Ist eure Familie Vorbelastet indem sie Nazis und Kolonialisten halfen?
Ich versuche meine Familiengeschichte auseinander zu nehmen. Ich wollte wissen, ob meine Ureltern und ihre Eltern etc den Nazis geholfen haben.
Nach meinen Recherchen sind sie nicht vorbelastet, da sie in der Türkei gelebt haben damals und den Nazis nicht halfen.
Das hat mich beruhigt, dass meine Familie nicht vorbelastet ist.
Sie haben nicht den Nazis geholfen, aber auch keinen Kolonialist:innen.
Meine Frage:
Habt ihr euch mit der Familiengeschichte eurer Familie auseinandergesetzt?
Habt ihr schon mal recherchiert ob eure Familien vorbelastet ist ? (den Nazis geholfen haben oder aber den Kolonialist:innen)
27 Antworten
Vorbelastet? Gute Frage. Mein Opa war in Stalingrad, meine Oma sog. "Flakhelferin". Ob und inwie weit damals die Möglichkeit bestand, sich dem zu entziehen ohne selbst die Bekanntschaft von KZ-Aufsehern zu machen, wage ich zu beweifeln. Ich zitiere mal meine Oma:
Natürlich wussten wir dass es KZs gab und wo die waren. Nur jeder der den Mund aufgemacht hat, musste befürchten selbst abgeholt zu werden. Wer hinterher behauptet hat von nichts gewusst zu haben ist ein Lügner.
Interessant an Stalingrad in unserer Familie ist eigentlich: Mein Opa war dort als Bestandteil der 76.ID, eingesetzt südöstlich von Stalingrad. Der Opa meiner Frau (Russin) ist in diesem Frontabschnitt gefallen.
Einer meiner Opas musste im 2WK kämpfen. Da er ein herzensguter Mensch war, kam er als seelisches Wrack zurück. Da mache ich ihm keine Vorwürfe, er hat im Gegenteil mein tiefstes Mitgefühl.
Der andere musste als Ausländer nicht ran, hat aber die Nazis zeit seines Lebens verachtet.
Meine Eltern waren noch viel zu jung um überhaupt zu verstehen, was vor sich geht. (5 bzw. 8 Jahre alt bei Ende des Krieges).
Weiter zurück ist es für mich nicht relevant.
Meine 2 Großväter waren beide im Krieg.
Der eine wurde mit 20 von seinem Bauernhof in der Oberpfalz weg als Pionier an die Ostfront geschickt.
Er hat erzählt das sie nach Kriegsbeginn öfter polnische Zwangsarbeiter auf den Hof geschickt bekamen die sehr hart arbeiten mussten. Sie hatten außerdem den Befehl diese nicht ins Haus zu lassen sondern sie Ausschließlich bei den Tieren im Stall unterzubringen.
Sein Nachbar (nächster Hof, ca 3 km entfernt), wohl ein überzeugter Nazi, schickte immer wieder seine Kinder zum Spionieren ob zb. beim Essen keiner am Tisch saß.
Er wurde glücklicherweise kurz vor Stalingrad angeschoßen und kam verletzt nach Hause zurück ohne in Russische Kriegsgefangenschaft zu gelangen.
Nach dem Krieg kamen einige der Polen und ein Franzose und wollten den Nachbarn aufhängen. Mein Großvater überredete sie davon abzulassen, da er sie immer Menschenwürdig behandelt hatte ließen sie sich davon abbringen und einer kam noch Jahre später zu Besuch.
Wenn die Geschichte stimmt, und das nehme ich an, kann ich wirklich stolz auf den alten Herren sein... der Krieg hat ihn zwar verbittern und hart werden lassen aber mit den Nazis haben sie sicher nur so viel kooperiert wie es eben musste.
Der zweite wurde mit 16 eingezogen als die Rote Armee auf Berlin vorrückte.
Er wurde von einem Granatsplitter am Bein verletzt und kam in Russische Gefangenschaft konnte jedoch ausbrechen und von Schlesien nach Bayern fliehen.
Er hat Zeit seines Lebens über Ausländerhass, Antisemitismus und Nationalsozialistisches Gedankengut gewettert. Oft hat er über einen Juden namens Jakob geredet der in ihrer Straße in Breslau gelebt hatte und der eines Tages nach der Machtergreifung der NSDAP weg war.
Er hat immer gesagt das jeder wusste wohin Jakob gekommen war, was mit ihm wohl passiert ist und das jeder ein Lügner war der Behauptet hat er habe nicht von den KZ Lagern und dem ganzen gewusst. Nur hatten alle zu viel Angst selbst darin zu landen und so hat jeder geschwiegen.
Wenn ich an meinem Monitor vorbau aus dem Fenster schaue blicke ich auf eine Straße an der 45 noch Juden und andere Regierungsfeinde in einem Todesmarsch zu einer KZ Außenstelle getrieben wurden. Meine Oma erzählte das sie den Leuten, teilweise Kinder versteckt Brotreste und anderes heimlich zugeworfen haben so das die Wachen es nicht bemerkt haben.
Beide Männer hat der Krieg gebrochen und ihnen Psychisch wie Pysisch schweren Schaden zugefügt der niemals verheilt ist.
Nein, ich fühle mich nicht vorbelastet. Würde es aber auch nicht tun wenn ich ich andere Geschichten gehört hätte.
Das ganze ist nun 80 Jahre her. Es spielt keine Rolle mehr was damals passiert ist. Es kommt darauf an wie ich mich heute verhalte und nicht was meine Vorfahren getan haben.
Ja, habe ich.
Nein, meine Familie ist, soweit es zu sehen ist, nicht vorbelastet.
Mein Großvater war bei der Waffen SS und ist dafür 2 Jahre ins Gefängnis gewandert. Mich belastet das nicht. Ich bin nicht verantwortlich für das was mein Großvater mal verbockt hat.
Der andere Großvater wurde verhaftet und ins Gefängnis gesteckt, weil er im Suff auf der Straße laut gegen Hitler gegrölt hat, immer wieder. Zur Strafe hat man meiner Mutter das "Mütterverdienstkreuz" wieder aberkannt. Mein Großvater wurde dann wieder frei gelassen, weil er 7 Kinder hatte und man es wohl für klüger befand, sich nicht um seine Familie kümmern zu müssen, wenn man ihn auf freien Fuß setzte