Kunst und Künstler*in trennen?
Hallo Community.
Künstler*innen werden normalerweise mit ihren Werken in Verbindung gebracht. Seien es Sänger*innen, Maler*innen, Autor*innen oder was auch immer.
Nun gibt es allerdings Künstler*innen, die durchaus problematische Ansichten haben und diese auch öffentlich aussprechen.
Nehmen wir als Beispiel J.K. Rowling, die Harry Potter Autorin. Sie ist durch angeblich transfeindliche Tweets (Äußerungen) auffällig geworden. Nun gibt es Leute, die meinen, man sollte sie nicht unterstützen, in dem man Harry Potter streamt, Merch kauft etc. Andere sagen, man solle Kunst und Künstlerin trennen.
Nun stellt sich die Frage:
Kann man einen Künstler/ eine Künstlerin unabhängig von dessen Werken/ Kunst betrachten, oder steht das immer in Verbindung miteinander?
Wie seht ihr das? Schreibt gerne eure Meinung dazu, aber bleibt respektvoll.
64 Stimmen
21 Antworten
Ich kann Kunst und Künstler*in immer dann nicht trennen, wenn der Konsum der Kunst der Person, die diese geschaffen hat, zugutekommt.
Profitiert so also eine Person, die bspw. das Ziel hat, das Leben einer bestimmten marginalisierten Gruppe zu erschweren, verzichte ich in Solidarität mit dieser Gruppe auf die Kunst.
Man stelle sich nur mal vor, dass Hitler, eine Methode der Energiegewinnung entdeckt hätte, die absolut umweltverträglich, erneuerbar und kostengünstig ist.
Oder Donald Trump entdeckt eine Formel, die Weltfrieden garantiert.
Beides dummer ArschIöcher, aber wäre es sinnvoll, diese Entdeckungen dann zu missachten?
Und nun haben wir eine dumme Autorin, die völlig plemplem im Bezug auf Transpersonen ist, hauptsächlich weil sie falsch informiert ist, anders interpretiert und es inzwischen einfach völlig unmöglich ist, das Thema sachlich zu debattieren, die aber eine Geschichte erfunden hat, die sehr viel gutes bewirkt, von Leuten die sich dadurch glücklicher fühlen, bis hin zu Communities dich sich darauf begründen und gutes tun.
Ist es sinnvoll das einzige Gute an der Person zu ignorieren weil sie auch schlechte Seiten hat?
Sollten wir die Behandlung von Hypothermie (Unterkühlung) aufgeben, weil sie von KZ-Ärzten entwickelt wurden. Oder vielleicht unsere Autobahnen nicht mehr benutzen? (Fände ich gut, aber aus anderen Gründen)
Kann man eventuell bei jeder Person, wenn man tief genug in die Psyche eintaucht, dunkle Flecken finden, die absolut fragwürdig sind. Sollte man, wenn dies herauskommt dann immer auch alles Gute was diese Person bewirkt haben könnte negieren?
Ich weiß nicht. Das ist mir zu viel schwarz/weiß Malerei.
Ich denke das Hauptaugenmerk sollte immer darauf gerichtet sein, negative Seiten aufzudecken und als falsch darzustellen, damit es nicht mehr gemacht wird.
Aber man muss nicht immer das Kind mit dem Bade auskippen.
Danke für deine tiefgründige Antwort! Ich war unsicher, wie ich zum Thema stehe, bis ich deinen Text gelesen hab!
Ich bewerte ein Werk nur danach, was es enthält. Gibt es die fraglichen Ansichten im Text oder ist es die private Meinung des Autors auf Social Media? Dann kann ich das Buch sogar getrost mein Lieblingsbuch (wozu ich auch Harry Potter zähle) nennen, es kaufen und anderen empfehlen.
Bei Klassikern ist es noch einmal etwas anderes. Selbst wenn sie rassistische, frauenfeindliche oder sonstige veralteten Ansichten vertritt, ist es der Zeit zuzuschreiben, in der sie entstanden. Ich würde sie nicht in abgeänderter Form wollen (bin gegen Zensur) und kann es auch ohne Bedenken genießen.
