Suizide mit Drogen usw. und "Chirurgische Notfälle" also Autounfälle, Beinbrüche usw. unterteilt.

Man muss in jedem Fall "ruhig Blut bewahren" und das ist oftmals eine echte Herausforderung. Auch das Körperliche sollte nicht unterschätzt werden, man schläft bei Schichtarbeit oft nicht besonders gut und viel. Dennoch ...warum nicht?!

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Ich bin seit 35 Jahren dipl. Krankenpfleger und Sozpäd.

iwaniwanowitsch  23.12.2021, 19:09
Manchmal ist der Rettungsdienst in "Medizinische Notfälle" also Herzinfarkt, entgleiste Diabetiker, Suizide mit Drogen usw. und "Chirurgische Notfälle" also Autounfälle, Beinbrüche usw. unterteilt.

Ehrlich gesagt: nein. Eine solche Unterteilung gibt es nicht. Man bekommt den Einsatz, für den man laut Alarm- und Ausrückeordnung zuständig ist. Für ein und denselben Rettungswagen kann das bedeuten: zu Schichtbeginn eine Verlegung, auf der Rückfahrt davon eine gestürzte Person im Seniorenheim, dann einen Herzinfarkt, eine "hilflose Person" und zum Dienstschluss einen Verkehrsunfall. Eine Unterteilung der Rettungsmittel nach internistischen/chirurgischen/neurologischen Notfallbildern gibt es nicht.

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Patrickson  23.12.2021, 19:21
@iwaniwanowitsch

Ok, keine Ahnung wie das in Deutschland geregelt ist, aber hier in der Schweiz habe ich selbst mal so gearbeitet: Ich war als dipl.Krankenpfleger auf einer Medizinstation angestellt und wir waren auch für medizinische Notfälle in der Region zuständig. Wir hatten dazu ein Zimmer mit 2 Betten entsprechend ausgerüstet und vom dipl. Pflegepersonal waren 2 bestimmt bei medizinischen Notfällen "auszurücken". Die Chirurgie hatte entsprechendes bei solchen Notfällen. Aber eben, das ist je nach Spital und Bedürfnissen unterschiedlich organisiert; wir waren ein kleines Regionalspital mit insgesamt 4 Notfallplätzen und bei uns war das so geregelt und klappte sehr gut.

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Nichts gegen dich.

Aber in dem Job muss man Menschen retten. Das ist kein Spaß mehr.

Und es ist fakt, das dir dann sehr viele jahre fehlen. Würde mich aber auch wundern, wenn dich welche annehmen würden. Macht wenig sinn.


LittleCoon  23.12.2021, 18:18

Wo ist das Problem?

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Nayes2020  23.12.2021, 18:18

Und jemand mit 18 hat diese fehlende Jahre?

Dafür ist doch die Ausbildung da

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BlueWaves  23.12.2021, 18:20
@Nayes2020

Schon klar das eine Ausbildung dafür da ist.

Du kannst aber keinen älteren Menschen (Körperlich,Geistlich) mit einem deutlich jüngeren vergleichen. Und wir reden nicht von einem Einzelhandel. Sondern ein Rettungssänitäter der Leben retten soll etc.

Sie kann es natürlich versuchen. Aber aus Kreisen weiß ich, das man nicht angenommen wird :)

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iwaniwanowitsch  23.12.2021, 18:29

Auf welchem Fachwissen beruht deine Aussage?

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Prinzipiell ist es machbar und es spricht nicht's grundsätzlich dagegen, dass man mit Anfang vierzig noch in den Rettungsdienst geht. Bei mir im Rettungssanitäter- Grundlehrgang war jemand, der mit 50+ nochmal beruflich umgestiegen ist und er wurde deswegen jetzt auch nicht irgendwie von den anderen Teilnehmern ausgegrenzt oder so. Es muss einem aber halt im Voraus klar sein, dass sich der Großteil der Teilnehmer*innen zwischen dem 18 und 20. Lebensjahr befindet. Es ist auch (körperlich) ein großer Unterschied, ob man mit 40 Jahren in den Rettungsdienst einsteigt oder ob man schon seit seinem 20. Lebensjahr im Rettungsdienst ist. Es ist zwar körperlich immer noch ein herausfordernder Beruf, jedoch haben neuere Systeme das Arbeiten erleichtert, beispielsweise, werden neue Rettungswagen fast immer mit einer elektrohydraulischen Fahrtrage ausgerüstet und sogenannte Raupentragestühle, erleichtern heute vielfach den Transport der Patientinnen und Patienten in Treppenhäusern.

