Könnte die Quantenphysik eine neue Unschärferelation begründen: die zwischen Geist und Materie?
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Die könnte es. Sie tut es aber (bisher) nicht. Die Quantenmechanik ist quasi der einzige Teilbereich der Physik, welcher tatsächlich komplett probabilistische Effekte hat, welche demnach nicht determiniert und nicht vorhersehbar sind (wie z.B. durch die Bell'sche Ungleichung und den Bell-Tests gezeigt). Daher ist es im Moment das einzige Werkzeug, was wir haben, um so etwas wie ein Bewusstsein und einen freien Willen zu erklären. Allerdings gibt es noch keine Möglichkeit mit dem Bewusstsein auf einer wissenschaftlichen Ebene zu interagieren, also sind wir noch weit weg von so einer Verknüpfung.
Eine andere, etwas unschönere, Alternative wäre natürlich auch die Tatsache, dass wir gar keinen freien Willen haben und unser Bewusstsein einfach nichts anderes ist, als das Schauen eines Films mit der Illusion von Mitarbeit. In dem Fall wäre die Sache schon von vornherein geklärt.
Mit Unschärferelation hat das nichts zu tun, denn wie definierst du Unschärfe von "Geist" ? Letzterer ist ja (zumindest heute) nicht messbar bzw. quantifizierbar. Die Unschärferelation ist eine streng mathematische Konsequenz aus der Quantenmechanik. Neue physikalische Erkenntnisse entstehen nicht, indem man schöne Begriffe aus interessanten Worten bildet (sorry...) sondern aufgrund empirischer Tatsachen. Geist (bzw. Qualia) sind nicht empirisch zugänglich. Folglich kann man darüber in einem physikalischen Kontext auch nicht reden - noch nicht, oder vielleicht auch nie.
Ich glaube Roger Penrose (und viele andere Physiker) haben sich aber mit der Frage beschäftigt, ob Geist durch Quantenphysik erklärt werden könnte - derzeit gibt es aber nichts handfestes.
Das ist die Quintessenz des Leib-Seele Problems.
Geist ist nicht existent, sondern eine Wunschvorstellung. Physik behandelt nur reale Dinge.
Da hast Du vollkommen Recht. Die Aussage „Geist ist nicht real“ ist keine physikalische Aussage, sondern ein educated guess. Selbstverständlich kann man der Frage nach der Existenz von Geist mit Experimenten auf den Grund gehen und sich überraschen lassen. Nur wenn die Experimente - die es ja in Massen zu allen übersinnlichen Phänomenen gibt - immer wieder aussagen dass da nichts hinter ist, dann ist die nicht-Existenz eine naheliegende Arbeitshypothese.
War von mir zu polemisch formuliert, danke für die Richtigstellung.
nein, weil das nichts, aber absolut gar nichts mit (quanten)physik zu tun hat
Physik macht zu nichtphysikalischen Themen keine Aussage.
"Geist" bzw. "Bewusstes Empfinden" GIBT es aber in der Natur. Wir haben dafür derzeit keinerlei Erklärung. Meiner Meinung nach muss es irgendeine Verbindung zwischen Geist und Physik geben, denn wie funktioniert unser Gehirn "physikalisch", dass wir ein Bewusstsein haben? Nur durch Neuronen-Verschaltungen kann man das kaum erklären, denn dann könte man ja ein Gehirn (theoretisch) nachbauen mit unzähligen Milliarden von elektronischen Komponenten. Glaube kaum, dass jemand dann sagen würde, in so einem Artifakt säße ein Bewusstsein.
Für mich ist das die ultimativ interessanteste wissenschaftliche Frage überhaupt.
ja, aber eine intellektuelle Diskussion dazu wird kaum über philosphische Wortklauberei hinausgehen, denn das intellektuelle Gehirn gehort zum Körper. Wenn man sich das Verhältnis von Geist und Körper wie Fahrer und Auto vorstellt, wird es kaum erfolgreich sein, wenn Autos sich über ihre Fahrer unterhalten.
aber dennoch IST es da, das Bewusstsein. Es könnte ja auch eine Welt ohne Bewusstsein geben, einfach dumpf und ohne höhere Lebewesen. Ich denke nicht, dass man Bewusstsein komplett von der Physik trennen kann und dass es irgendwo eine Verbindung geben muss. Was geschieht konkret, wenn ich mir denke "hebe dir rechte Hand" und es schließlich zu einer Bewegung kommt. Das Gewicht liegt hier auf "denke" , denn auch ein Robotor kann die rechte Hand heben, aber er hat wohl kaum ein bewusstsein, indem er sich as denkt. Natürlich ist das auch nur Wortklauberei, aber nicht besser als die von jenen, die behaupten, es könne so nicht sein.
