Kennt sich wer im "Mittelalter" aus?

4 Antworten

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Im Mittelalter war vieles festgelegt, wer was machen durfte...

...so war es "Christen" lange verboten für geliehenes Geld Zinsen zu nehmen...

...also lohnte sich das nicht...

...auf der anderen Seite war z. B. Juden verboten, Grundbesitz zu haben oder ein Handwerk auszuüben...

...weshalb diese vor allem Handel betrieben oder eben Geld verliehen... Diesmal gegen Zinsen...

Damit waren die Interessen "schön getrennt" ...

Was aber nicht so Exzesse wie Progrome verhinderte...

Kurz: nein dass sich der Bürgermeister das "Vermögen" armer Landadliger unter die Nägel riss, gab es nicht...

...alleine schon weil das "Vermögen" ein Lehen war, das er gar nicht verpfänden durfte - die höheren Adligen (als eigentliche Grundbesitzer) taten das durchaus...


Unholdi 
Beitragsersteller
 02.07.2024, 10:41

Nun wenn jemand z. B die "Gerichtsbarkeit" für ein Dorf verpfändete (welcher Gewinn immer daraus zu ziehen war), musste er sie ja erstmal haben!! Aber mich interessiert eher die "andere Seite", nämlich ob ein Herr Bürgermeister in solchen Fälle aus der Stadtkasse gehandelt hat und wem ein verfallenes Pfand somit zugefallen wäre.

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myotis  02.07.2024, 11:40
@Unholdi

Eine Gerichtsbarkeit oder ein Dorf könnte niemand verpfänden außer dem Hochadel...

...und der ging nicht zu nem burgermeister sondern hat seinen Lehensleuten die Mittel abverlangt...

Und bei den Bürgermeistern (bzw. damals Ratsherren, die Bürgermeister waren damals nicht die Zampanos...) war es nicht selten dass sie ihr Amt nutzten um die eigenen Pfründe zu sichern und sich zu bereichern...

... Rechnungsprüfung usw. würde ja nicht umsonst eingeführt...

Und so Begriffe wie "Klüngel" und "Vetternwirtschaft" kommen nicht von ungefähr...

Die Gesellschaft damals ist kaum mit unserer jetzigen zu vergleichen, die heutigen Errungenschaften können nur wenige noch schätzen... Sondern schimpft es heute Bürokratie ...

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Wenn im 10 - 12 Jahrhundert

Damals gab es noch keine Bürgermeister.

Ansonsten: Es kommt darauf an, in wessen Namen der Bürgermeister handelt, in dem der Stadt oder seinem eigenen. Aber auch bei einer privaten Aktion hätte der Stadtrat sicher mitgeredet, da die Machtverhältnisse dadurch verschoben worden wären. Ein bekanntes Beispiel ist der Rothenburger Bürgermeister Toppler mit seiner Expansionspolitik.

https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Toppler

Das nächste Beispiel hat zwar nichts mit Bürgermeistern zu tun, hilft aber vielleicht trotzdem weiter. Der Trierer Erzbischof Balduin hat Juden als Geldverleiher in seinem Territorium angesiedelt. Bei denen haben sich Adlige aus der Umgebung verschuldet, und dann passierte folgendes:

Diese Juden befriedigten – wie wir aus Schuldenzusammenstellungen in Oberwesel wissen, wo der Erzbischof die Verbindlichkeiten der Kreditnehmer gegenüber den in einem Pogrom getöteten jüdischen Gläubigern für sich reklamierte – neben dem Kleinkredit der einheimischen Bevölkerung auch die Darlehenswünsche des in die Mahlsteine der aggressiven Territorialpolitik der Fürsten geratenen Adels.
Seit den dreißiger Jahren sicherte sich der Erzbischof – im Urkundenformular deutlich nachweisbar – über seine Amtleute ein Zugriffsrecht auf die den Juden übertragenen Pfandgüter. Damit hatte er ein probates Mittel, bei den häufig festzustellenden Zahlungsschwierigkeiten dieses Personenkreises die Pfandgüter in seine Verfügungsgewalt zu bringen und auf diese Weise sein Territorium zu erweitern. Grundstücke, Orte, ja sogar Burgen und Siedlungen kamen auf diese Weise vorübergehend oder auf Dauer in trierische Hand.

https://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/aufsaetze/burgard-balduin-kurfuerst-bischof-landesherr.html