Eine nebenberufliche Qualifizierung zum Rettungssanitäter, ist eher "unüblich", die Meisten, durchlaufen die Qualifikation in Vollzeitform. Der Rettungssanitäter- Grundlehrgang, wird i.d.R. in Vollzeitform angeboten, das anschließende Krankenhauspraktikum, kann in maximal zwei Blöcke gegliedert werden, das darauf folgende Praktikum an der Lehrrettungswache, ist theoretisch frei einteilbar, allerdings muss die LRW natürlich wissen, wann man da ist, sodass es üblicherweise ebebfalls in Vollzeitform abgeleistet wird oder ebenfalls in maximal zwei Blöcken. Der Rettungssanitäter- Abschlusslehrgang oder Prüfungslehrgang, muss in Vollzeitform durchgeführt werden.

Es muss einem klar sein, dass die Ausbildungsdauer mittlerweile eigentlich viel zu kurz bemessen ist und dass man deswegen viel Lernen muss, es bleibt kaum Zeit für Freizeit/ für Anderes. Mit Kindern, kann das natürlich zu einem Problem werden. Auch die Finanzierung, könnte schnell zu einem Problem werden, denn es gibt keine Vergütung und stattdessen, müssen die Absolventen die Lehrgänge an der Rettungsdienstschule auch noch bezahlen, hierfür, ist mit Gesamtkosten von runden 1.500.00€ zu rechnen. Die Kinderbetreuung muss sichergestellt sein, auch kurzfristig, denn Rettungssanitäter*innen, arbeiten natürlich an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr im Schichtdienst. Auch bereits während der notwendigen Ausbildungspraktika, ist man bereits im Schichtdienst tätig.

Es sei anzumerken, dass der Koalitionsvertrag der neuen Ampel- Bundesregierung vorsieht, die Ausbildung von Rettungssanitäter*innen in einem Bundesgesetz zu regeln. Die Ausbildung wird dann mit Sicherheit umfangreicher und länger, mindestens ein Jahr, maximal zwei Jahre. Was dann mit den bereits ausgebildeten Rettungssanitäter*innen geschieht, ist noch völlig offen, es ist aber davon auszugehen, dass eine weitere Ausbildung erforderlich sein wird, deren Dauer sich dann natürlich an der Länge der Gesamtausbildungszeit bemessen wird. Um genaueres zu sagen zu können, muss aber erst ein entsprechender Gesetzentwurf vorliegen. Klar ist allerdings, dass sich auf diesem Gebiet etwas tut und man mit einer weiteren Ausbildung zu rechnen hat, wenn man jetzt nach dem "alten System" Rettungssanitäter wird. Völlig unklar/ offen ist zum jetzigen Zeitpunkt auch noch die Frage der Finanzierung. Ich denke schon, dass es dann eine Ausbildungsvergütung geben wird, jedoch wird diese geringer als bei Notfallsanitätern ausfallen und deren Ausbildungsvergütung, reicht ja schon nicht für ein eigenständiges Leben und schon gar keines mit Kindern aus.

Mfg


JanineW79 
Beitragsersteller
 26.12.2021, 12:39

Gibt es da schon Quellen im Internet dazu?

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Rollerfreake  26.12.2021, 17:55
@JanineW79

Du meinst zur Erweiterung der Rettungssanitäter- Ausbildung?!. Den Koalitionsvertrag kann man sich als PDF- Dokument downloaden und ab Seite 85 geht es um das Thema Gesundheit. Dort wird eben auch in einem Satz erwähnt, dass die Ampel- Parteien die Ausbildung zum Rettungssanitäter in einem entsprechenden Bundesgesetz regeln möchten. Für nähere Aussagen ist es wie in meiner Antwort erwähnt aber gegenwärtig noch zu früh, da eine nähere Ausgestaltung erst in den entsprechenden Gesetzentwürfen stattfindet. Klar ist allerdings, dass es bei dem derzeitigen Ausbildungsumfang nicht bleiben wird und dass Absolventen der bisherigen RS- Ausbildung dementsprechend mit einer verpflichtenden, weiteren Ausbildung zu rechnen haben.

Mfg

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Aus meiner Sicht spricht da nichts gegen.

Wie alt sind denn so die Personen (im Durchschnitt)

Meiner Erfahrung nach deutlich jünger, weil man den RS ja meistens im FSJ oder Brandmeisterlehrgang macht, als reine "Berufskarriere" ist der RS eher selten gewählt.

Aber das ist halt nur die Erfahrung, keine Argumentation. Stichhaltige Gründe gegen dein Vorhaben gibt es meiner Einschätzung nach nicht.

Und was muss man außer Belastbarkeit, FS Klasse C1 (hab noch den alten rosa FS), einer ruhigen Art, ständiger Lernbereitschaft und Empathie noch mitbringen?

