Jesus und die Ehebrecherin?

12 Antworten

Die Episode mit der Ehebrecherin ist nicht authentisch. Es handelt sich dabei um eine spätere Hinzufügung, daher lassen gute Bibelübersetzungen sie entweder weg, oder weisen darauf hin, dass es sich nicht um einen Urtext handelt.

Zur Frage, warum diese Stelle nicht in jeder Bibel zu finden ist, zitiere ich aus der MacArthur-Studienbibel:

"Johannes 7,53-8,11 Dieser Abschnitt, der von einer Ehebrecherin handelt, gehörte sehr wahrscheinlich nicht zum ursprünglichen Inhalt des Johannes - Evangeliums. In mehreren Handschriften wurde er an verschiedenen Stellen des Evangeliums eingefügt (z.B. nach V. 36.44.52 oder 21,25), wohingegen eine Handschrift ihn im Anschluss an Lk 21,38 aufführt.

Die Gesamtheit aller erhaltenen Bibelhandschriften, die eine große Vielfalt an Textüberlieferungen repräsentiert, ist entschieden gegen die Aufnahme, da die frühesten und besten Handschriften den Text nicht enthalten.

In vielen Handschriften ist die Passage gekennzeichnet, um Zweifel an ihrer Aufnahme anzudeuten. In bedeutsamen frühen Versionen ist sie nicht enthalten. Bis zum 12. Jhdt. gibt es zu dieser Stelle keine Kommentare großer Kirchenväter. Ebenso unterscheidet sich das Vokabular und der Stil dieses Abschnitts vom Rest des Evangeliums, darüber hinaus unterbricht er den Zusammenhang zwischen V. 52; 8,12 ff.

Allerdings meinen viele, dass dieser Text alle Kennzeichen historischer Richtigkeit besitzt; vielleicht ist er ein Stück der mündlichen Überlieferung, die in Teilen der westlichen Kirche im Umlauf war.

Trotz aller Überlegungen hinsichtlich der wahrscheinlichen Unzuverlässlichkeit dieses Abschnitts ist es möglich, sich dennoch darin zu irren, so dass es gut ist, die Bedeutung dieser Passage zu durchleuchten und sie ebenso wie Mk 16,9-20 im Text zu lassen."

Es ist die Bibel, kein Sachbuch. Das vergisst man hin und wieder recht gerne.

Zu Johannes 8:6-9
Da geht es nicht mehr primär um die Frau und den Ehebruch, sondern um die Tatsache, dass die umstehenden Menschen sich darüber bewusst werden müssen, was sie gerade tun: Jemandem das Leben nehmen für etwas, was sie selbst gegebenenfalls auch schon getan haben: Gesündigt. die Frau im Zentrum ist dabei reines Sinnbild. Man hätte auch jemanden dahinstellen können, der gestohlen hat. Zudem dürfte es eine Anspielung daran sein, wer denn eigentlich Recht über Leben und Tot führt. In diesem Falle wäre das Gott. Er allein sollte entscheiden und nicht andere Menschen. Mehr sollte diese Geschichte wahrscheinlich im Sinne der Bibel nicht aussagen. Der Ehebruch ist sekundär.

Was du in Bezug dessen mit Jeremia meinst, ist mir nicht gerade klar.


PeakyBlinders 
Beitragsersteller
 06.12.2019, 05:09

Meine frage wurde zwar nicht ganz beantwortet, primär ging es mir darum, warum diese Geschichte in einigen Übersetzung nicht enthalten ist, dennoch ein toller Beitrag! Danke!

Was du in Bezug dessen mit Jeremia meinst, ist mir nicht gerade klar.

Es gibt einige Zitate im AT die sich im NT auf Jesus erfüllt haben, ich sah diesbezüglich eine Parallele. Das es aber so sei, sei mal dahingestellt. Ich weiß es nicht.

OhNobody  06.12.2019, 05:36
@PeakyBlinders

Der Jeremia-Text hat keine Verbindung zu dem Jesus-Text. In Jeremia wird „in den Staub schreiben“ lediglich mit Tod gleichgesetzt:

„Herr, du bist Israels Hoffnung! Wer dich verlässt, der wird scheitern. Wer sich von dir abwendet, dessen Name vergeht so schnell wie ein Wort, das man in den Sand schreibt. Denn er hat dich verlassen, die Quelle mit Leben spendendem Wasser.“ (‭‭Jeremia‬ ‭17:13‬ ‭HFA‬‬)

Aberachtsam  05.12.2019, 10:27

Ehebruch wurde im Gesetz des Mose sogar mit dem Tode bestraft. Es war keineswegs ein Kavaliersdelikt.

SarahSchweiz  05.12.2019, 10:31
@Aberachtsam

Ja, aber darum geht es ja nicht. In diesem Zusammenhang stand nicht die Frau und ihre Tat im Zentrum der Geschichte (bildlich dargestellt vielleicht ja), sondern die Aussage, die Jesus damit treffen wollte. Und die ging an die umstehenden Menschen. Richten soll der Herr und nicht diejenigen, die unter dem Herren dienen und selbst auch sündigen. Gleiches unter Gleichen. Wer einen Stein geworfen hätte, hätte sich selbst den solchen auch grad an den eigenen Kopf werfen können.

In manchen Bibeln fehlt dieser Text. Andere Bibeln drucken ihn ab. Und manche geben dazu einen Hinweis — wie die „alte“ NWÜ:

>In den Handschriften אBSy fehlen die Verse von Vers 53 an bis zu Kapitel 8, Vers 11, die (mit einigen Abweichungen in den verschiedenen griechischen Texten und Übersetzungen) wie folgt lauten:<

„אBSy“ steht für „Codex Sinaiticus“. In diesem Codex findet man diesen Johannes-Text nicht. Also ging man davon aus, dass es sich um eine spätere nicht inspirierte Einfügung handelt. Deshalb ließen viele Übersetzer diesen Text weg oder versahen ihn mit einem Zusatz (siehe auch NBH).

TATSACHE??? - Wie könnte das irgendjemand wissen?!?

Es ist eine GESCHICHTE! - In diesem Falle: Eine gute Geschichte bzw. eine sinnvolle, hilfreiche Geschichte!

Ehebruch zu verteufeln ist völliger Quatsch. ...was leider "in Einklang steht" mit dem Mega-Mumpitz, den Du von Jeremia zitiert hast!

Warum kümmert es Dich, ob das in der Vergangenheit zu Diskussionen geführt hätte?

Wir leben doch HEUTE! - Du nicht?