D. h. der Erzbischof hat für die Geldverleiher quasi das Inkasso übernommen.

Woher ich das weiß:Hobby – Geschichte, langjähriges Interesse incl. Fachliteratur

Unholdi 
Beitragsersteller
 02.07.2024, 10:50

Für Hamburg gab es vor der Reformation offenbar zwei Adressen, wo ständig angeklopft wurde - bis zu Reformation am Tor der Stiftung udn offenbar am Stadttor (nur das als Kreditgeber oft die Bürgermeister genannt sind, die es offenbar schon gab), was aber meine Frage nicht beantwortet, weil Landnahmen auch dort (Vier- und Marschlande) durch Eroberungen betrieben wurden. Ich vermute aber, das die Stadt auch durch solche verfallenen Pfänder (nicht geleistete Kredittilgung gegenüber dem Stift oder der Stadt) gewachsen ist.

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Sangallo  02.07.2024, 10:59
@Unholdi

Ich hab noch etwas in der Antwort ergänzt. Hat nichts mit Bürgermeistern zu tun, aber zeigt trotzdem, wie so ein Darlehen gegen Pfand enden konnte.

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Ein armer Adliger besaß keine Dörfer oder Rechte, die er abgeben konnte. Arme Adlige waren in der Regel Ritter - die konnten auch nur mit dem Dealen, was sie persönlich hatten.


Unholdi 
Beitragsersteller
 02.07.2024, 10:11

Zu einem "Lehen" gehörten in der Regel auch Dörfer und Güter, ansonsten wäre dergleichen nicht zu erhalten gewesen.

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DerKaterkatz  02.07.2024, 10:14
@Unholdi

Arme Adlige hatten das aber nicht. Ritter hatten mehr Ähnlichkeiten mit umherstreunenden Vagabunden, als mit edlen und wohlhabenden Recken.

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Unholdi 
Beitragsersteller
 02.07.2024, 10:17
@DerKaterkatz

Ok, dann nehme mal an es waren wohlhabende Ritter oder Grafen und finde den Weg zum Thema zurück. U. U. macht das nämlich gar nix aus, weil mit den Dörfern udn Höfen dort offenbar ständig Schacher getrieben wurde.

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DerKaterkatz  02.07.2024, 10:29
@Unholdi

Du konntest nicht einfach deine Lehen verscherbeln - es gibt den sogenannten vierten Stand, die Ministerialität, die sich zum Hochmittelalter in den Städten gebildet hat, das geschah aber nicht durch Deals mit armen Adligen. Ganz offiziell war das auch nicht, aber dort fand ein langsamer Aufstieg statt, so wie du ihn meinst.

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Über die Vorgänge so früh im Mittelalter ist sehr wenig direkt überliefert, von daher wird man vermutlich keine Dokumente oder sonstige Quellen dazu finden.

Um 1000 rum war Hamburg eine große Baustelle und fing erst grade an, sich bemerkbar zu machen, es gab wohl mehr oder weniger eine Kirche, eine Burg und einen Wall gegen Angriffe aus dem Osten. Die Grundlage für den Erfolg, ein Freibrief von Barbarossa, wurde allem Anschen nach gefälscht, hat wunderbar funktioniert (genau wie beim Vatikan^^).
Kleine Adelige waren oft unfrei, die konnten garnichts an Rechten abgeben weil die bei ihren Herren lagen, wer was von ihnen wollte musste mit dem Chef reden. Sich einfach irgendwelche Rechte zu erkaufen war garnicht mal so einfach, es gab immer einen weiter oben, der dazu was zu sagen hatte.

Christen durften kein Geld verleihen bzw. keine Zinsen nehmen, da musste man sich erst einen Juden für suchen. Der konnte aber keine Rechte als Bezahlung bekommen sondern nahm Zinsen


Unholdi 
Beitragsersteller
 03.07.2024, 13:55

Das mit den Juden ist eine Mähr - das Kloster/die Stiftung hatte Mittel udn Grundbesitz und war ein gern genutzter Geldgeber, vermutlich galt aber das "Zinsverbot" was aber die Übertragung von Sicherheiten trotzdem üblich machte.

Es gibt im Staatsarchiv Hunderte solcher Fälle - mein Problem ist, wie gesagt, das ich nicht weiß ob die Bürgermeister in solchen Fällen für die Stadt (aus der Stadtkasse) gehandelt haben, oder auf eigene Rechnung... das würde mich aber interessieren.

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