An sich sind deine Punkte völlig korrekt, dazu kommt noch technisches und biologisches Verständnis, Flexibilität, organisatorisches Verständnis.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Patrickson  23.12.2021, 19:26

Bei euch in Deutschland ist der Rettungsdienst glaub der Feuerwehr eingegliedert, oder? Hier in der Schweiz ist der Rettungsdienst eine Sache für sich und etwas anders organisiert, auch bezüglich Ausbildung, man wird zuerst dipl. Krankenpfleger, heute DN2, Diplomniveau 2 und dann macht man Zusatzausbildungen z.b. als Rettungssanitäter.

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iwaniwanowitsch  23.12.2021, 19:47
@Patrickson

So einfach ist das nicht zu erklären:

Der Rettungsdienst hat erst einmal in jedem Bundesland eine eigene Gesetzgebung. Was in Mecklenburg-Vorpommern gilt, kann in Niedersachsen ganz anders geregelt sein.

Im Prinzip gilt: In kreisfreien Städten ist der Rettungsdienst immer in Trägerschaft der Stadt. Die Stadtverwaltung überträgt diese Aufgabe der Feuerwehr.

In kleineren, kreisangerhörigen Kommunen kann der Rettungsdienst entweder von der Stadt oder dem Kreis getragen werden.

Das ist dann erst einmal die reine "Verwaltungsebene", die Durchführung kann dann noch etwas anderes sein: durchgeführt werden kann der Rettungsdienst im Auftrag des Trägers entweder selbst (in Gestalt der Feuerwehr oder eines Kreisbetriebes) oder an externe Leistungserbringer (zB das rote Kreuz, der Arbeiter-Samariter-Bund etc) ausgeschrieben werden.

Im Einsatz sind Feuerwehr und Rettungsdienst allerdings untrennbar miteinander verbunden: die Leitstelle ist die gleiche, das Funksystem ist das gleiche, man arbeitet parallel an den selben Einsatzstellen zusammen, etc. Im täglichen Einsatzbetrieb ist hier keine Trennung zu ziehen.

Das bedeutet also, dass jeder Mitarbeiter im Rettungsdienst bei euch erst einmal Krankenpfleger lernen muss? Ist das dann auch eine richtige Berufsausbildung (in Deutschland überwiegend drei Jahre)?

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Patrickson  23.12.2021, 20:05
@iwaniwanowitsch

Da bin ich überfragt. Jedenfalls haben alle welche ich kenne und Rettungssanitäter geworden sind zuerst die Ausbildung zum "Pflegefachmann/Frau Diplomniveau 2" gemacht und dann arbeitsbegleitend die Zusatzausbildung als Rettungssanitäter. Die Ausbildung zum Diplomniveau 2 dauert 4 Jahre. Ich habe die Ausbildung zum dipl. Krankenpfleger akp damals noch in 3 Jahren gemacht, das war 1984-1987. Mit dem Diplomniveau 2 hat man an Wissen eigentlich schon sehr viel was man als Rettungssanitäter wissen muss aber natürlich fehlt noch die Erfahrung und das entsprechende Können. Ich habe von 1991 bis 2007 als "Gassenarbeiter" gearbeitet und dazu gehörten auch häufig Einsätze in solchen Situationen, Reha, CPR usw. später habe ich noch die Ausbildung zum Sozialpädagogen gemacht und so gearbeitet deshalb bin ich bezüglich den aktuellen Ausbildungen in der Pflege nicht ganz a jour... das wechselt hier in der Schweiz ständig...

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Rollerfreake  24.12.2021, 11:22
@Patrickson

Soweit ich weiß, ist der diplomierte Rettungssanitäter HF in der Schweiz eine dreijährige Ausbildung und kann demnach in etwa mit dem Notfallsanitäter in Deutschland verglichen werden. Der Dipl. Rettungssanitäter HF, hat allerdings insgesamt noch 800 Ausbildungsstunden mehr als der Notfallsanitäter, wobei die Dauer der schulischen Ausbildung aber identisch ist (ich meine 1.870 bis 1.960 Stunden in der Schweiz und 1.920 Stunden in Deutschland). Die Zugangsvoraussetzung ist aber eine andere. In Deutschland, genügt formal gesetzlich ein Realschulabschluss um Notfallsanitäter zu werden, um in der Schweiz diplomierter Rettungssanitäter HF zu werden, bedarf es entweder Matura oder aber einer bereits vorher abgeschlossenen Ausbildung von mindestens dreijähriger Dauer. Dadurch, haben diejenigen, welche kein Matura haben, bereits vorher eine Berufsausbildung absolviert, i.d.R. natürlich eine medizinisch-/ pflegerische Ausbildung. Es kann dann gut sein, dass diese auf die Ausbildung zum Dipl. RS angerechnet wird. Mfg

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Patrickson  24.12.2021, 16:25
@Rollerfreake

Danke für diese Info! Super! Ich war hauptsächlich in den 1980er und 1990er in der Pflege und Medizin tätig, danach vor allem als Sozialpädagoge, und seither ist natürlich viel Zeit vergangen und vieles hat sich verändert.

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