Ist uns das nationale Bewusstsein als Deutsche für immer verloren?

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Nun ja, Schottland ist ein Sonderfall. Die Mehrheit der Schotten möchte unabhängig von Großbritannien werden, so wie die Republik Irland.

Dieser Kampf ist in vollem Gange und die schottischen Nationalisten dürften momentan die sympathischsten Nationalisten weltweit sein. Pro EU sind die auch - sehr untypische Nationalisten, aber sie nennen sich Nationalisten.

Schottland wurde in seiner Geschichte von England eine Menge angetan. Sie waren Opfer und nicht Täter.

In Deutschland ist die Ausgangslage bekanntlich eine andere und die deutsche Teilung hat zudem noch mehr Nationalbewusstsein zerstört. Der nationale Taumel bei Wende und Wiedervereinigung wich ganz schnell "Besserwessi" und "Jammerossi" und der "Mauer in den Köpfen".

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Langjährige Erfahrung in der Parteipolitik und als Reporter

GeistundSeele 
Beitragsersteller
 19.04.2024, 17:00

Danke, das war mir schon klar; besonders durch die Bücher des Schriftstellers Follet.

vanOoijen  19.04.2024, 17:43
@GeistundSeele

Ich wollte das nur mal gegenüberstellen weil Du das Beispiel Schottland gebracht hast. Und es lesen ja hier vielleicht auch Leute, die das noch nicht wussten woher die nationale Inbrunst der Schotten kommt, die in den letzten Jahren wieder stärker geworden ist.

Du sprichst mir und sicher auch vielen anderen aus der Seele. Natürlich sind wir Europäer, aber wir sind auch - und in erster Linie - Deutsche und können stolz darauf sein.

Wenn man von Nationalstolz spricht, denkt jeder gleich an die Nazis und man wird in die rechte Ecke gestellt. Dieses unselige Erbe lastet auf unseren Schultern, obwohl die Verursacher bis auf ganz wenige Ausnahmen längst nicht mehr leben.

Ich denke, auch die Jahrzehnte lange Teilung Deutschlands hat seinen Teil dazu beigetragen, dass wir uns nicht als eine Nation identifizieren, denn in vielen Köpfen ist die Mauer noch immer vorhanden - zumal es noch immer gravierende Unterschiede zwischen OST und WEST gibt.

Dabei leben wir in einem wunderschönen Land, dass viele Dichter und Denker hervorgebracht hat und von deren Verfassung sich viele Länder eine Scheibe abschneiden könnten. Ein Land, in dem Demokratie herrscht und das Grundgesetz keinen Unterschied nach Herkunft und Hautfarbe macht, das jeder Religion aufgeschlossen und tolerant gegenüber steht und in dem jeder offen seine Meinung sagen kann (bzw. sagen können sollte).

Den Titel: „Sind so kleine Hände“ (von City gesungen) habe ich auf einem Stick und höre ihn manchmal beim Autofahren.

Da fragte ich mich, was aus unserem Deutschland geworden sei?

Auch D ist ständigen Veränderungen unterlegen und manchen davon trauern wir natürlich nach, weil sie uns Halt, Geborgenheit, Sicherheit und Zugehörigkeitsgefühle gaben.

Aber nicht einmal die Kontinente selbst machen Halt vor Veränderung. Alles befindet sich in einem ständigen Wandel. Die Welt hat generell wenig Beständigkeit zu bieten.
Das kann schon mal belastend sein und auch traurig machen.

Uns allen geht immer wieder Vertrautes, Liebgewordenes verloren.
Darüber sind wir traurig. Das ist menschlich.
Zudem könnte ich mir vorstellen, dass Deutsche die letzten Jahre ein stärkeres Zugehörigkeitsgefühl hatten und vor allem in der Nachkriegszeit weniger Interesse an Konflikten hatten. Man packte gemeinsam mit an und viele waren sich darin gleich, hatten ein gleiches Ziel: Deutschland aufbauen und stark machen, selbst auch was davon zu haben, Leistung erbringen, sich Wohlstand aufbauen ....
So was kann zusammen schweißen, was längst schon alles bröckelt und vergeht.
Und sicherlich gibt es einige, die das, was sie sich erarbeitet und aufgebaut haben, behalten wollen.

Auch die Globalisierung brachte viele andere Länder und Kulturen mit ins Spiel, was ein nationales Bewusstsein eher abbaut, denn man muss sich dann mit anderen arangieren.
Ohne Europa stünde Deutschland trotz aller Zahlungen weit ärmer da, denke ich.

Vielleicht bist du noch zu sehr mit all deinen alten Vorstellungen identifiziert und solltest dich davon lösen, damit dein Schmerz gehen kann.

War es das für uns Deutsche?

Sieht ganz danach aus.

Wenn Deutsche weniger Nationalgefühl haben, hat dies allderings auch seine Auswirkungen und ich finde es ungünstig, alles an Nationalgefühl den Rechten zu überlassen.
Auch könnte ich mir vorstellen, dass nur ein Wir Integration ermöglichen und tragen kann.

Ist es, weil wir die Vergangenheitsbewältigung (Gräueltaten) noch nicht abgeschlossen haben?

Ist es ein ausreichender und befriedigender Ersatz, wenn wir uns als Europäer fühlen dürfen?

Für mich ist das kein Ersatz, sondern ein Zusatz.

Wenn man nicht verzweifeln oder im Schmerz hängen bleiben will, dann sollte man womöglich lernen, vom nationalistischen Wir hin zu einem diversen Wir zu kommen.

Alles aber ändert sich so unglaublich schnell, dass wir alle dabei vielleicht gar nicht mitkommen.

Und eigentlich erfährt Deutschland doch seit 1945 Migrationswellen.

Wie gesagt, ich finde deine Sehnsucht nach einem Wir sehr menschlich und auch richtig. Dem Menschen ist ein Zugehörigkeitsgefühl wichtig. Der Mensch braucht Zugehörigkeit.
Dein Deutschland hat sich während deiner Lebenszeit stark geändert.
Immer noch aber bist du Deutscher und immer noch ist es dein Land und auch deine Heimat.
Es begleiten uns jedoch ständig wechselnde Herausforderungen dabei.

Alles Gute an dich!

Man kann sich auch als Deutscher gut fühlen, ohne nationalistisch zu sein.

Freuen darf man sich doch und gerührt sein wenn die Nationalelf gut spielt, Deutsche bei der Olympiade Medaillen holen usw.

Wir Deutschen haben bedingt durch die beiden Weltkriege, insbesondere durch das Dritte Reich ,eine besondere Geschichte.

Ich finde es eher fortschrittlich , wenn wir gelernt haben, europäisch zu denken und weltoffen zu sein.

Fast jeder hat doch seinen Heimatort und sein Bundesland wo er lebt und mit dem er sich verbunden fühlt.

Offensichtlich ist "Europäisierung" der Deutschen auf Dauer kein geeignetes Mittel zur Identifikation mit ihrer Herkunft. Hier sehe ich auch einen Grund für das Aufkommen der Rechten. Wir sind wirtschaftlich top, aber identifikationsmäßig abgehängt. Dies ist eine Folge unserer "Erinnerungskultur".


Pfefferprinz  19.04.2024, 17:38
Dies ist eine Folge unserer "Erinnerungskultur".

Nein, ist es nicht.

Vierjahreszeit  19.04.2024, 18:59
@Pfefferprinz

Es ist dein Recht, dies anders zu sehen. Halte weiterhin die andere Backe hin, wenn dir auf die eine geschlagen wurde. So erzieht man nützliche Idioten, auf denen die Starken sich austoben.