Kann man sich 100% als sein geburtsgeschlecht fühlen?

3 Antworten

Zweifelst du an deinem Geschlecht oder daran, ob du gesellschaftliche Erwartungshaltungen und Klischées deines Geschlechts erfüllst?

Ich bin mir zu 100% sicher, eine Frau zu sein. Wenn ich über mich selbst und mein Geschlecht nachdenke, ist da absolut kein Zweifel, dass ich eine Frau bin, das ist einfach so und eindeutig klar.

Ich erfülle dabei aber keineswegs jedes Klischée und jede gesellschaftliche Erwartung an mein Geschlecht :). Zum Beispiel bin ich definitiv eine Frau - und habe trotzdem keinerlei Kinderwunsch, finde Babies nicht süß und höre auch keine "biologische Uhr ticken", obwohl ich inzwischen 40 bin und keine Kinder habe. Auf der anderen Seite habe ich aber meinen Mann schon ganz klassisch geheiratet, mit Prinzessinnenkleid und Schloss und allem ;).

Und natürlich gab und gibt es auch etliche Situationen in meinem Leben, wo ich den Gedanken hatte, dass diese Situation jetzt anders und vielleicht einfacher, angenehmer oder gar nicht eingetreten wäre, wenn ich ein Mann wäre. Aber eben "wäre". Weil ich mir halt selbst dann noch - oder umso mehr - absolut sicher bin, eine Frau zu sein.

Von daher, was fühlst du, wenn du über dich selbst nachdenkst? Was genau lässt sich daran zweifeln, ob das Geschlecht, was du im Spiegel siehst, dem entspricht, was du fühlst? Geht es um Klischées und Erwartungen, die du - vermeintlich - nicht erfüllst? Denkst du, es wäre einfacher, im anderen Geschlecht in diesem Moment zu leben? Oder geht es tiefer, ist dort eine klare Überzeugung, dass du eben gerade NICHT dem Geschlecht entsprichst, was du dort siehst?


Mosaik787 
Beitragsersteller
 16.06.2024, 00:15

Es ist halt etwas kompliziert. Jedenfalls empfinde ich das so. Ich würde im Körper eines Mädchens geboren, habe aber noch nie sagen können, dass ich mich komplett als Mädchen sehe. Auch abgesehen von Klischees fühlt sich die Bezeichnung mädchen/Frau fremd an. Genau so wie mein Name. Der Körper den ich habe, der fühlt sich fremd und unangenehm an. Ich schaue in den Spiegel und sehe eine fremde Person. Irgendwie sind es die Gesichtszüge, die Frisur, Die Figur und der Körperbau die das verursachen. Ich mag eigentlich fast alle weiblichen Merkmale an mir nicht. Trotz allem sage ich immer dass ich weiblich bin weil ich mein ganzes Leben lang als Mädchen bezeichnet wurde und es nicht anders kenne. Als ich die letzten Wochen überlegt habe, habe ich gemerkt, dass e mir schon mein ganzes Leben so ging. Mein brustwachstum hat früh begonnen und ich habe mich mehrere Jahre geweigert ein bustier zu tragen. Als ich meine erste pse bekommen habe bin ich fast ausgerastet und habe geweint. Ich kann das irgendwie nicht genau identifizieren als was ich mich identifiziere. Ich weiß nur, dass weiblich nicht passt, weil es sich falsch und fremd anfühlt.

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auf der biologischen ebene (sex) ist es eher eine ja/nein frage anstatt %. entweder du identifizierst dich mit dem "sex assigned at birth" oder eben nicht. auf einer sozialen ebene (gender) gibt es keine einheitliche definition von femininität und maskulinität. das variiert von land zu land, kultur zu kultur, und von mensch zu mensch. "alpha males" würden behaupten, sie sind 100% männlich weil sie in ihre eigene definition von männlichkeit reinpassen, andere wiederum würden sagen, dass männlichkeit aus mehr als nur macho sein besteht.

Natürlich, das ist bei den meisten Menschen so. Auch wenn es in den Medien möglicherweise anders rüberkommt. Ich bin weiblich geboren und hatte da nie Zweifel daran. Transgender war vor 30 Jahren aber kein Thema, ich bin auch auf dem Land aufgewachsen (konservativer), und von daher wäre ich gar nicht auf die Idee gekommen, mich männlich zu fühlen.

Dass man sich in der Pubertät mal anders fühlt oder nicht weiss, wo man hingehört, ist vollkommen normal. Da ist das Gehirn eine Baustelle, man hat Identitätskrisen und lässt sich leicht beeinflussen. Dem muss man auch nicht zu viel Beachtung schenken.


Lamanini  15.06.2024, 20:57

„Leicht beeinflussen“. Das christliche Märchen von den Satanisten/Eliten/etc, die versuchen Kinder trans zu machen, mal wieder.

Übrigens gab es vor 30 Jahren schon genauso viele trans Menschen wie heute. Damals haben Christen sie nur effektiver vertrieben und teils auch getötet, so dass es wie weniger schien, weil man sich mehr verstecken musste.

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KinkyDeer  15.06.2024, 21:04
@Lamanini

nicht alle christen sind transphob, nicht alle transphoben sind christen. aber es gibt natürlich eine tendenz bei religiösen menschen generell.

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Lamanini  15.06.2024, 22:22
@KinkyDeer

Stimmt. Evangelen z.B. sind relativ okay. Katholiken und Freikirchler sind allerdings extrem homophob und transfeibdlich. Die sehen Trans Menschen lieber vor sich hin verkümmern als glücklich.

Der christliche Glauben kennt kein Lebensrecht für trans Personen. Ich habe Jahre lang unter denen gelebt. Nur eine winzig kleine Menge von denen spukt uns nicht jeden Tag mit Worten ins Gesicht.

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KinkyDeer  15.06.2024, 21:10

vielleicht wärst du gar nicht auf die idee gekommen, weil du eben nicht trans bist, und nicht weil die bösen lgbtler dich nicht manipuliert und verwirrt haben

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annie80  15.06.2024, 21:18
@KinkyDeer

Ich sage ja nicht, dass es gar keine Trans-Menschen gibt. Aber ich gehe davon aus, dass sich viele so fühlen, obwohl sie es nicht sind - aus oben genannten Gründen. Es gibt immer wieder junge Erwachsene, die ihre Transition bereuen und im Nachhinein sagen, sie hätten es besser gefunden, wäre ihrem Wunsch nicht so schnell und einfach nachgegeben worden.

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annie80  15.06.2024, 21:37
@KinkyDeer

Es gibt einen grossen Bereich zwischen "jemanden das Leben schwer machen" und "jemandem verfrüht und zu wenig geprüft nachgeben".

Da die Lockerungen in dieser Beziehung noch relativ neu sind, wird die Zahl derer, die eine Transition zu unüberlegt durchführen, sicher noch zunehmen.

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KinkyDeer  15.06.2024, 21:39
@annie80

die gesetzlichen lockerungen beziehen sich alleinig auf den personenstand, und nicht auf die medizinische transition. meine aussage über das leben schwer machen war jetzt nicht konkret auf dich bezogen, aber deine argumentation wird gerne als rechtfertigung verwendet, um trans personen rechte wegzunehmen.

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