Sogar Straftaten und wirklich grenzwetige Aussagen machen mir ein Werk nicht kaputt. Wieso sollte ich mir meine Freude nehmen für etwas, was ein anderer getan oder gesagt hat? Außerdem bewahre ich mir immer eine gewissen Distanz zu solchen Anschuldigungen. Sicher ist nicht jeder Angeklagte schuldig oder es wird von den Medien unnötig aufgebauscht.
Die einzige Konsezquenz wäre, dass ich den Künstler nicht persönlich treffen wollte und ihm keine extra Unterstützung gewähren würde (z.B. in Form von Gadgets und unnötigem Fankram kaufen und Werke über seine eigene Website erwerben, wenn er dadurch mehr Gewinn machen würde als im Einzelhandel).
Es sind auch nicht immer negative Dinge, die mich stören. Zum Beispiel gendere ich nicht. Wenn es ein Künstler privat tut, ist es mir egal und ich kaufe seine Werke. Aber wenn im Buch gegendert wird, hole ich es mir nicht. Ebenso bei Zensur, die ich auch immer vermeide. Wenn man Schauspieler mit einer anderen Hautfarbe als im Originalwerk wählt, nur um eine Quote zu erfüllen, gehe ich nicht ins Kino. Diese Dinge stören mich beim Lesen bzw. Filme schauen, nicht die Meinungen des Künstlers. Denn ich boykottiere nur das Werk, wenn es mir nicht gefällt, nicht die Person, die dahintersteht.
Ich persönlich trenne immer zwischen Kunst und Künstler.
Das fängt schon dort an, dass ich über die Mehrzahl der Künstler, deren Werke ich konsumiere, nicht viel mehr als deren Namen weiß. Aber selbst wenn irgendwelche "unrühmlichen" Informationen bekannt sind, hält mich das nicht davon ab, die Werke des betreffenden Künstlers weiterhin zu konsumieren.
Wenn jemand gute Musik macht kaufe ich seine Platten, wenn jemand spannende Geschichten schreibt kaufe ich seine Bücher, da ist es mir völlig egal, was er/sie privat für ein Mensch ist. Wenn ich mir eine Flasche Wein kaufe, stelle ich schließlich auch nicht erst Nachforschungen an, wie der Weinbauer zu Abtreibungen steht oder ob er schon einmal wegen Körperverletzung verurteilt wurde...
Wenn wir alle anfangen, nur noch Werke von Künstlern zu konsumieren, die unbescholten und politisch auf unserer Linie sind, müssten wir sehr, sehr viele Bücher, Schallplatten und Filme aus unseren Regalen verbannen.
Für mich ist das tatsächlich eine Sache der Abwägung!
Wenn ein Künstler nun seine eigenen, womöglich problematischen Botschaften in seine Werke bringt und hier auch keinen Interpretations- und Diskussionsspielraum lässt wie in Musikstücken, Filmen oder Gemälden, dann wird es mitunter kaum möglich sein, hier eine Trennung zu unternehmen!
Ist es aber ein Schauspieler, der verschiedene Rollen verkörpert oder ein Filmproduzent, der eben auch viele der eigenen Lieblingsfilme mitproduziert hat, aber letztlich viele weitere Personen daran beteiligt waren, finde ich es umso wichtiger, die Kunst von der Einzelperson, die sich privat entweder kontrovers äußert oder sich gar mit kriminellen Fehltritten ins Karrieretief befördert hat, zu trennen!
Sonst müsste man sich womöglich auch die Frage stellen, ob man die Kunst mitsamt dem Künstler direkt mitbestrafen sollte, und dann hätten wir letztlich eine wahnsinnig zensierte, komprimierte und glattgebügelte Kulturwelt! Und wollen wir das dann wirklich? Letztlich lebt Kunst ja manchmal auch entweder von der kontroversen Weltsicht bzw. auch Leidensfähigkeit des Künstlers! Und suchen wir nicht manchmal auch selbst sensationsgierig nach den Ecken und Kanten eines Werkes, um uns nicht daran zu ermüden?
Mit den besten Grüßen
SANY3000
PS: Bildnachweis: Von Edvard Munch, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=37624942
