Menschen in Bruchköbel unfreundlich?

2 Antworten

Von Experte Angel1112 bestätigt

Kenne Bruchköbel und die Umgebung (Main-Kinzig-Kreis), das ist halt einfach nur Provinz; viele ältere Menschen, viele sehr einfache Menschen, wenig Besonderes, man ist am liebsten unter sich und alles andere lehnt mal erstmal ab, teilweise auch weil man Angst davor hat - stamme selbst ursprünglich aus dem Raum Frankfurt und muss sagen, dass ich Ähnliches beobachtet habe, das aber sicher nicht speziell auf die Region zutrifft, sondern eher auf typische Kleinstädte und das "Vorstadt-Ambiente".

 Es war auch schon vor Corona so eine düstere Atmosphäre. Was denkt ihr? Woran könnte es liegen, dass die Menschen hier so drauf sind und wie ist es eigentlich bei euch Zuhause so?

Meine Beobachtungen gehen fast 30 Jahre zurück und da war es schon ähnlich, nur hat mich das erst mit den Jahren umso mehr gestört und beschäftigt. Ich sage es mal so: In solchen Vorstadtbereichen sind die Leute oft auch viel neidischer und nicht mit sich zufrieden, weil Möglichkeiten, die an sich jeder hat, zugrunde gehen, da der gesellschaftliche und räumliche Rahmen zu eng ist. Und man verfährt nach dem Motto "wenn's anderen schlechter geht, dann geht's mir besser" und so weiter - ich weiß genau was du meinst.

Viele sind in diesen Vorstädten total unzufrieden, weil sie mit sich und ihrem Leben nciht klarkommen und wenn sie dann Leute sehen, die mehr aus ihrem Leben gemacht haben wie etwa dich oder auch meine Freundin und mich, fühlen sie sich gekränkt, diffamiert und reagieren pikiert - weil sie sehen, dass andere das gemacht haben, was man selber gerne gemacht hätte, aber nicht konnte oder vielleicht auch nicht durfte.

Man muss es mögen - und es ist so, dass die Menschen in solchen Gefilden sehr enge Horizonte haben, andere Lebensentwürfe meist ablehnen weil sie sie nicht kapieren können oder wollen und in der Regel auch keine so richtig guten Umgangsformen haben, weil sie das in ihrer kleinen Welt, die sich meist mit Gleichgesinnten abspielt, nicht brauchen. Hier ist mal was dazu - ist sicher im Kern gar nicht so schlecht getroffen, wenngleich partiell überzogen.

https://www.youtube.com/watch?v=AppkmdSVLMI

In meiner Heimat wurde von einem Mann zum Beispiel indirekt erwartet, er müsse hart in der Fabrik knechten und natürlich im Handwerk sein, früh ein Haus bauen oder das Elternhaus sanieren, mit 20 irgendein Bauernmädchen aus einem Nachbardorf schwängern und mit 25 zwei Kinder haben - mindestens. Die Frau selbst war zu heiraten in der Kirche und wurde in der Regel als eine Art "bessere Putze" angesehen, mit der man rumschnauzen könne und solle. Natürlich wurden auch "christliche" (eher scheinchristliche) Orientierung und irgendein Ehrenamt vorausgesetzt, Häuslerei mit eigenem Wäldchen und so weiter. Wer da aneckte indem er irgendwas anders machte, hatte kein schönes Leben und bekam das immer wieder gezeigt; es fing schon damit an, wenn man wie ich z.B. Industriekaufmann statt Maschinen- oder Bauschlosser gelernt hat und eine Freundin aus einem anderen Ort hatte wie ich oder eine Automarke wählte, die nicht vor Ort erhältlich war und nicht mit den Leuten tratschte und lästerte. Das bekam man immer wieder demonstriert, damit musste man echt fertig werden.

Wer andere Erfahrungen gemacht hat bzw. wie du und wie auch ich anderes kennt, dem fällt dann so was natürlich umso intensiver auf und der kann dann auch damit nicht umgehen - einfach weil er weiß, es gibt doch noch was Anderes, das unter Umständen vielleicht sogar besser ist als meinetwegen Bruchköbel oder Hanau-Steinheim oder Maintal-Bischofsheim oder Rodgau usw., was es da alles noch so gibt.

