Ist in Bezug auf das Universum von einem Big Crunch auszugehen?

6 Antworten

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Das mit dem Urknall ist eine Theorie. Erst nach dem "dunklen Zeitalter" wurden die Photonen frei und es konnte Licht versendet werden. Bis zu diesem Zeitpunkt ist alles ziemlich unsicher und man rechnet die Expansion des Weltalls einfach zurück, bis man einen Punkt erreicht hat, den man Urknall nennt. Es kann aber auch alles ganz anders gewesen sein.


Angulimala1610 
Beitragsersteller
 02.09.2024, 14:30

Wie kann es anders gewesen sein?

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steefi  02.09.2024, 14:34
@Angulimala1610

Ich habe auch keine Ahnung und wenn ich mir jetzt irgendwas überlege, wirst Du mir das haarklein zerpflücken, dass das überhaupt nicht sein kann.

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nach einem "Zusammenbruch" hat es nie ausgesehen. Und Forscher "verrechnen" sich nicht (Schüler und Ingenieure tun das). Vor allem ist da nichts, was in Millionen Jahren geschieht, so schnell ist das Universum nicht.

Dazu versteht man am besten zunächst die Hubblekonstante.

Unter der Annahme einer linearen Ausdehnung des Universums ist der Skalenfaktor a(t) =D(t)/D0 einer beliebigen Distanz D und der Distanz D0 zum Zeitpunkt t0 im Universum linear abhängig von der Zeit t: 

a = da/dt*t  (1) mit einer Ausdehnungsgeschwindigkeit

da/dt = H*a (2)

Der Faktor H ist die Hubblekonstante (die besser Hubbleparameter heißen sollte, weil sie nicht konstant ist - in der Tat folgt aus einer linearen Ausdehnung konstante Ausdehnungsgeschwindigkeit da/dt und damit H = 1/t mit 2 in 1 eingesetzt), hat beim Urknall eine Polstelle und nimmt seitdem ab, wird aber nie null. 

Kosmologischer Horizont

Objekte in der Entfernung r entfernen sich mit der Geschwindigkeit v(r) = H*r von uns. Man kann nun mit der Lichtgeschwindigkeit c einen Radius rH = c/H definieren, der Hubbleradius genannt wird. Für r = rH ist die Geschwindigkeit v(rH) = c, d.h. theoretisch entfernen sich Objekte in dieser Entfernung mit Lichtgeschwindigkeit von uns (die Spezielle Relativitätstheorie gilt nur lokal und wird dadurch nicht verletzt), und man könnte meinen, dass man dann diese Objekte nie mehr sehen kann, weil ihr Licht nicht gegen die Expansionsgeschwindigkeit ankommt, aber:

1. Licht direkt hinter rH kann es, einmal ausgesandt, mit der Zeit innerhalb von rH schaffen und uns letztlich doch erreichen - die korrekte Rechnung beinhaltet eine Integration der Bewegung mitbewegter Koordinaten und des Lichtsignals von t0 bis unendlich und führt hier zu weit - außerdem...

2. ist die o.g. Annahme der linearen Ausdehnung falsch. Die Ausdehnung unterliegt bremsenden und beschleunigenden Einflüssen (zB die Massendichte einschl. dunkler Materie vs. dunkle Energie), deren Stärke nicht zeitlich konstant war oder sein wird. In Abhängigkeit von diesen Einflüssen kann der Kosmologische Horizont sich bei vorwiegender Bremsung weiter ausdehnen und mehr Objekte sichtbar machen, oder  bei vorwiegender Beschleunigung schrumpfen und mehr Objekte verbergen.

Aus diesen beiden Gründen liegt der Kosmologische Horizont nicht beim Hubbleradius, sondern nach aktuellem Stand etwas dahinter (etwa 16 Mrd LJ statt 13,4 Mrd LJ). Mit weiterer Ausdehnung des Universums und sinkender Massendichte könnte die Beschleunigung gewinnen - dann würde der Hubbleparameter auf einen konstanten Wert sinken: die Lösung für die Differentialgleichung da/dt = const*a ist dann eine exponentielle Ausdehnung, die den Kosmologischen Horizont schließlich bis auf gravitativ direkt gebundene Strukturen schrumpfen ließe, und die Reste der Vereinigung aus Milchstraße und NGC224 wären allein in der Dunkelheit.

Partikelhorizont.

Wo aber sind die  fernsten Objekte, die wir jetzt schon sehen, wirklich? Als ihr Licht ausgesandt wurde, dh kurz nachdem das Universum transparent wurde, waren sie nur einige Mio LJ entfernt. Während ihr Licht im Raum zu uns unterwegs war, bewegte sich dieser Raum aber mit der Expansionsgeschwindigkeit von uns weg und verlängerte die Reisezeit des Lichtes (und seine Wellenlänge), bis das Licht schließlich hier ankam; inzwischen haben sich die damals aussendenden Objekte bis zum sog. Partikelhorizont entfernt (ca 46 Mrd LJ), also weit hinter dem Kosmologischen Horizont.


segler1968  01.09.2024, 17:30

Wie immer schreibst Du hervorragend! Aber im letzten Absatz braucht es vielleicht die Ergänzung um das Dunkle Zeitalter. Das Universum wurde ja nach 380.000 Jahren durchsichtig und dann schlagartig dunkel, bis 100 Millionen Jahre später die ersten Sterne zündeten.

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hologence  01.09.2024, 17:46
@segler1968

der 2,7K Mikrowellenhintergrund ist das älteste was wir sehen können und stammt vom Beginn der Transparenz - für das Wissen über den Urknall ist das der entscheidende Zeitpunkt. Dass danach noch viele interessante Dinge passiert sind, ist unbestritten, führt aber für die Frage zu weit.

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Click-bait-Artikel haben den Nachteil, dass sie nicht objektiv schreiben. Lies bitte das eigentliche Paper - https://www.pnas.org/doi/full/10.1073/pnas.2200539119#sec-3

Da steht nichts von 200 Millionen Jahren. Und aus den 2 Milliarden werden dort 2 Trillion oder auf Deutsch 2 Billionen Jahre. Und dann ist das Ganze natürlich hochspekulativ. Es geht auch nicht um einen „Zusammenbruch“, sondern um ein langsames Ende der Expansion und dann ein langsamer Anfang einer Komprimierung.


Angulimala1610 
Beitragsersteller
 01.09.2024, 17:30

Und geht man von einem Big Crunch aus? Ich dachte immer ein Big freeze ist das wahrscheinliche.

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segler1968  01.09.2024, 17:31
@Angulimala1610

Ja, ist es auch. Big Crunch ist noch mehr spekulativ. Gesichertes Wissen gibt es da aber noch nicht.

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Von einem "Big Crunch" ist schon auszugehen, - aber die Zeitberechnungen dafür sind doch ziemlich spekulativ!

Was für ein reißerischer Mist nach MSN-Art ist das denn? Kein Wort darüber, dass "Umkehr der Expansion" nicht der "Big Crunch" ist und auch kein Wort darüber, wie lange es von der Umkehr einer Expansion bis zum Big Crunch dauern soll.