Ist die Zutraulichkeit der EKH-Katzen eine genetische Verinselung aus der Falbkatze, so wie bestimmte Fellzeichnungen?

2 Antworten

Die Falbkatze (Felis silvestris lybica) ist die Stammform unserer Hauskatze. Sie ist, anders als die europäische Unterart (Felis silvestris silvestris) der Wildkatze, nicht ganz so scheu. Das lag sicher auch daran, dass der Lebensraum der Falbkatze offener ist als der der eher versteckt in Wäldern lebenden Europäischen Wildkatze. Für die Domestizierung zur Hauskatze war diese angeborene Zutraulichkeit mit Sicherheit von Vorteil. Trotzdem sind wilde Falbkatzen natürlich nicht so zutraulich wie unsere Stubentiger.

Domestiziert hat sich die Falbkatze gewissermaßen von selbst und zwar schon vor rund 10 000 Jahren - vermutlich nicht, wie lange angenommen, in Ägypten, sondern in der Region des fruchtbaren Halbmonds in Kleinasien; also dort, wo die Menschen ungefähr zum gleichen Zeitpunkt auch damit begannen, Ackerbau und Viehzucht zu betreiben und sesshaft zu werden. Die ältesten Hauskatzenfunde sind rund 9500 Jahre alt und wurden auf Zypern gefunden. Man weiß, dass es sich um Hauskatzen handeln muss, weil die Falbkatze nicht natürlich auf Zypern vorkommt und da die Hauskatze wohl eher nicht schwimmend die Insel erreicht hat, haben Menschen sie wohl, als sie die Insel besiedelten, vom Festlamd mitgebracht.

Die Sesshaftwerdung des Menschen war es vermutlich auch, die die Selbstdomestizierung der Katze überhaupt erst in Gang setzte, aus zweierlei Gründen. Erstens entstanden in den Siedlungen auch Kornkammern, irgendwo musste das angebaute Getreide ja gelagert werden. Das zog Nagetiere wie z. B. Mäuse an. Und denen wiederum folgten die Katzen, denn Kleinsäuger gehören zu ihrem Beutespektrum. Zweitens ist die Falbkatze, wie die meisten Katzen, territotial. Erst dadurch, dass die Menschen dauerhafte Siedlungen bauten, wurden die Kornkammern auch für die Katze zu einer dauerhaft rentablen Nahrungsquelle. Hätten die Menschen weiterhin nomadisch gelebt, hätte es für eine Katze nur dann viel Beute gegeben, wenn Menschen gerade zufällig durch ihr Streifgebiet gezogen wären. Wären sie weiter gezogen, wäre es mit dem Nahrungssegen aus gewesen und den Menschrn eibfach zu folgen ging nicht, weil die Katze dann ja ihr Revier verloren hätte.

Von den menschlichen Siedlungen profitierten natürlich diejenigen Katzen, die am wenigsten scheu waren. Es setzte also ein zunächst noch natürlicher Selektionsprozess ein, indem die Tiere, die am zutraulichsten und mutigsten waren, die meiste Beute machten und so am ehesten überlebten. Später begannen de Menschen damit, durch künstliche Zuchtwahl die zutraulichsten Katzen auszuwählen und zu verpaaren, denn sie hatten erkannt, dass die Katzen einerseits ihre Vorratsschädlinge im Zaum hielten, andererseits auch Krankheiten, die von den Nagern übertragen wurden, seltener ausbrachen, wenn Katzen in der Nähe waren. Über viele Generationen hinweg wurden durch diesen Selektionsprozess die Katzen immer zutraulicher und schließlich ging daraus unsere Hauskatze hervor. Dass Hauskatzen zutraulicher sind, liegt somit einerseits an den Genen.

Andererseits spielt Sozialisation aber auch eine große Rolle. So sind brispielsweise verwilderte Hauskatzen, die v. a. in ihrer prägenden Phase (also in den ersten acht Lebenswochen) ohne menschlichen Kontakt aufgewachsen sind, genauso scheu wie wilde Falbkatzen. Sie würden sich von einem Menschen beispielsweise nie streicheln lassen und sie miauen in der Regel auch nicht - denn mit den Miaulauten kommunizieren Hauskatzen in der Regel nur mit Menschen, nicht mit anderen Katzen (Ausnahme: Jungtiere).