Das seltsame ist, wenn ich in eine andere Stadt etwas näher fahre oder nach Frankfurt herrscht eine viel entspanntere Atmosphäre. Klar es ist auch nicht so ein großer Unterschied, aber sobald ich wieder nachhause komme, merke ich direkt den Unterschied. Es liegt auch nicht an mir. Denn ich versuche über die Vergangenheit nicht nachzudenken.

Das könnten auch meine Worte sein^^ ich wohne mittlerweile bei Würzburg und bin dort total glücklich und gelöst - aber als ich im letzten Winter nochmal in die Frankfurter Ecke fuhr und in die Ecke, in der ich aufwuchs ging es mir genauso: Die Atmosphäre war vergiftet. Mir ging es immer schlechter, je näher wir kamen - und kaum war ich direkt in Frankfurt ging es wieder gut, und je näher wir über die A3 Würzburg wieder kamen, umso besser wurde es. Als ich noch bei FFM wohnte war es ähnlich: Auf der Arbeit war alles prima, nur in meinem Viertel war ich ständig angesäuert und missmutig, weil ich die Leute nicht mehr sehen wollte und wusste, die halten mich sowieso für arrogant und wollen mich nicht haben, weil ich eben einen Mercedes fahre und weil ich als Mann nicht in einer Halle arbeite und weil ich eine Freundin von außerhalb habe und so weiter.

Ich bin sogar zu einem Therapeuten gegangen, aber der sagte mir - an mir liegt es nicht, sondern an den Anderen. Er weigerte sich, mich zu "therapieren" und hat dann gesagt, er kann mir über die Kasse zwar fünf oder sechs Kennenlerngespräche abrechnen und mit mir über alles reden, aber er kann nichts diagnostizieren und eigentlich hätte ich nur zwei Optionen: Umziehen und von vorne beginnen ODER mich mit der Lage abfinden. Letzteres klappte auch mit intensiver Selbstarbeit nicht.

Als wäre diese Stadt verflucht und würde gute Sachen verhindern. Ich habe das Gefühl man kann hier nicht normal leben.

Kenne ich und das liegt nur teilweise an der eigenen Haltung, sondern auch mit an diesem Umfeld, das ich als dumpf, einfältig, oberflächlich, eingetrocknet und als großes Hindernis empfunden habe - so als ob alles, was Spaß macht oder anders ist als das Bekannte im Keim erstickt werden sollte.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Kiki751 
Beitragsersteller
 24.04.2021, 04:45

Hey, vielen Dank für deine Antwort. Ich kann nur dem, was du geschrieben hast zustimmen und manche Punkte waren mir sogar bis jetzt noch nicht bewusst. Der Text hat mich echt zum Nachdenken gebracht. Es freut mich, dass es da nicht nur mir so geht, sondern du auch ähnliches erlebt hast und meine Situation nachvollziehen kannst. Es gibt ja viele in der Gegend, die das Leben hier überhaupt nicht hinterfragen und das für sie normal ist. Ich finde es echt toll, dass du in einer Umgebung lebst und es dir besser geht. Das hat mir Hoffnungen gemacht, da ich auch eines Tages umziehen möchte, in ein anderes Bundesland oder vielleicht sogar Land. Ich wünsche dir noch alles gute und nochmals vielen Dank für diesen Text :)

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rotesand  24.04.2021, 10:46
@Kiki751

Gerne doch. Ich freue mich wenn ich dir helfen konnte.

Wohne mittlerweile im Raum Würzburg und fühle mich dort wohl. Sicher gibt es da auch unangenehme Leute (die gibt's überall), aber ich habe mir von Anfang an gesagt: Ich ziehe da nicht hin um Freundschaften zu schließen und mit den Nachbarn ganz dick zu sein, sondern um zu leben, zu arbeiten, Hobbys auszuüben und mit meiner Freundin und meinen dort lebenden Verwandten und meiner Mam in Ruhe so glücklich zu sein wie möglich. Es ist uns bisher gelungen und ich muss sagen, es war der richtige Schritt ... auch wenn es bestimmt nicht einfach gewesen ist.

