Menschen mit offensichtlicher Behinderung anstarren?
Guten Tag
im Rahmen meines Studiums befassen wir uns derzeit mit Integration und Behinderung. Nun haben wir sehr viel darüber geredet, dass Menschen mit einer Beeinträchtigung oft angestarrt werden und dann der Blick entzogen wird und sie dadurch eine Ausgrenzung erleben...
Nun habe ich mich folgendes gefragt:
wir Menschen schauen eben, so sind wir. Das wegschauen haben wir erlernt und ist eigentlich „höflich“ gemeint, weil man ja nicht starren soll (haben unsere Eltern doch immer gesagt).
Was könnte man denn alternativ tun, damit man Menschen nicht so in Verlegenheit bringt? Welche Reaktion wäre angemessener?
vielen Dank ❤️
10 Antworten
Ich habe krumme Füße Hohlfüße und Krallenzehen. Wenn ich z. B. mit Sandalen laufe, merke ich schon das viele länger schauen. Angemessen fände ich wenn man kurz mal schaut und es dann ok ist, so dass man sich nicht beobachtet fühlt.
Hallo, vielen Dank dass du dich gemeldet hast! Also wenn man kurz hinschaut und danach wegschaut (weil man sich beim schauen ertappt) dann ist es trotzdem ok für dich? Stört es dich nicht wenn Menschen dich nach dem Schauen „ignorieren“ weil sie die Absicht haben, dir nicht mehr zu nahe treten zu wollen?
Ich behandle Menschen mit einer Behinderung genau so, wie ich auch Menschen ohne Behinderung behandle. Ich schaue kurz, lächle (wenn es sich ergibt) und schaue dann weg.
Angemessen ist, eben nicht zu starren, sondern nur kurz hinzuschauen. Man starrt auch nicht behinderte Menschen nicht an, wenn man etwas Erziehung genossen hat.
Das Gegenteil von Anstarren ist nicht wegschauen. Wann Ansehen zum Anstarren wird, ist ein schmaler Grat, der nur intuitiv zu erfassen ist. Dazu gibt es keine Richtlinie. Leider mangelt es vielen Menschen an dieser Intuition und so fallen sie von einem Extrem ins andere. Beides ist aber gleichermaßen unhöflich.
Etwas persönlich neues/ ungewöhnliches nicht anzustarren bzw. - ggf. heimlich - genauer zu inspizieren, entspricht nicht unserer psychologischen Natur. Unbekanntes und Außergewöhnliches zieht automatisch Aufmerksamkeit auf sich, weil es so viel unbekanntes Potential hat als Bedrohung, irrelevante Erscheinung oder als (Ressource für) Vergnügen. D.h. gewohnheitsgemäß nicht zu Starren ist eine Kulturleistung, die erlernt werden muss.
Wozu ist es denn aber überhaupt gut, nicht zu starren? Es könnte der angestarrten Person unangenehm sein. Ich sage könnte, weil es durchaus nicht wenige Personen gibt, die sich im Scheinwerfer der Aufmerksamkeit anderer eher wohl fühlen. Ob man sich wohlfühlt oder nicht, hängt ganz von den Überzeugungen ab, die man über das Starren der anderen hat. Ich habe die starke Vermutung, dass es behinderten Menschen weniger unangenehm ist von Kindern angestarrt zu werden, als von Erwachsenen, da Kindern eher reine Neugier als Ablehnung o.ä. unterstellt wird. Da ich das denke, halte ich meine Kinder nicht vom Starren ab, sondern frage sie vielmehr, was sie denken, oder gehe auf deren typische Frage danach, "was mit der Person da ist" offen ein, bzw. biete ihnen an, gemeinsam rüber zu gehen und die Person selbst zu fragen, wozu sie dann oft zu unsicher sind. So denke ich, haben sie die größte Chance, Behinderte als seltenere aber normale Mitmenschen zu erleben und somit von alleine immer weniger den Drang zum Starren zu haben.
Lies doch mein Text nochmal durch, wir Menschen schauen hin ob wir wollen oder nicht ;)