Die verschiedenen Fellfarben unserer Hauskatzen sind genetisch festgelegt durch verschiedene Genvarianten (sog. Allele), die im Genpool der Hauskatze vorhanden sind. Die verschiedenen Vererbungsmechanismen für fie unterschiedlichen Fellfarben und -muster zu beschreiben, würde hier jetzt zu weit führen. Es gibt viele Bücher, die sich detailliert mit der Genetik der Fellfarbe bei Hauskatzen beschäftigen. An dieser Stelle ist für uns wichtig, dass die meisten dieser Allele (abgesehen vielleicht von ein paar Spontanmutationen, die erst innerhalb der letzten 9500 Jahre entstanden) auch bei der Falbkatze (oder anderen Unterarten der Wildkatze) im Genpool vorhanden sind. Gelegentlich treten z. B. melanistische (also fast schwarze) Wildkatzen auf. Dergleichen passiert auch bei anderen Katzrnarten mehr oder weniger häufig - schwarze Panther (melanistische Leoparden und Jaguare) sind das beste Beispiel dafür oder die wrißen Löwrn im Timbavati-Wildtierreservat, Königsgeparde, melanistische Ozelots usw. Für gewöhnlich sorgt die natürliche Selektion aber dafür, dass die Individuen mit einer vom Wildtyp abweichenden Musterung recht bald wieder verschwinden, da sie auffälliger sind und das erschwert ihnen die Jagd und sie verhungern häufiger. Manche Fellfarben, z. B. weißes Fell in Verbindung mit blauen Augen, beeinflussen auch andere Eigenschaften, etwa das Hörvermögen. So gefärbte Hauskatzen sind häufig taub und würden in der Natur wohl kaum überleben.

Die Hauskatze wird aber von uns gefüttert, daher spielt die Fellfarbe für ihr Überleben weitgehend keine große Rolle. Auch solche Tiere mit einer "Fehlfarbe" konnten überleben. Und durch gezielte Zucht hat der Mensch dann sein Übriges getan. Etwa, weil ihm bestimmte Fellfarben besonders gut gefielen. Durch geschickte künstliche Selektion entstanden so die unterschiedlichsten Farbschläge.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Die Katzen, die wir als Haustiere halten, stammen ja von der Falbkatze ab, nicht von der europäischen Wildkatze. Also ja, es handelt sich um "importierte" Nachfahren der Falbkatze dabei.

Diese Katzen haben sich quasi selbst domestiziert :). Der Mensch wurde sesshaft, baute Nahrung an und lagerte diese ein. Das zog Beutetiere der Katzen an - und somit dann auch die Katzen, für die dadurch ja auch das Nahrungsangebot in der Nähe des Menschen reichhaltig wurde.

Dabei hat es sich wahrscheinlich auch zunehmend als Vorteil für diese Katzen herauskristallisiert, wenn sie nicht nur in der Nähe des Menschen gejagt haben, sondern sich auch mit diesem angefreundet haben. Und der Mensch ist da gern drauf eingegangen und fand Katzen richtig toll - siehe zum Beispiel auch im alten Ägypten, wo Katzen ja sogar als Götter verehrt wurden (das haben sie übrigens nicht vergessen, die Katzen, und halten das nach wie vor für den richtigen Umgang mit ihnen :D).

Also ja, wahrscheinlich ist eine gewisse Zutraulichkeit schon genetisch in unseren Haustierkatzen drin. Auf der anderen Seite ist diese aber wahrscheinlich auch nicht so stark ausgeprägt, dass sie allein "ausreicht". Das sieht man ja daran, dass es auch hier verwilderte Katzenkolonnien gibt. Diese Tiere sind oft komplett menschenscheu. Und auch ihre Kitten sind es - sofern sie nicht in der Prägephase, also ungefähr zwischen der 3. und 7. Lebenswoche, positiven und intensiven Kontakt zum Menschen haben. Dann werden auch diese Kitten durchaus zahm! Und Kitten von zahmen Katzen können wiederum echt ziemlich scheu werden, wenn diese Prägung fehlt.

Von daher ist da wohl eher so eine Art grundsätzliche "Fähigkeit zur Zutraulichkeit" genetisch, die aber wiederum positive Prägeerlebnisse in der sensiblen, frühen Lebensphase erfordert, um "voll ausgeprägt" zu werden.

Zur Farbgenetik hingegen hab ich echt keine Ahnung ;).


Epson115  13.04.2025, 12:34

Also ein Zusammenspiel aus genetischer Verinselung und Prägung im Kittenalter.

Es gibt ja schließlich keinen biologischen Mechanismus, der DNA umcodieren kann. Sie kann nur methyliert werden, aber nicht umcodiert.