mir hilft ein wenig das Höhlengleichnis, in dem die geistige und materielle Welt nicht zwei getrennte Welten sind, zwischen denen man mühsam eine Brücke konstruieren müsste, sondern letzere nur eine Teilprojektion der ersteren ist, was aus deren Sicht ganz selbstverständlich funktioniert. Nur umgekehrt ist es eben für die geworfenen Schatten schwierig, die schattenwerfenden Dinge zu begreifen. Im gleichen Zuge müsste auch für die eigene Seele das Ganze zwanglos wahrnehmbar sein, wenn man mit der eigenen Seele wahrnehmen kann, und das zu üben ist ohnehin empfehlenswert, weil es glücklich macht.
Die Fahrer-und-Auto-Metapher hat mich neugierig gemacht. Besonders spannend finde ich dabei, dass bei der Erforschung autonomer Fahrzeuge und ihrer Konsequenzen wieder andere Metaphern gebraucht werden, u.a. das Pferd. Dass Autos sich miteinander unterhalten, wird tatsächlich erprobt (Car-to-Car Communication, Fahrzeug-Ad-hoc-Netz). Ohnehin reden Maschinen längst über die ihnen zugeordneten Menschen (Totmanneinrichtung, Mitarbeiterüberwachung, User behavior analytics). Sicher könnte man auch die Ziele der Fahrer aus den Navis lesen und zur optimierten Umleitung, Stauauflösung usw. verwerten. Biometrische Fahrererkennung und Überwachung der Fahrtüchtigkeit wird auch gerade entwickelt. Welche Analogien das in der Medizin hätte, hatte und hat, davor schrecke ich offen gesagt zurück.
das Eis wird sehr dünn, wenn man Analogien und Metaphern aus dem Kontext fortführt, in dem sie gebraucht wurden. Technisch kommunizieren Fahrzeuge natürlich und "denken" auch auf eine gewisse Art, vor allem wenn sie autonome Funktionen haben, aber das bedeutet nicht, dass sie den Fahrer menschlich verstehen. Mich wollte mal ein Leihwagen mit Spurassistent in einer Baustelle in den Gegenverkehr lenken, aber ich glaube deshalb nicht, dass das Auto mich gehasst hat (es war eben VW, keine Überraschung...)
Umgekehrt ist es verführerisch, mit der autonom-Fahrzeug-Analogie Psychopathen, die einen maschinengleich perfekten Verstand haben aber keine Empathie fühlen können, eine Seele abzusprechen, aber das führt zu fehlerhaften Schlussfolgerungen (zB zu der, dass man solche Menschen ohne Gewissensbisse abschalten könne). Das sollten wir nicht weiter verfolgen, sonst denken wir selbst wie Maschinen.
Was ich aus der Analogie mitnehme ist, dass der eigene Verstand einem beim Verstehen des eigenen Selbst nicht unbedingt helfen kann, und dass man anstreben sollte, dieses Selbst direkt wahrzunehmen. Die alte Frage "wer bin ich" beantwortet man eben am besten selbst von innen, nicht von außen; das sagt einem kein anderer Mensch und kein Badezimmerspiegel.
Dann ist die Physik gar nicht zuständig für die Frage, *ob* ein Ding real ist.
Das Michelson-Morley-Experiment war dann kein physikalisches Experiment und seine Ergebnis, dass es keinen Äther gibt, ist keine physikalische Aussage.
Aussortiert sind dann alle Untersuchungen, die der Frage nach der realen Existenz vermuteter Dinge nachgingen oder nachgehen: Neptun und Pluto, Krümmung des Raumes und Zeitdilatation, Neutrinos, Higgs-Teilchen, Schwarze Löcher, Dunkle Materie – nichts davon ist also Physik. Was aber ist es dann?
Der Physik bleibt dann als Betätigungsfeld jedenfalls nur übrig, Zusammenhänge zwischen Dingen zu untersuchen, deren reale Existenz zuvor von außerphysikalischen Instanzen bescheinigt worden ist.
Solange die Physik (falls man Hypothesen über quantum mind or quantum consciousness nicht als Physik gelten lässt), für Geist nicht einmal eigene Begriffe, geschweige denn empirische Zugänge hat, bewegt man sich – was uns ja glücklicherweise völlig freisteht – auch mit Nichtexistenz-Aussagen wie dieser nicht auf physikalischem, sondern auf anderem und aus physikalischer Sicht ganz unkartiertem, wildem Terrain: