Legasthenie und Dyskalkulie

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Hi ROB37,

generell sind Klassenwiederholungen in der ersten oder fünften Klasse zu empfehlen, wenn die diagnostischen Voraussetzungen geklärt sind und die Schule das als Rücksichtnahme auf zusätzliche (auch außerschulische) Förderung unterstützt oder einfach ein Entwicklungsrückstand vorliegt.

Zu Deinem Argument:

"Ist die seelische Belastung nicht sehr groß für ein Kind, wenn es aus einer tollen Klassengemeinschaft und von seinen Freunden weggerissen wird?"

meine ich auch! Das Problem sollte man nicht unterschätzen. Deshalb muss genau das auch sehr gut abgewogen sein. Für die fachlich/inhaltlichen Argumente der Klassenwiederholung bei Legasthenie kann ich nichts sagen. Da fühle ich mich nicht zuständig. Da käme es wirklich darauf an, ob die Schule tatsächlich gewährleisten kann, dass die Wiederholung der 2. Klasse für die Behebung der Legasthenie effektiv ist. Wenn das nur evtl. so ist oder vielleicht sogar nur eine vage Hoffnung, würde ich dafür keine Klassenwiederholung befürworten. Die negativen Auswirkungen und der Frust, wenn sich trotzdem (!) nichts bessert, würden in dem Fall dagegen sprechen. Leider bieten Schulen oft auch deshalb eine Klassenwiederholung an, weil sie einfach nichts "effektiveres" anzubieten haben.

Bei Dyskalkulie kann ich definitiv sagen: Nein, es bringt nichts wegen der Dyskalkulie eine Wiederholung der 2.Klasse zu machen. Die Wiederholung des Stoffs hat bei Dyskalkulie keine fördernde Wirkung, da das Kind ja bereits beim ersten Mal zu wenig verstanden hat, d.h. bei einer Wiederholung würde auf ähnlche Weise der Stoff noch einmal durchgenommen werden. Das Kind wäre einerseits gelangweit, würde außerdem weiterhin seine alten Strategien benutzen, um die nicht verstandenen Aufgaben zu bewältigen und würde dadurch noch mehr auf den Standpunkt gehievt, man müsse nur mehr vom Gleichen machen/üben und dann käme das Verständnis von alleine hinterher. Das ist falsch! Dyskalkulie ist kein Entwicklungsrückstand, der durch mehr Übung aufgeholt werden kann. Bei Dyskalkulie ist zunächst einmal der Vorgang des Lernens von mathematischen Abstraktionen sehr früh ins Stocken geraten und durch schematisches, technisches Lernen (z.B. auch vorwärts- und rückwärtszählen) bzw. Regeln lernen ersetzt worden. Solche Kinder entwickeln oft Zähltechniken, die völlig vom mathematischen Denken wegführen und dann alles noch schlimmer und hartnäckiger werden lassen. Beim Rechnen mit mehrstelligen Zahlen stellt sich dann heraus, dass die Kinder völlig übefordert sind, weil dann auch die Zähltechniken nicht mehr zum Schulerfolg führen, sondern in Frust und Stress enden. Oft wird den Kindern dann sogar noch angehängt, sie seien unkonzentriert bzw. hätten Konzentrationsstörungen. Das ist blanker Unsinn!

Siehe auch:

http://yacofred.wordpress.com/article/rechenschwache-informationen-und-35amgw828zuhn-1/

Gruß yacofred


yacofred  28.02.2014, 20:12

Viel entscheidender als eine Klassenwiederholung (sofern überhaupt zweckmäßig, s.o.) wäre es, dass in der dritten Klasse dann die Note ausgesetzt würde, keine mündliche Mitarbeit auf Klassenniveau gefordert wird, dass keine Klassenarbeiten mitgeschrieben werden müssen und dass die Hausaufgaben entweder wegfallen oder nur auf individuellem Niveau, nach Absprache mit dem Therapeuten gegeben werden. Wenn Die Therapie dann Fortschritte erzielt, könnte das Kind nach ein bis zwei Jahren langsam wieder in den Unterricht integriert werden. Der Therapeut sollte mit dem Lehrer sprechen und die diagnostischen Begründungen für die Rücksichtnahmen liefern, was natürlich voraussetzt, dass er/sie eine mathematische Lernstandsanalyse gemacht hat, um die Therapie durchzuführen!

Siehe auch: www.ifrk-ev.de/content/steeg.htm

Gruß yacofred

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Eine weiter Möglichkeit wäre es die Mathematik dem Kind auf spielerische Weise nahe zu bringen. Es gibt seit neustem ein Dyskalkulie-Spiel für Kinder von der 2. bis zur 4. Klassenstufe. Das Spiel heißt Meister Cody.

Hier der Link: https://www.meistercody.com/de-de/

Das Spiel könnte er ja nebenbei spielen und mit der Schule fortsetzen. Erste Ergebnisse zeigen wirklich Besserungen dass das mathematische Verständnis der Kinder gestiegen ist. Viele andere Informationen kann man ja auch noch auf der Internetseite nachlesen oder einfach mal anrufen. ;D


ROB37 
Beitragsersteller
 13.03.2014, 10:56

Vielen Dank! Das Spiel Meiste Cody werde ich mit genauer anschauen! Super!

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Hallo, bei meinem Sohn war es ganz genau so. Aus meiner Sicht muss ich leider sagen, ihn zurückstufen zu lassen war ein riesen Fehler. Er hatte ganz schnell keine Freunde mehr, die alte Klasse ( aus den Augen aus dem Sinn) einige Kinder haben ihn sogar gehänselt. Mehr als ein halbes Jahr wollte er nicht mehr zur Schule, er hatte ständig Kopf und Bauchschmerzen. In der neuen Klasse findet er keinen Anschluss, die Schule lässt uns ganz alleine. Wir mussten zum Psychologen und alles. Seine Schulichenleistungen sind so geblieben, selbst seine neue Klassenlehrerin musste zugeben das das Zurückstufen bei ihm keinen Sinn gemacht hat und ihm sogar geschadet hat.

Wenn zu einer Wiederholung geraten wird, dann hat das ganz sicher eine Berechtigung! Natürlich darf es keine Wiederholung ohne zusätzlicher außerschulischer Unterstützung sein, wenn schon einmal solche gravierende Lücken festgestellt wurden. Und eine Legasthenie kann man natürlich nicht durch Nachhilfe beseitigen, sondern nur lindern! Zwischen 2. und 3. Klasse besteht ein großer Anforderungsunterschied und wenn der Grundstock nicht sitzt, kann das Kind nicht vernünftig aufbauen. Gebt dem Kind eine Chance sein "Haus" auf ein solides Fundament zu bauen! Freunde wird es in der neuen Klasse ebenfalls schnell finden. Es braucht doch auch eigen entwickeltes Selbstvertrauen über seine eigene Leistung! Alles Gute!