Lieder, die den personifizierten Tod (Sensenmann) beinhalten?

9 Antworten

Du schreibst über den Sensenmann: „In einigen älteren (Volks-)Liedern taucht er ja bereits auf.“

Da fällt mir folgendes Lied ein: „Es ist ein Schnitter, der heißt Tod“ aus dem Jahre 1637. (In der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs war die Todesthematik besonders aktuell. Der aktuelle Anlaß für dieses Lied soll der Tod „ein[er] hochadelige[n] junge[n] Blume“ sein.)

Hier der Wikipedia-Artikel mit vielen Zusatzinformationen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Es_ist_ein_Schnitter

Hier die Noten usw.:
http://www.lieder-archiv.de/es_ist_ein_schnitter-notenblatt_300775.html

Im Text wird die Metapher noch weitergeführt dadurch, daß der Schnitter die verschiedensten Blumen abmäht, und daß diese am Ende in den himmlischen Garten versetzt werden.

Die Melodie wirkt für heutige Ohren angenehm altertümlich dadurch, daß sie in einer alten Kirchentonart steht (äolisch, also moll ohne Leitton), und daß am Ende die Taktart wechselt. (Zuerst 6/4-Takt, dann 4/4-Takt. Ich könnte mir aber vorstellen, daß dieser Taktwechsel erst durch die Übertragung in die moderne Schreibweise sichtbar geworden ist, und daß dieses Lied damals im Frühbarock noch ohne Taktstriche notiert wurde.)


Sleepcheap19 
Beitragsersteller
 12.08.2016, 17:42

Wirklich sehr schönes Lied, trifft sehr genau meine Vorstellungen, da ich die Auseinandersetzung mit dem Tod, die ja im Barock sehr ausgeprägt war, auch sehr spannend finde!

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Hallo,

die letzte Strophe von 'Hoch auf dem gelben Wagen':

Sitzt einmal ein Gerippe/

dort bei dem Schwager vorn./

Hält statt der Peitsche die Hippe,/

Stundenglas statt Horn:/

Sag ich: Ade nun, ihr Lieben,/

die ihr nicht mitfahren wollt./

Ich wäre so gern noch geblieben -/

aber der Wagen, der rollt.

Verschlüsselt auch der Leiermann aus dem letzten Lied von Schuberts Winterreise. Nicht zu vergessen Saint Saens 'Danse macabre', zu dem es auch einen französischen Liedtext gibt.

Herzliche Grüße,

Willy


Sleepcheap19 
Beitragsersteller
 26.07.2016, 22:13

Vielen Dank, besonders für "Danse Macabre". Gefällt mir sehr :-)

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Merkantil  12.08.2016, 16:55

Der Danse Macabre von Saint-Saëns nimmt auf eine andere Personifizierung des Todes Bezug: Der Tod, der auf seiner Geige zum Tanz aufspielt. Diese Personifizierung ist auch der Bezugspunkt für Arnold Böcklins Gemälde „Selbstporträt mit fiedelndem Tod“.

Diese Personifizierung wiederum steht einerseits in Bezug zur mittelalterlichen Tradition des Totentanzes, andererseits zur Personifizierung des Todes als „Freund Hein“, bei der der Tod in Gestalt eines Gerippes auftritt.

In der Ballade „Der Totentanz“ von Goethe tanzen die Gerippe der Toten in der mitternächtlichen Geisterstunde. (Ihre Totenhemdlein legen sie vorher ab.) Der personifizierte Tod selbst tritt in dieser Ballade nicht in Erscheinung.

Auch der 2. Satz aus Gustav Mahlers 4. Sinfonie nimmt Bezug auf die Vorstellung des fiedelnden Todes. Es fällt auf: Sowohl bei Saint-Saëns als auch bei Mahler (2. Satz) kommt eine Solo-Violine vor, und in beiden Fällen wird der Klang der Solo-Violine verfremdet (damit sie grotesker klingen soll), indem die Saiten umgestimmt werden: Bei Saint-Saëns wird die e-Saite um 1 Halbton tiefer gestimmt: Dadurch entsteht zwischen den beiden höchsten Saiten ein Tritonus, der im Zusammenklang schauerlich klingt. Der Tritonus wurde schon sein alter Zeit als „diabolus in musica“ (der Teufel in der Musik) bezeichnet. Bei Mahler werden stattdessen alle 4 Saiten der Violine einen Ganzton höher gestimmt: Dadurch soll die Geige besonders schrill klingen.

Eine oder mehrere Saiten der Violine anders als üblich zu stimmen, war schon Jahrhunderte früher üblich. Auch Paganini griff in seinen für sich selbst als Solist komponierten Werken mehrmals auf diese Tradition zurück, um besondere Klang-Wirkungen zu erzielen.

Paganini, einer der ersten Musiker, die sich selbst bewußt als Bühnenstar inszenierten, pflegte sein Image als „Teufelsgeiger“. Das Bild des teuflisch-dämonischen Künstlers (das in Bezug steht zum Motiv des „fiedelnden Todes“) wurde unterstützt durch Paganinis schwarze Konzertkleidung, seine von Krankheiten gezeichnete hagere Gestalt und Physiognomie und durch seine für die Zuhörer unerklärlichen musikalischen Fähigkeiten und Wirkungen.

In Edgar Allen Poes Erzählung „The Masque of the Red Death“ tritt der Tod (durch eine Seuche) personifiziert als mit einer roten Maske versehener unbekannter Besucher eines Maskenballs auf. Ausdrücklich werden die Musiker des Orchesters und die Walzertänzer erwähnt: Hier ist also wieder das Motiv des Totentanzes zu erkennen.

Jeweils zur vollen Stunde wird die Musik vom schauerlichen Schlag einer gigantischen Pendeluhr unterbrochen. Pünktlich um Mitternacht dann erscheint der tödliche Unbekannte: Er ist nicht als der Seuchentod verkleidet, sondern ist der Tod selber, der binnen weniger Momente den fürstlichen Gastgeber sowie seine tausendköpfige Gästeschar dahinrafft, die somit der im ganzen Land grassierenden Seuche vergeblich zu trotzen versucht hatten.

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Klassisches Pfaderfinderlied: "Das Stundenglas" von Inga und Wolf

  • Schau nicht auf das Stundenglas,
  • tagein, tagaus wie gebannt.
  • Finde selbst das richtge Maß,
  • gib dem Leben die Hand.
  • Nutze den Tag und nutz die Stunde der Nacht,
  • freu dich, wenn die Liebe dir lacht.
  • Einmal kommt der Sensenmann
  • und hält das Stundenglas an.

https://youtube.com/watch?v=aqxKByPbGCI
Hier der vollständige Liedtext:

http://www.golyr.de/pfadfinderlieder/songtext-das-stundenglas-470058.html

Basstard - Lied Vom Sensenmann

https://youtube.com/watch?v=Vak_e2-nY9k


Sleepcheap19 
Beitragsersteller
 26.07.2016, 22:24

Eigentlich kann ich ja gar nichts mit Horrorcore anfangen....aber das gefällt mir echt sehr :-)

Dankeschön!

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