Ja klar, wer es nicht anders kenne hinterfragt es auch nicht und sehr einfache Leute sind mit sehr Einfachem zufrieden - Hauptsache das Essen schmeckt und die Uhr tickt, sinngemäß gesagt. Und wer mehr denkt oder will oder kann, der wird da dann auch nicht glücklich.

Viele Grüße und alles Gute für dich!

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Angel1112  22.04.2021, 13:13

Eine geniale Antwort...***Sterne -von mir...Gruss Angel

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rotesand  22.04.2021, 13:15
@Angel1112

Danke - sie ist "nur" ehrlich und beruht zu 100 Prozent aus eigenen Erfahrungen - wohlgemerkt nicht in Bruchköbel, da war ich nicht sehr oft und habe nur gelegentlich dort getankt im Vorbeifahren. Eigentlich bin ich ein positiver Mensch und es wäre mir viel lieber, hätte ich bessere Erfahrungen gemacht, aber es war eben nicht so. Ich bin jedenfalls sehr froh, dass ich diese Leute da alle nicht mehr sehen muss inklusive meiner ehemaligen Mitschüler, diesen ganzen Vereinsheuchlern, ehemaligen Nachbarn und sonstigen Kommissköppen - so 'ne Klappe und keine Ahnung von nix, aber das lauteste Organ. Ich fand das furchtbar. Ein, zwei Jahre länger und meine Freundin und ich wären reif für das Tollhaus, wenn nicht sogar die Gummizelle gewesen. Ich kann es kaum in Worte fassen, welche Aggressionen in uns beiden vorhanden waren, bevor wir weggezogen sind.

Irgendwann schreibe ich noch ein Buch drüber - sozusagen als Gegenantwort auf einen schlimmen Wälzer namens "Stolz, ein Dorfkind zu sein", den ich mal bei Hugendubel gesehen habe. Mal sehen, was noch kommt ... sozusagen Erlebtes und Erlittenes.

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Angel1112  22.04.2021, 14:04
@rotesand

Da lese ich ganz viel Frust und Enttäuschungen heraus.Kann ich verstehen,-das ist Seelen-Pein

Weisst Du,-auch ich könnte fast ein Buch schreiben (was mir schon alles widerfahren ist)

Wichtig ist,das man sich nicht fertig machen lässt

Bleib stark...Von Herzen Angel.Danke für Deine Offenheit

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rotesand  22.04.2021, 14:08
@Angel1112

Anfangs war ich "nur ein Ausländer" und später der arrogante Herr Mercedes-Fahrer und Besserverdiener, der sich zu fein war, in den Stall zu stehen und für den ein Bauernmädchen aus der Nachbargemeinde nicht gut genug gewesen sei - beide Rollen waren nicht optimal.

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Angel1112  22.04.2021, 14:41
@rotesand

Da hast Du auch schon einige unangenehme Lebensereignisse hinter Dir

So etwas prägt.Wichtig ist,-nach Vorne schauen.Aber vergessen kann man nicht alles(geht mir genauso)Danke für Deine gute Bewertung auf meine Antwort

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Von Experte rotesand bestätigt

Hallöchen

Menschen,die auf dem Dorf leben ,sind meist sehr liebenswert,und entspannter als die aus den Großstädten

Ich selbst kann das bestätigen

Ich bin vor vielen JAHREN aus Düsseldorf nach Baden Württemberg (Nähe Schwarzwald)gezogen.Und es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht

In meiner Heimatstadt sind die Leute gestresst und hektisch

Nicht alle sind aber dort unnahbar....

Ich hatte immer meine Lieblingsmenschen gehabt

Die Menschen hier sind auch sehr Natur-verbunden

Und das macht schon mal glücklicher

Man sollte(wenn möglich)immer dort leben,wo das Herz ein Zuhause findet

Geht aber nicht immer,da man nicht in jeder Region auch Arbeit findet

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 - (Liebe und Beziehung, Psychologie, Freundschaft)