Massendefekt bei Elektronenpaarbindungen?

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Hallo Jakob835,

die gesamte Welt der NEWTONschen Mechanik lässt sich als Näherung für den Fall betrachten, dass Energien, mit denen wir umzugehen haben, winzig sind im Vergleich zu den Ruheenergien E₀ᵢ = m₀ᵢc², wobei m₀ die Massen beteiligter Körper sind (i ist irgendein Index, mit dem die Körper nummeriert sind). Wir sprechen da von Milliardsteln oder Trillionsteln.

Wenn ich etwa mit 1,5 m⁄s ≈ 5×10⁻⁹∙c die Straße entlang gehe, ist meine Energie

(1) E = E₀ + Eₖ = E₀/√{1 − 2,5×10⁻¹⁷} ≈ E₀∙(1 + 1,25×10⁻¹⁷),

meine kinetische Energie Eₖ ist also 12,5 Trillionstel (nach deutscher Lesart, nicht zu verwechseln mit der US-'trillion', was bei uns eine Billion ist) von E₀.

Bei einer chemischen Reaktion ist das Verhältnis übrigens sogar weniger extrem.

Gibt es auch eine geringfügige Minderung der Masse bei Elektronenpaarbindungen?

Ja. Du musst natürlich bedenken, dass die mittleren Abstände im Atom etwa 10⁵ mal größer sind wie im Atomkern, und so sind allein schon die elektrischen potentiellen Energien nur das 10⁻⁵- fache typischer potentieller Energien der Protonen relativ zueinander (die allerdings positiv sind, d.h., der Kern würde auseinanderfliegen, wenn ihn nicht Ausläufer der Starken Wechselwirkung zusammenhielten). Und selbst bei der Kernfusion von Wasserstoff zu Helium liegt der Massendefekt im ‰- Bereich.

...wäre das dann nicht ein Verstoß gegen den chemischen Massenerhalt nach Reaktion?

Ja. Der ist nämlich gar nicht wirklich ein Naturgesetz, sondern nur eine Näherung. Wirklich erhalten ist die Energie. Und das lässt sich als eine Art Impulserhaltung deuten, denn die Energie (Ruheenergie plus kinetische Energie) eines Körpers lässt sich als "Impuls in Zeitrichtung" auffassen. Energie und Impuls bilden zusammen den Viererimpuls

(2) (E⁄c | p›) = (E⁄c | px | py | pz),

dessen MINKOWSKI- Betrag die Ruheenergie ist:

(3) √{(E⁄c)² − (px² + py² + pz²)} = E₀⁄c = m₀c.

Bild zum Beitrag

Abb. 1: Der Viererimpuls und seine Komponenten

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
 - (Physik, Chemie, Quantenphysik)

SlowPhil  26.08.2021, 21:02

Vielen Dank für den Stern!

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gilt für jede art von bindung.

wäre das dann nicht ein Verstoß gegen den chemischen Massenerhalt nach Reaktion.

so minimal dass es für alle chemischen belange vollkommen vernachlässigbar ist.

Ja, theoretisch gibt es einen Massendefekt, praktisch ist der aber so gering, dass er irrelevant ist.

Zum Vergleich:

Bei alpha-Zerfällen wird eine Energie von ein paar MeV, also Mio eV frei. Bei chemischen Bindungen aber nur 2-8 eV.


Jakob835 
Beitragsersteller
 25.08.2021, 20:30

Vielen Dank für die so schnelle Antwort!!! Würde das denn auch heißen, dass die Massenerhaltung nach dem Entstehen eines Produktes nicht zutreffend wäre(auch wenn es sich nur um irrelevante Abweichungen handelt)?

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prohaska2  25.08.2021, 20:34
@Jakob835

Massenerhaltung klassische Physik. Auf Teilchenebene geht es um Masse+Energie.

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Jakob835 
Beitragsersteller
 25.08.2021, 20:37
@prohaska2

Ok, aber das würde sich ja auch makroskopisch äußern wenn die Masse niedriger werden würde. Und nach der speziellen Relativitätstheorie muss es sich ja nicht unbedingt um Quanten handeln, oder?

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Jakob835 
Beitragsersteller
 25.08.2021, 20:42
@prohaska2

Ich hoffe ich nerve nicht mit meiner ganzen Nachfragerei:D Habe nur eine Diskussion mit meinem Chemielehrer gehabt ob der der Massenerhalt nach chemischen Reaktion in jedem Fall zu 100% zutrifft. Auch wenn es sich um Abweichungen unter 1 Promille handelt hieße dies aber trotzdem dass wir hier nur von einer Näherung sprechen müssen in Bezug auf den Massenerhalt

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Spikeman197  25.08.2021, 20:53
@Jakob835

Ich habe auch früher gedacht, dass es ihn bei chemischen Prozessen nicht geben würde, aber er ist einfach so klein, dass er irrelevant ist.

Bei einem He-Kern ist der Massendefekt 0,75 %, was wohl der größte relative Wert ist, aber bei chemischen Prozessen ist er um den Faktor 1/1000'000 geringer!

Theoretisch werden schnellere Objekte auch immer schwerer, damit auch heißere Objekte und auch Objekte, die man gegen ein Potential bewegt (Gravitation, E-Feld).

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Jakob835 
Beitragsersteller
 25.08.2021, 21:02
@Spikeman197

Vielen, vielen Dank! Weiss die Hilfe von euch beiden sehr zu schätzen!

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Um mal ein Beispiel zu geben, wie groß der Massendefekt ist:

Nimm einen handelsüblichen Autoakku, also für Verbrenner zum Anlassen etc. Der hat eine Kapazität von gut 40 Ah bei 12 V, also ca. ½ kWh, was ½*1000*3600 Ws, also 1.800.000 J (kg*m²/s²) entspricht.

  • Aus E=m/c² folgt m=E/c². Flugs eingesetzt:
  • m = (1.800.000 kg*m²/s²) / (300.000.000 m/s)²
  • m = 1.800.000/300.000.000² kg = 0,00000000002 kg = 20 ng

Die 20 Nanogramm, die ein geladener Akku schwerer ist, kannst du kaum nachweisen.

Soweit ich weiß wirkt sich dies nur auf die Koch/Siedetemperatur aus, da die elektromagnetischen Teilchen keine Masse besitzen und somit Herrn Avogadros Konstante nicht verletzen sollten :)


tilp11  25.08.2021, 21:23

Guten Abend!

So weit wie ich gelesen habe, besitzen elektromagnetische Teilchen schon eine Masse, aber keine Ruhemasse, sondern nur Bewegungsmasse. Man muss nämlich unterscheiden zwischen Ruhemasse und Bewegungsmasse. Photonen zum Beispiel haben ebend keine Ruhemasse, sondern nur Bewegungsmasse. Ruhemasse plus Bewegungsmasse gleich Gesamtmasse, den zu folge Ruheenergie plus Bewegungsenergie gleich Gesamtenergie.

Auch mit der bekannten Formel Energie =Masse mal c mal c, meinte Einstein nur die Ruheenergie Die Gesamtenergie = Masse mal c mal c mal y. Y ist so ein Faktor, müsste jetzt erst suchen, wie der Faktor berechnet wird.

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zalto  25.08.2021, 20:24

Hä?

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